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Der Preis der Ewigkeit

Der Preis der Ewigkeit

Titel: Der Preis der Ewigkeit
Autoren: Aimée Carter
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fortzulocken und …
    Die Waffe.
    Oh Gott.
    „Henry!“, schrie ich. „Henry!“
    „Kate“, ertönte eine Stimme von der anderen Seite der Tür. „Kate, ich bin’s.“
    Hastig stürzte ich zur Tür und kauerte mich davor zusammen, um durchs Schlüsselloch zu blicken. „Henry? Bist du …“
    Ein blaues Auge mit langen blonden Wimpern erwiderte meinen Blick und mein Herz wurde schwer. Ava.
    „Geh von der Tür weg“, flüsterte sie und blickte sich über die Schulter um. Wovor hatte sie solche Angst? Dass Henry den Gang entlanggestürmt kam und sie pulverisierte? Wenn es doch nur so wäre.
    „Warum sollte ich dir trauen?“, fuhr ich sie an. „Du wusstest, dass Calliope meinen Sohn umbringen wollte, und du hast alles dafür getan, dass sie es schafft.“
    Sie blinzelte mehrmals und ihre Augen wurden rot und feucht. Früher hatte ich mal gedacht, Ava gehörte zu den wenigen, die hübsch aussahen, selbst wenn sie weinten, doch jetzt konnte ich nichts als die Hässlichkeit sehen, die unter der Oberfläche lag.
    Monatelang hatte ich mir das Lieben und Leiden der griechischen Götter eingebläut, die Geschichte, die ihrer Mythologie zugrunde lag. Nicht alles davon stimmte – so vieles war über die Äonen verdreht und verfälscht worden, als die Menschen jene Geschichten weitergegeben hatten, bevor sie auf den Gedanken kamen, sie aufzuschreiben. Und aus diesem Grund hatte ich daran glauben wollen, dass die Götter im Grunde gut waren. Dass sie sich wirklich um die Menschheit kümmerten, dass ihr Leben nicht erfüllt war von Unfug, Verrat und Selbstsucht.
    Trotz allem, was Calliope und Kronos getan hatten, hätte Ava mich darin bestätigen können. Ein einziges Wort zum Rat und das hier hätte schon vor Monaten vorbei sein können. Stattdessen hatte sie all meine Hoffnungen zerstört.
    „Es tut mir leid“, flüsterte sie. „Du bist meine beste Freundin, Kate. Bitte … Ich wollte nie, dass irgendetwas von dem hier geschieht. Ich hatte keine Ahnung.“
    „Du wusstest genug.“
    Zittrig holte sie Luft und sah sich wieder um. „Wenn das hier vorbei ist, kannst du mich in Stücke reißen. Aber jetzt muss ich dich erst mal hier rausschaffen.“
    Ich stieß einen unwilligen Laut aus. Jetzt wollte Ava mich retten, nachdem Calliope genau das hatte, was sie wollte? „Als ob ich mit dir irgendwo hingehen würde.“
    „Ich kann dich zu deinem Sohn bringen.“
    Plötzlich pochte mein Herz wild. Augenblicklich verwandelte sich meine Abscheu in Verzweiflung, und ich musste mich zurückhalten, meine Fingernägel nicht in die Tür zu schlagen. „Du weißt, wo er ist?“
    Ava nickte. „Und wenn du mich lässt, kann ich euch beiden helfen, hier rauszukommen.“
    Mehr musste ich nicht hören. Vergessen waren die letzten neun Monate. Vergessen ihr Verrat. Vergessen die sehr reale Möglichkeit, dass dies bloß eine weitere Falle war, um dafür zu sorgen, dass Henry mich nicht fände. Wenn auch nur die Chance bestand, dass sie die Wahrheit sagte, wenn es den Hauch einer Möglichkeit gab, meinen Sohn zu retten, war es mir egal.
    Ich wich von der Tür zurück, und eine Brise strich durch den Raum, duftend wie die Blumen, die meine Mutter mir immer aus ihrem Blumenladen mitgebracht hatte.
    Meine Mutter. Was hätte ich gegeben, sie wiederzusehen. Diese Leere in mir schmerzte, und ich hätte alles getan, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, in der Zeit zur letzten Wintersonnenwende zurückreisen zu können. Hätte ich es gewusst, hätte ich sie niemals verlassen. Hätte ich Henry niemals verlassen.
    Das Schloss klickte und die Tür schwang auf und gab den Blick auf Ava frei. Jetzt, da es draußen hell war, konnte ich sie erst richtig sehen. Das blonde Haar hing in schlaffen Locken herab und in den Schatten sahen die dunklen Ringe unter ihren Augen schrecklich aus. So hatte ich sie noch nie gesehen, nicht einmal in jener Nacht, als ich Henry in Eden am Fluss zum ersten Mal begegnet war – der Nacht, als sie sich mit einem Kopfsprung ins aufgewühlte Wasser geworfen und den Schädel an einem Felsen eingeschlagen hatte.
    Hätte ich sie gerettet, wenn ich gewusst hätte, dass sie mich weniger als anderthalb Jahre später von allen fortreißen würde, die ich liebte? Dass sie sich Calliope anschließen würde, die mich seit meiner Ankunft in Eden mit allen Mitteln hatte töten wollen, während sie mich in eine Schwangerschaft hineinmanövrierte, nur damit sie mich auf die schlimmstmögliche Art und Weise verletzen könnte?
    Hätte
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