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Der Preis der Ewigkeit

Der Preis der Ewigkeit

Titel: Der Preis der Ewigkeit
Autoren: Aimée Carter
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geben musste, das ich nicht halten konnte, würde ich mir später Gedanken um die Konsequenzen machen. „Gib mir meinen Sohn und ich gehöre dir.“
    Meine Füße verloren die Bodenhaftung, als Kronos uns in die Luft erhob. Ava blieb hinter uns zurück. Zusammen schwebten wir durch die Decke, als wäre sie nicht vorhanden, stiegen in den Flur über uns auf, und mein Herz pochte hart.
    Wir standen nur ein paar Schritte hinter Calliope – und hinter ihr, umgeben von einer dunklen Macht …
    Henry.
    Über den Flur hinweg starrten wir einander in die Augen und vor Erleichterung hätten fast die Knie unter mir nachgegeben. Endlich war jemand da, der mich liebte.
    Unwillkürlich trat er einen Schritt auf mich zu, doch obwohl es das erste Mal seit der Wintersonnenwende war, dass ich ihn sah, zog mich alles in die Richtung von Milos Zimmer. Nur wenige Meter entfernt, zwei Türen hinter Calliope, könnte ich meinen Sohn in den Arm nehmen. Und hätte die Chance, uns alle zu retten.
    Kronos hielt meinen Arm gepackt, seine Finger wie lebendige Stahlfesseln, und so unauffällig ich auch zog und mich wand, sein Griff ließ nicht nach. Ich war noch genauso gefangen wie in meiner Zelle, doch jetzt lockten beide Hälften meines Herzens, quälend nah und doch so fern. Und beide flehten mich an, irgendetwas zu unternehmen.
    Ich war machtlos.
    Stunden schienen zu verstreichen, doch in Wahrheit brauchte Calliope bloß Sekunden, um zu begreifen, was vorging. Grinsend drehte sie sich um, ein zutiefst bösartiges Funkeln in den Augen, und aus dem losen Ärmel ihres Gewands glitt etwas in ihre Hand. Ein Dolch.
    In der Klinge schimmerte dieselbe Essenz, mit der die Ketten durchzogen gewesen waren, mit denen sie mich gewürgt hatte. Dieselbe halb durchsichtige Macht, die in dem Stein geglüht hatte, mit dem sie mich am Tag meiner Entführung bewusstlos geschlagen hatte. Also hatte sie doch nicht gelogen. Irgendwie hatte sie es geschafft, ein Stück von ihm vom Rest zu lösen, obwohl Kronos unverletzt und in einem Stück neben mir stand. Und jetzt besaß sie die Macht, jeden Einzelnen von uns zu töten, bis sie allein an Kronos’ Seite über das Universum herrschen konnte.
    „Perfektes Timing“, kommentierte sie, die Stimme so mädchenhaft wie eh und je, doch in jeder Silbe lag der Tonfall einer Herrscherin. Sie war die Königin der Götter und das würde sie mich niemals vergessen lassen.
    „Kate?“ Henrys Stimme brach und die dunklen Wellen der Macht um ihn herum verblassten. Nein, nein, nein, er konnte jetzt nicht aufhören. Sie würde die erste Gelegenheit ergreifen, die sich ihr bot.
    Ich trat einen Schritt zurück. Zur Hölle mit der Unauffälligkeit. Eher würde ich sterben, als mich von Kronos von meiner Familie fernhalten zu lassen. „Lass sie nicht hinter mir herkommen“, sagte ich zu Henry, und ohne Vorwarnung riss ich meinen Arm so hart aus Kronos’ Griff, wie ich konnte, indem ich seinen Daumen zurückbog. Die Schwachstelle an seiner Hand – falls er überhaupt irgendwo Schwachstellen besaß.
    Vielleicht hatte ich ihn überrascht, vielleicht war er auch nur amüsiert und wollte sehen, was ich tun würde, aber Kronos wehrte sich nicht. Er ließ mich los, und bevor jemand etwas sagen konnte, rannte ich den Korridor entlang ins Kinderzimmer.
    Milo lag leise weinend in seiner Wiege, und ich sehnte mich schmerzhaft danach, ihn endlich zu berühren. Wie war es möglich, dass wir noch wenige Augenblicke zuvor miteinander verbunden gewesen waren? Wie hatte ich meinen Körper je dazu gebracht, sich von ihm zu lösen?
    „Ist schon gut“, flüsterte ich und streckte die Arme nach ihm aus. Er beruhigte sich, und als seine blauen Augen diesmal die meinen trafen, wusste ich, dass er mich sah. „Ich lass nicht zu, dass dir was geschieht.“
    Als ich über seine samtige Wange strich, räusperte sich jemand hinter mir und ich wandte mich um. In der Tür stand Calliope, den Dolch an Henrys Kehle gelegt.
    Aus meinen Lungen wich sämtliche Luft und mein Inneres zog sich zusammen. Es war zu spät. Er würde sterben. Ich würde meinen Ehemann, mein Baby, meine gesamte Familie an eine irrsinnige Göttin verlieren, der es egal war, wen sie verletzte, solange sie nur ihren Willen bekam. Solange sie mich quälen konnte.
    „Tu ihm nichts – bitte, das darfst du nicht“, wisperte ich, die Finger an den Rand der Wiege geklammert. Henrys Augen waren geöffnet und er starrte mich an – nein, nicht mich. Etwas hinter mir. Er starrte Milo an. Es
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