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Der Q-Faktor

Der Q-Faktor

Titel: Der Q-Faktor
Autoren: Suzette Haden Elgin
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klägliche Gestalten waren sie und ihre Mitgefangenen gewesen im Vergleich zu ihrem Baby, das nun dort eingesperrt war! Sie hätte einiges dafür gegeben, die Reaktionen der Direktoren und der Leiter und der Experten – und besonders die der Psicomputer – zu sehen, wenn sie mit dem Baby nicht fertig wurden, dem Baby, das sie und Drijn in die Welt gesetzt hatten.
    Sie schloß die Augen und lehnte sich abwartend an den Kaktusstamm; langsam fand sie sich mit ihrem Fehlschlag ab. Er bedeutete nur eine vorübergehende Verzögerung, das war sicher. Sie würde alle überzeugen können, und dann würden – dann mußten – sie ihr helfen. Und wenn es nicht bereitwillig geschah, dann konnte sie sicher mit dem Baby zusammen ein bißchen Druck ausüben, um ihr Ziel zu erreichen.

 
IV
     
    Heute war ein Tag, an den man sich erinnern sollte. Wenn man allerdings meine Eintragung ins Logbuch liest, würde man es kaum für möglich halten! Da steht: „Heute wurde die Frau Ledyce für die Wahl in Betracht gezogen und von uns abgelehnt. Es bestand allgemein das Gefühl, daß sie in Chrysanthemenbrück nur Unruhe stiften würde, und da wir an unseren Schwierigkeiten mit Anne-Charlotte genug zu kauen haben, würde es uns kaum gelingen, sie von ihren Eigenschaften zu heilen, um deretwegen wir sie zurückwiesen. Sie verließ uns sehr enttäuscht, und wir bedauern, ihr Kummer bereitet zu haben. Sowohl Patrick als auch Anne-Charlotte blieben dem Auswahl-Treffen fern, doch stimmten beide unserer Entscheidung nach ihrer Rückkunft zu.“
    Einem Außenseiter mochte dieser Logbuch-Eintrag lediglich besagen, daß Patrick und Anne-Charlotte vielleicht zur nächsten Ansiedlung gefahren waren, um etwas zu entlehnen, oder daß sie auf den Feldern gearbeitet hatten. Ein Fremder kann ja nicht wissen, wie ungewöhnlich es ist, wenn ein Maklunite bei einem Auswahl-Treffen fehlt. Ich schlug vor, daß jemand einen Zusatz in das Logbuch eintrug, um die Aufregungen des Tages zu verdeutlichen, aber alle anderen wiesen mich streng in meine Schranken. Wenn ich jede Einzelheit zu Papier gebracht haben wollte, dann sollte ich es selbst aufzeichnen.
    Das sagt sich so leicht, aber so leicht ist das gar nicht. Wahrscheinlich muß ich beschreiben, wie eins nach dem anderen geschah und es sich abspielte, bis ich zum Ende der Ereignisse komme. Manchmal wünsche ich mir ehrlich, wie die anderen Kinder zu sein und mich nicht für etwas so Zeitraubendes zu interessieren. Das Aufschreiben kostet mich Stunden über Stunden, und Patrick erlaubt mir nicht, einfach ein Aufzeichnungsgerät zu verwenden und alles zu diktieren. Da ist er sehr streng. „Was man sich zu leicht macht, hat für einen keinen Wert“, behauptet er. „Man muß sich große Mühe geben und sich anstrengen, dann bekommt jedes Wort Gewicht und man geht nicht leichtfertig damit um.“ Das sehe ich natürlich ein, und so male ich wieder einen Buchstaben um den anderen, Stunde um Stunde. Lieber wäre es mir schon, wenn er sich zur Abwechslung einmal irren würde!
    Jedenfalls traf die Frau Ledyce kurz nach der Morgendämmerung bei uns ein. Sie trug ein Wahlgewand, aber das hatte sie nicht selbst geschneidert, das sah sogar ich. Man konnte die Maschinenstiche erkennen. Es war ein reichfallendes, bodenlanges Gewand mit weiten Ärmeln und einer Kapuze aus scharlachrotem Syntholeinen mit zusammengenähten Teilen – anstatt zusammengeschweißt – damit man es für Handarbeit halten würde. Aber mit der Hand bekommt man die Stiche niemals so regelmäßig – unregelmäßig hin. Ein Fries von Fischreihern, in Silber und Gold gestickt, schmückte die Ränder. Mir gefiel das Kleid sehr gut, und besonders die Fischreiher-Borten werde ich lange nicht vergessen, aber ich glaube, daß wir alle beim ersten Anblick dieses maschinengemachten Gewandes wußten, daß die Frau nicht zu uns paßte. Trotzdem hat te sie Anrecht auf ein Auswahl-Treffen, und ich empfing Patricks strikte Ermahnung: „Sie darf nicht mit einem Vorurteil empfangen werden – es gibt viele Gründe, warum sie in einem solchen Gewand erscheint.“
    Einleuchtende Gründe dafür konnte ich mir allerdings nicht vorstellen. Schließlich hätte sie ohne weiteres nackt kommen können, falls zu viele Pflichten und Arbeiten sie daran gehindert hatten, ihr eigenes Wahlgewand zu nähen. Viele Makluniten-Kandidaten machen es so, und niemand schätzt sie deshalb geringer ein. Man hat nämlich zwei Möglichkeiten: entweder fertigt man ein Gewand, so schön
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