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Der Privatdozent

Titel: Der Privatdozent
Autoren: Alex Seinfriend
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eine Herausforderung.
    „Wenn du für deine Entscheidung Werbung brauchst, dann kann ich dir nach dem Essen ein schönes Bett in meinem Appartment anbieten …” Marco lächelt unsicher.
    Ich weiß genau, wie er sich jetzt fühlt. Er lehnt sich aus dem Fenster und hat Angst, dass ich ihn nicht festhalte. Und es wäre ein Leichtes, das Essen mit seinen Eltern einfach auszuschlagen. Keine Ansprüche, keine Verpflichtungen. Von diesem Grundsatz sind wir mittlerweile ganz schön weit entfernt.
    „Ich komme mit”, sage ich schließlich ernst, „aber ich habe eine Bedingung.”
    Marco lächelt erleichtert, dann schaut er mich fragend an und die Sorge kehrt in seine Augen zurück.
    „Kein Sex!”, sage ich. „Ich werde mit zu deinen Eltern kommen und danach bei dir schlafen, aber du musst mir versprachen, dass wir keinen Sex haben!”
    Jetzt grinst Marco breit. „Heute hatten wir ja auch schon …”
    „Ich meine nicht nur heute.”
    Er schaut mich überrascht an.
    „Wenn wir jetzt zusammen sind, musst du mir versprechen, dass wir einen Monat lang keinen Sex haben.”
    „Das heißt, wir werden uns einen Monat lang nicht sehen?”, fragt er irritiert.
    „Nein”, antworte ich. „Wir müssen uns jeden Tag sehen, aber wir werden trotzdem nicht miteinander schlafen. Und wenn wir das schaffen …”
    „Was ist dann?”
    „Dann bleiben wir zusammen.”
    Marco nickt, als müsse er sich das alles noch mal durch den Kopf gehen lassen.
    „Und natürlich keine Arrangements nebenher!”, ergänze ich meine Forderung noch mal und boxe ihm etwas zu fest auf den Oberarm.
    „Au!”, macht Marco. Dann sieht er mich ernst an. „Was glaubst du eigentlich, was ich bislang so getrieben habe? Meinst du, ich schlafe mit jedem, der mir über den Weg läuft?”
    „Bislang habe ich in etwa so den Eindruck …”
    „Wenn ich dich daran erinnern darf, du bist derjenige mit dem kleinen Nebenarrangement!” Marco sagt es nicht böse, aber trotzdem trifft es.
    „Nur weil du nicht davon redest, heißt das noch lange nicht …”
    „Okay!”, unterbricht mich Marco.
    „Okay?”
    „Okay”, wiederholt er. „Wir sind ab sofort zusammen und werden einen Monat lang keinen Sex haben, bis wir uns richtig kennen.” Dann holt er tief Luft. „Und was dein Arrangement mit Lukas angeht …”
    „Das ist vorbei”, sage ich sofort. „Er will was von Mara und Mara will was von ihm und ich will auf keinen Fall dazwischenstehen.”
    „Das klingt gut, aber kann ich darauf vertrauen?” Er runzelt die Stirn. „Ihr begegnet euch jeden Morgen im Bad! Es wäre doch nur zu menschlich, wenn da nicht plötzlich doch irgendwie ganz ungewollt …”
    Ich lache. „Hör auf, ich verspreche es dir!”
    „Ich vertraue darauf aber noch nicht”, gibt er gelassen zurück. „Mir wäre es lieber, wenn ich mir ein wenig sicherer sein könnte.”
    „Wie soll das funktionieren?”
    „Indem du vorerst für einen Monat bei mir einziehst”, erklärt Marco. Sein Lächeln sieht erwartungsvoll und ängstlich zugleich aus. Ich glaube nicht, dass er sich diesen Schritt gut überlegt hat. Aber was soll schon passieren, außer, dass wir uns wieder prügeln und ich meine Sachen packe und ausziehe.
    „Hilfst du mir beim Packen?”, frage ich bemüht gleichgültig, obwohl mir das Herz wild in der Brust pocht.

Ende gut, alles …
    Ende gut, alles …
    Das Essen ist die reinste Katastrophe gewesen! Marcos Mutter gehört wider all meinen Befürchtungen noch zu den gemäßigt Konservativen, aber der alte Kehlmann ist ein reicher Despot, wie man ihn sonst nur aus Filmen kennt. Schon die Ankündigung, dass noch ein Gast zum Essen kommen wird, hat in der Villa Kehlmann für eine Aufregung gesorgt, als bereite man sich auf die Ankunft des Teufels persönlich vor. Selten habe ich mich in einem Haus, in dem tatsächlich Menschen leben, dermaßen unwohl gefühlt. Dem alten Kehlmann wäre bei meinem Anblick fast der Kopf geplatzt, so rot ist er geworden vor Wut. Aber er hat sich vor den Angestellten zurückgenommen. Bei Tisch gab es dann eisiges Schweigen zu kaltem Fisch. Es wurde kaum etwas gegessen. Und dann hat Marco endlich mit seiner Rede angefangen. Der Alte ist wütend aufgesprungen und hat eine ganze Armada von wütenden Sprüchen abgelassen und immer wieder behauptet, dass er nichts anderes erwartet hat, als dass sein Sohn die Familie in den Schmutz zieht. Am liebsten wäre ich ebenfalls aufgesprungen und hätte mitgebrüllt. Aber das war Marcos Kampf – und er hat
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