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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon
Autoren: Jim Butcher
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Schlachtkrähen.«
    »So gut wie erledigt, Hauptmann«, erwiderte Marcus.
    »Guter Mann!« Der Hauptmann schenkte Marcus ein breites Grinsen, in dem man erschreckend genau den Jungen entdecken konnte, der noch in dem Mann steckte. In den vergangenen zwei Jahren hatte selbst Marcus gelegentlich vergessen, wie jung der Hauptmann noch war. Mit seinem Auftreten, seinem Mut und seiner Klugheit hatte er die inzwischen erfahrenere Legion durch einen brutalen Stellungskrieg gegen einen gnadenlosen Feind geführt, und er hatte an vorderster Front gekämpft und der Gefahr Seite an Seite mit seinen Männern ins Auge geblickt. Das erklärte seine allgemeine Beliebtheit. Der junge Hauptmann füllte den Mantel des Anführers mit solcher Natürlichkeit und solchem Können aus, als wäre er dazu geboren worden.

    Was Marcus nicht überraschte, denn tatsächlich war er dafür geboren worden.
    Ihm drehte sich der Magen um.
    Es war leichter, ihn sich als Hauptmann vorzustellen. Was immer der junge Mann sonst noch sein mochte, jetzt im Augenblick war er der Hauptmann - und ein Befehlshaber, der Marcus’ Treue verdient hatte. Der seinen Respekt verdient hatte.
    Der deine Ehrlichkeit verdient hat, flüsterte eine gehässige Stimme in seinem Herzen.
    »Komm«, sagte der Hauptmann und richtete Blick und Gedanken auf das Kommandogebäude. »Wenn Ehren so früh wieder zurück ist, dann hat er uns bestimmt etwas mitzuteilen, das keinen Aufschub duldet. Hören wir uns die Neuigkeiten an.«
    Valiar Marcus, dessen wahrer Name nicht Valiar Marcus lautete, folgte Hauptmann Rufus Scipio, dessen wahrer Name nicht Rufus Scipio lautete, in das aus Stein errichtete Kommandogebäude, und plötzlich überfiel ihn der untrügliche Verdacht, dass die Tage, in denen er vorgeben konnte, ein anderer zu sein, gezählt waren.
     
    Wehrhöferin Isana aus dem Calderon-Tal verzog das Gesicht, als der Wagen durch ein Schlagloch in der Straße rumpelte und sie eine Zahl in der langen Reihe verschmierte, die sie auf ihrem Schoßpult niederschrieb. Sie nahm sich einen Moment Zeit, um durchzuatmen und sich zu beruhigen, und erinnerte sich daran, dass ihre Gereiztheit eine Folge der langen Wochen Arbeit und Reise war und nichts mit der Ungeschicklichkeit von Wagenbauern, Lenkern, Zugtieren oder den Baumeistern zu tun hatte, die einst die Straße angelegt hatten.
    Sie griff nach einem frischen Blatt Papier, doch die Holzkiste war leer. »Myra«, rief sie der Tochter des Fahrers zu. »Hast du noch Papier?«
    »Ja, Herrin«, antwortete das Mädchen. Der Wagen ächzte, als sich jemand oben auf dem Bock bewegte, dann wurde der Vorhang nach hinten aufgezogen, und ein dürres gekraustes Ding
von einem Mädchen erschien und hielt ihr einen frischen Bogen entgegen.
    »Ach, du bist ein Schatz, Kind«, sagte Isana und nahm das Papier.
    »Immer doch, Herrin«, erwiderte Myra strahlend. »Hast du gewusst, dass wir jetzt im Flüchtlingsgebiet sind? Die Wache hat mir und Papa den Ort gezeigt, wo es eine Scharmütze mit den Canim gleich neben der Straße gegeben hat.«
    »Scharmützel, Liebes«, berichtigte Isana sie. »Ich weiß, es hat Kämpfe auf beiden Seiten des Flusses gegeben.«
    Myra nickte. Ihre dunklen Augen funkelten, und ihr junges Gesicht war ernst. »Diese Karawane ist sehr wichtig, nicht wahr, Herrin?«
    Isana begann, die verwischte Seite neu zu schreiben. Der Eifer, den sie bei dem Mädchen spürte, wurde von einem Gefühl langsam wachsender Sorge ausgehöhlt, eine Emotion, die Isana so deutlich wahrnahm wie ihre eigene erschöpfte Ungeduld. Das hatte sie der fortwährenden Anwesenheit ihres Wasserelementars Bächlein zu verdanken. »Ja, das stimmt«, sagte sie fest und ruhig, um das Mädchen zu ermutigen. »Deshalb werden wir auch so gut bewacht. Die Vorräte und der Nachschub, den wir den Flüchtlingen bringen, sollen ihnen durch den nächsten Winter helfen.«
    »Und ohne uns würden sie verhungern«, stellte Myra fest. »Wir helfen ihnen.«
    »Richtig«, sagte Isana.
    »Und die Karawane ist nur wegen dir hier!«, fügte das Mädchen hinzu.
    Das war eine bemerkenswerte Vereinfachung, aber leider hatte es nur wenig Sinn, der Tochter des Wagenlenkers die Angelegenheit erklären zu wollen. »Der Nachschub und das Geld stammen von vielen wichtigen und großzügigen Cives«, erwiderte sie. »Von den Anführerinnen der Dianischen Liga. Ich habe nur die Durchführung übernommen.«

    Myra runzelte die Stirn. »Aber Papa sagt, ohne dich hätten die alten Weiber gar nichts
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