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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau
Autoren: Jules Verne
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Leben da war wirklich fast unerträglich geworden!
    – Nun, Karl Dragoch kann sich hierbei die Zähne ausbeißen, meinte Weber, den Kopf schüttelnd. Erst müssen wir ihn am Werke sehen.
    – Am Werke! rief Ivetozar; das ist er gewiß schon. Verlassen Sie sich darauf.
    – Ja, sicherlich! stimmte ihm Miklesko zu. Karl Dragoch ist nicht der Mann dazu, seine Zeit zu verlieren. Wenn seine Ernennung, wie die Zeitungen berichten, vor vier Tagen erfolgt, ist er jetzt wenigstens schon drei Tage unterwegs.
    – Wo will er aber seine Tätigkeit anfangen? fragte ein gewisser Piscea, ein Rumäne mit einem für einen Angler besonders passenden Namen. Ich muß gestehen, ich käme in Verlegenheit, wenn ich an seiner Stelle wäre, und…
    – Deswegen hat man Ihnen diese auch nicht übertragen, fiel ein Serbe scherzend ein. Glauben Sie nur getrost, daß Dragoch deshalb nicht in Verlegenheit kommt. Seinen Plan kann man natürlich nicht kennen. Vielleicht hat er sich nach Belgrad begeben, vielleicht ist er in Budapest geblieben… wenn ers nicht etwa gar vorgezogen hat, hierher nach Sigmaringen zu kommen, so daß er sich vielleicht unter uns im, Treffpunkt der Fischer’ befindet!«
    Diese Vermutung erregte allgemeine Heiterkeit.
    »Unter uns! rief Herr Weber. Sie suchen uns da eine derbe Nase aufzuheften, Michael Michaelowitsch. Was hätte er denn hier zu suchen, hier, wo man seit Menschengedenken nicht das geringste Verbrechen zu beklagen gehabt hat?
    – Oho, entgegnete Michael Michaelowitsch, könnte er nicht der Abfahrt Ilia Bruschs haben beiwohnen wollen? Das interessiert den Mann doch vielleicht… wenn Ilia Brusch und Karl Dragoch nicht gar einunddieselbe Person sind.
    – Was? Einunddieselbe Person? rief man von allen Seiten. Wie kommen Sie darauf?
    – Sapperment, das wäre stark! Unter der Haut des Preisträgers würde niemand den Polizisten ahnen, der so die Donau in aller Freiheit inspizieren könnte!«
    Der wunderliche Einfall erregte bei den andern Anwesenden großes Aufsehen. Dieser Michael Michaelowitsch! Nur der konnte doch auf solche Gedanken kommen.
    Michael Michaelowitsch versteifte sich jedoch nicht auf seine erste Vermutung.
    »Wenigstens wenn… begann er, eine Wendung gebrauchend, die ihm vertraut zu sein schien.
    – Wenigstens wenn?
    – Wenigstens wenn Karl Dragoch nicht einen andern Grund gehabt hat, hierher zu kommen, fuhr er fort, indem er ohne weitres zu einer andern kaum weniger phantastischen Hypothese überging.
    – Welchen Grund?
    – Nehmen Sie zum Beispiel an, der Plan, die Donau mit der Angel in der Hand hinunterzufahren, wäre ihm verdächtig erschienen.
    – Verdächtig!… Warum verdächtig?
    – Alle Wetter, es wäre ja nicht dumm, auch nicht von einem geriebenen Gauner, sich unter der Maske eines Fischers, und obendrein eines so viel genannten Fischers, zu verstecken. Eine solche Berühmtheit wiegt alle Inkognitos der Welt auf. Da könnte einer bequem hundertmal einen Schlag ausführen, wenn er in der Zwischenzeit immer friedlich angelt.
    – Das Angeln muß man aber verstehen, warf der Präsident Miklesko absprechenden Tones ein, und das ist ein Privileg, das nur ehrlichen, anständigen Leuten vorbehalten ist.«
    Diese vielleicht etwas zu gewagte Bemerkung wurde von den leidenschaftlichen Anglern mit einem maßlosen Beifallsrufen begrüßt. Michael Michaelowitsch nahm mit bemerkenswertem Takt davon den ihm zukommenden Anteil in Anspruch.
    »Auf die Gesundheit unsres Präsidenten! rief er, sein Glas erhebend.
    – Auf die Gesundheit unsres Präsidenten! wiederholten die andern und leerten ihre Gläser wie ein Mann.
    – Auf die Gesundheit des Herrn Präsidenten! rief noch ein allein an einem Tische sitzender Gast, der seit einigen Minuten ein lebhaftes Interesse an den rings um ihn gewechselten Reden zu nehmen schien.
    Den Vorsitzenden berührte die liebenswürdige Aufmerksamkeit des Unbekannten offenbar angenehm, und wie zum Danke trank er ihm mit einer leicht zu verstehenden Handbewegung zu. Der vereinsamte Trinker, der durch diese höfliche Geste das Eis hinreichend gebrochen glaubte, hielt sich daraufhin für berechtigt, der ehrbaren Gesellschaft gegenüber auch mit den von ihm gewonnenen Eindrücken nicht zurückzuhalten.
    »Vortrefflich gesprochen! sagte er. Ja, der Angelfischfang ist nur ein Vergnügen für ehrenwerte Leute!
    – Und haben wir hier das Vergnügen, mit einem Bundeskameraden zu sprechen? fragte Miklesko, auf den Unbekannten zutretend.
    – O nein, antwortete dieser
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