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Der Piratenlord

Titel: Der Piratenlord
Autoren: Deborah Martin
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unter den Annäherungsversuchen der Besatzung würden leiden müssen.
    „Hey, Kumpel“, rief ihm der Matrose zu, der im Krähennest saß, das als Ausguck diente. „Kannst du mich kurz mal vertreten?“
    Petey nickte zustimmend und kletterte die Takelage entlang zum Mast hinüber. Er nahm dem Matrosen das Fernrohr ab und schlüpfte ins Krähennest. Aufmerksam betrachtete er den Horizont und schwenkte es dann zur Insel Santiago hinüber, als die Chastity an den letzten vorstehenden Felsen vorbeifuhr. Es war ein Tag wie geschaffen zum Segeln. Obwohl die Chastity in ein oder zwei Tagen die tödliche Stille des Äquators erreichen würde, blähte heute ein leichter Wind ihre Segel und brachte sie an Afrikas Küste entlang nach Süden voran.
    Er lehnte sich im Krähennest zurück, und seine Gedanken kehrten zu der kleinen Ann zurück. Ihrer Sprache nach war sie Waliserin. Und auch eine schöne Frau mit cremefarbener Haut und Zähnen, die weiß wie Elfenbein waren. Er fragte sich, was sie wohl getan haben mochte, um hier zu landen. Zu diesen Frauen jedenfalls schien sie nicht zu passen.
    Vielleicht riskierte die Schwester des Earl gerade für Mädchen wie Ann so viel, um ihnen zu helfen. Sie bedrängte den Captain ständig, die Haftbedingungen zu verbessern, und sie verbrachte jeden wachen Augenblick unten auf dem Orlopdeck, um den Gefangenen das Lesen beizubringen. Sie hatten London erst zwei Wochen hinter sich gelassen, da sprachen die Frauen schon von Miss Willis wie von einer Heiligen. Er seufzte. Vielleicht war sie das ja auch.
    Petey hob das Fernrohr wieder an die Augen und durchforschte die Umgebung. Er hatte eben den Ozean abgesucht und wandte sich gerade den Inseln zu, die sie eben passiert hatten, als etwas seinen Blick fesselte. Er stellte das Fernrohr scharf und atmete heftig ein.
    Ein Schiff hatte sich von der Luvseite von Santiago gelöst. Unvermutet war es aufgetaucht, und sein Anblick versetzte ihm einen unangenehmen Stich. Es schien ganz so, als hätte es auf sie gewartet und als folge es ihnen jetzt. Jeder Matrose war misstrauisch, wenn ihm ein anderes Schiff auf See begegnete, besonders, wenn es unerwartet hinter einer Insel hervorglitt.
    „Schiff nach Steuerbord!“ rief er zum Ersten Offizier hinunter.
    Der schlenderte um den Mast herum. „Was für ein Schiff?“
    Petey schaute so lange durchs Fernrohr, bis er einen Schoner mit Kanonen erkannte. Deren Anblick alarmierte ihn. Das war kein Handelsschiff, so viel war klar. Als er die Silhouette nach einer Flagge absuchte, vermochte er keine zu entdecken.
    „He, Petey!“ rief der Offizier ungeduldig. „Was siehst du?“
    „Es ist ein schneller Schoner. Zwei Masten. Jede Menge Kanonen.“
    Die Miene des Ersten Offiziers verfinsterte sich, da er sich nur zu genau vorstellen konnte, was das bedeutete. „Die Flagge. Was hat es für eine Flagge?“ In seinen Schrei stimmte auch der Captain ein, der schon vom Bootsmann an Deck gerufen worden war.
    Petey suchte mit dem Fernrohr die Furcht erregenden Flanken des Schiffes noch einmal ab, als er plötzlich etwas Auffälliges bemerkte. „Moment noch! Sie hissen die Flagge gerade!“ Das allein war schon ein schlechtes Zeichen, da die meisten Schiffe schon unter einer bestimmten Flagge segelten.
    „ Gott schütze uns “, rief er aus. Denn diese war pechschwarz und zeigte einen grinsenden Totenkopf über gekreuzten Knochen.
    „Piraten!“ schrie er. „Piraten nähern sich!“
    „Alle Mann an Deck“, befahl der Captain, als der Bootsmann davoneilte, um die Alarmglocke zu läuten. „Bring die Frauen hinunter, und sag den Jungs, sie sollen sich beeilen!“
    Nie zuvor war die Schiffsbesatzung so schnell in Gang gekommen und hatte so rasch gehandelt. Ohne auf die Fragen der Frauen zu achten, scheuchten zwei Matrosen sie durch die Luken nach unten, der Captain bellte Befehle, und die restlichen Matrosen rollten hastig die Topps aus und besetzten die wenigen Kanonen.
    „Volle Segel!“ schrie der Captain dem Ersten Offizier zu, der den Befehl wiederholte. „Wir fahren ihnen davon!“
    Petey bezweifelte das. Er beobachtete das andere Schiff mit dem Fernrohr, doch er konnte keine Vergrößerung des Abstandes zu ihrem erkennen. Der Schoner sah aus, als sei er in Amerika gebaut worden, und sein geringer Tiefgang machte ihn schneller als jede englische Fregatte. Schoner mit amerikanischen Freibeutern hatten den englischen Handelsschiffen während des Kriegs von 1812 böse zugesetzt. Der Krieg war zwar vorüber,
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