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Der Preis der Ewigkeit

Der Preis der Ewigkeit

Titel: Der Preis der Ewigkeit
Autoren: Aimée Carter
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uns allen bist du am besten für diese Rolle geeignet, zumindest für einen kurzen Zeitraum.“
    Was Walter so als kurzen Zeitraum betrachtete, könnte sich gut als ein Jahrhundert entpuppen. „Ich kann nicht“, entgegnete ich. „Es tut mir leid, aber ich kann sie nicht ersetzen und meine Familie verlassen.“
    „Ich mach’s“, schaltete sich Eros ein. Auch wenn seine Stimme hoch und jungenhaft war, hatte er in einigen der Mythen, mit denen ich mich beschäftigt hatte, eine tragende Rolle gespielt – so jung konnte er also nicht sein. „So hätte meine Mutter es sich gewünscht.“
    Walter runzelte die Stirn. „So großzügig dieses Angebot auch ist, du bist kein Ratsmitglied. Dazu fehlen dir die Fähigkeiten.“
    Enttäuschung breitete sich auf Eros’ Zügen aus, und das in Verbindung mit seinem tiefen Kummer zu sehen, war wie ein Schlag in die Magengrube. „Dann helfe ich ihm“, platzte ich heraus. „Er kann mir unterstehen oder … wie auch immer wir es machen, und ich sorge dafür, dass alles nach Plan läuft. Solange ich nur nicht für längere Zeit die Unterwelt verlassen muss.“
    Walter wandte sich zu Henry, der knapp nickte. „Das ist annehmbar für mich, solange Kate nicht in eine Position gedrängt wird, der sie sich nicht gewachsen fühlt.“
    „Also gut“, stimmte Walter zu. „Außerdem möchte ich, dass Kate und Eros die Aufgabe übernehmen, eine angemessene Kandidatin für diese Position ausfindig zu machen.“
    Eine Göttin. Er wollte, dass wir eine neue Göttin auftrieben. Oder eine Sterbliche, die die Prüfungen durchlaufen und sich die Unsterblichkeit auf dieselbe Weise verdienen würde wie ich. „Aber wie?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Wie ihr es macht, ist mir ziemlich egal, Hauptsache, es wird erledigt. Henry kennt das Vorgehen. Er kann euch helfen.“
    Murmelnd bestätigte Henry seine Worte, und damit war es amtlich: Es lag an mir und Avas Sohn, jemanden zu finden, der im Rat die Rolle der Göttin der Liebe übernehmen konnte – eine Frau, die unmöglich existieren konnte.
    Andererseits musste Henry dasselbe gedacht haben, als er mit seiner Suche nach einer neuen Königin begonnen hatte. Wenn er seine Zweifel und Vorbehalte überwinden konnte, würde ich das auch schaffen. „Okay“, sagte ich leise. „Ich versuch’s.“
    „Das weiß ich“, antwortete Walter ungewohnt gütig. „Und ich bin überzeugt, dass du es großartig machen wirst.“
    Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich würde Ava gerecht werden. Wenigstens das war ich ihr schuldig. Von der anderen Seite des Kreises lächelte James mir zu und zaghaft erwiderte ich das Lächeln. Selbst wenn ich der Aufgabe nicht gewachsen wäre, er würde bei jedem Schritt an meiner Seite sein. Das würden sie alle.
    Der Rat war nicht perfekt, bei Weitem nicht. Dylan würde mich vermutlich nie leiden können. Sie würden sich immer wissende Blicke zuwerfen, die ich nicht interpretieren konnte. Vermutlich würden Walter und ich die meiste Zeit damit verbringen, uns miteinander anzulegen, und es würde sehr lange dauern, bis er mich als gleichberechtigt akzeptierte. Doch trotz der Streits, trotz der Lügen, trotz der Frustration und Geheimnisse und Äonen von Vorgeschichte, die ich niemals würde aufholen können: Sie waren jetzt meine Familie. Und um nichts in der Welt würde ich sie gehen lassen.
    Am nächsten Morgen kehrten Henry, Milo und ich zurück in die Unterwelt. Trotz der Düsternis in den Höhlen wäre ich nirgends lieber gewesen, als wir den Obsidianpalast betraten. Endlich waren wir wieder zu Hause.
    Als wir in unser rot und golden eingerichtetes Schlafzimmer kamen, blieb ich an der Tür stehen und ließ den Blick durch den Raum wandern. Ich musste schlucken. Ava hatte das Zimmer eingerichtet, bevor ich im vergangenen Jahr hier angekommen war. Wie lange würde es dauern, bis mich nicht mehr alles an sie erinnerte?
    Hoffentlich ewig. Ich würde mein Versprechen halten, sie immer in Erinnerung zu behalten, und wenn mich die Schuldgefühle und der Schmerz umbrachten.
    Henry berührte mich an der Schulter und beugte den Kopf, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von meinem entfernt war. „Es wird leichter.“
    Warm strichen mir seine Worte über die Haut, ein Heilmittel gegen die eisige Reue in meinem Innern. „Versprochen?“
    „Ja.“ Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich kann und werde dir nicht erzählen, es würde je ganz vorbeigehen, aber dieser Schmerz ist jetzt ein Teil von dir. Er
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