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Der Preis der Ewigkeit

Der Preis der Ewigkeit

Titel: Der Preis der Ewigkeit
Autoren: Aimée Carter
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konnte kaum geradeaus gucken. Sie kam mir auf halbem Weg entgegen und schlang mir die Arme um den Hals.
    „Oh Liebes, dir geht’s gut.“ Ihre Umarmung wurde noch fester und einen Moment lang bekam ich keine Luft. Es war mir egal. Ihr ging es gut, Milo ging es gut, Henry ging es gut …
    Nur Ava nicht.
    Und mit einem Mal löste sich auch der letzte Rest an innerer Stärke, den ich noch besessen hatte, in Luft auf. „Ava ist tot“, flüsterte ich und erstickte fast an den Worten.
    Meine Mutter versteifte sich und an der Tür räusperte sich James. „Calliope ebenfalls“, fügte er hinzu. „Rhea und Henry bringen Kronos gerade zurück in den Tartaros.“
    „Ein bitterer Sieg“, sagte meine Mutter, während ihr Tränen in die Augen traten. „Wenigstens … wenigstens …“
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Zum ersten Mal in meinem Leben brach meine Mutter zusammen. Ihre Knie gaben unter ihr nach und sie sackte auf die Bettkante. Obwohl ich mich mit jeder Faser meines Seins nach Milo sehnte, rollte ich mich mit ihr auf dem Bett zusammen und bemühte mich, Fassung zu bewahren, solange sie sich ausweinte. Jahrelang hatte sie all ihre Kraft an mich weitergegeben und ihr Leid verborgen, um meines nicht noch schlimmer zu machen. Jetzt war es an mir, stark zu sein.
    „Wie wir sie das letzte Jahr über behandelt haben …“ Aus dem Nichts holte meine Mutter ein Taschentuch hervor und tupfte sich damit die Augen. Es half nicht wirklich gegen den Strom von Tränen, der ihr über die Wangen lief. „Sie hätte nicht dort sein sollen. Wir hätten sie zurückkommen lassen sollen, als sie darum gebeten hat.“
    „Es ist nicht deine Schuld“, erklärte ich. Diese Entscheidung hatte Walter getroffen. „Sie hat so oft versucht, mir zu erklären, warum sie es tut, und nie hab ich ihr zugehört. Kronos …“ Mir brach die Stimme, und ich schloss die Hand so fest um den Ärmel meiner Mutter, dass der Stoff sich dehnte. „Er wollte sie nicht retten. Mich hat er geheilt, und genauso hätte er es für sie tun können, aber meinetwegen … meinetwegen hat er sich geweigert.“
    Meine Mutter legte die Stirn an meine Schläfe und zog mich an sich. „Es ist genauso wenig deine Schuld“, brachte sie mühsam, aber sehr überzeugt hervor. „Kronos hätte sie niemals gerettet, selbst wenn du an seiner Seite gestanden und all seine Bedingungen erfüllt hättest. Ehre hat für ihn keine Bedeutung. Er definiert sich über seine Macht, und alles, was du getan hast, war, seinem Ego einen Dämpfer zu verpassen. Du hast nichts daran geändert, wer er ist oder wer er zu sein beschlossen hat.“
    In mir stieg ein Schluchzen auf. „Ich hab sie so verabscheut. Ich dachte … ich hab ihr an allem die Schuld gegeben, und alles, was sie wollte, war, mir zu helfen und … auf Milo aufzupassen und … und Nicholas das Leben zu retten. Und Walter …“
    „Walter hat getan, was er tun musste, um diesen Krieg zu gewinnen.“ Liebevoll strich meine Mutter mir eine Strähne hinters Ohr. „Er muss sich jetzt seinen eigenen Dämonen stellen.“
    Mein Kinn bebte. „Ich hätte etwas tun müssen. Ich hätte zuhören sollen … oder für sie kämpfen oder … oder ihr vergeben oder … irgendwas.“
    „Das hast du doch“, sagte James fast unhörbar. „All das hast du getan. Deine Mutter hat recht. Es ist nicht deine Schuld, es ist nicht ihre Schuld, es ist nicht … nicht Avas Schuld. Es ist die von Calliope. Und die ist jetzt tot. Uns bleibt nichts anderes übrig, als Ava in Erinnerung zu behalten und sie weiterhin zu lieben.“
    Ich presste die Lippen aufeinander und nickte. So viel konnte ich für sie tun und das würde ich auch. Wir alle würden das.
    Aus der Wiege meldete sich Milo mit einem leisen Wimmern. „Es scheint, als wäre jemand ganz wild drauf, dich wiederzusehen“, meinte meine Mutter. Trotz ihrer geröteten Augen brachte sie ein Lächeln zustande, als sie ihn hochhob. „Willst du ihn halten?“
    Mehr als alles andere auf der Welt wollte ich das. Doch als ich die Hände nach ihm ausstreckte, zögerte ich. Nur noch ein paar Zentimeter und ich würde ihn spüren. Er war tatsächlich hier. Eine unsichtbare Barriere aus unzähligen Fragen und Zweifeln hielt mich zurück und verzagt ließ ich die Hände wieder in den Schoß sinken. „Was ist, wenn ich das nicht kann? Was ist, wenn ich nicht seine Mutter sein kann?“
    „Das bist du doch längst“, erwiderte sie, doch ich schüttelte den Kopf.
    „Ich bin einfach nicht so gut
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