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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau
Autoren: Jules Verne
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Ilia Brusch wird durch irgend etwas aufgehalten worden sein. Nur Geduld, wir werden ihn schon bald erscheinen sehen.«
    Miklesko sollte recht behalten, sich so vertrauensvoll zu zeigen. Kurz vor neun Uhr hörte man Ausrufe aus einer Gruppe, die am Zusammenflusse der Brege und der Brigach stand.
    »Da… da ist er!… Da ist er!«
    Etwa zweihundert Schritt entfernt tauchte hinter einer Landspitze plötzlich ein von einem Ruder getriebenes Boot auf, das längs des hohen Uferrandes außerhalb der Strömung dahinglitt. Geleitet wurde es von einem einzelnen, auf dem Hinterteil stehenden Mann.
    Und das war derselbe, der wenige Tage vorher am Wettbewerb des Donaubundes beteiligt gewesen war, der Gewinner der zwei ersten Preise, der Ungar Ilia Brusch.
    Als das Boot die Stelle des Zusammenflusses erreicht hatte, hielt es an, und ein kleiner Wurfanker fesselte es ans Ufer. Ilia Brusch stieg aus, und alle Neugierigen strömten um ihn zusammen. Jedenfalls erwartete er nicht, hier eine so große Versammlung anzutreffen, denn er schien etwas verlegen zu sein.
    Der Präsident Miklesko trat an ihn heran und bot ihm die Hand, die Ilia Brusch, nachdem er seine Ottermütze gelüstet hatte, mit Ehrerbietung ergriff.
    »Ilia Brusch, redete ihn Miklesko mit seiner Stellung entsprechender Würde an, ich schätze mich glücklich, den großen Preisträger unsres letzten Wettkampfs zu begrüßen.«
    Der große Preisträger verneigte sich als Ausdruck seines Dankes, und der Präsident fuhr fort:
    »Daraus, daß wir Sie an den Quellen unsres internationalen Stromes sehen, schließen wir, daß Sie den Plan zur Ausführung bringen wollen, diesen mit der Angel in der Hand bis zu seiner Mündung hinunterzufahren.
    – Das ist meine Absicht, Herr Präsident, antwortete Ilia Brusch.
    – Und heute wollen Sie die weite Talfahrt antreten?
    – Am heutigen Tage, Herr Präsident.
    – Auf welche Weise denken Sie sich dahin zu bewegen?
    – Ich werde mich von der Strömung weitertragen lassen.
    – In diesem kleinen Boote?
    – Jawohl, in diesem Boote.
    – Ohne jemals am Lande anzulegen?
    – O doch, während der Nacht.
    – Sie wissen auch wohl, daß es sich um dreitausend Kilometer handelt?
    – Nun, bei fünfzig Kilometer im Tagesdurchschnitt sind die etwa in zwei Monaten zurückzulegen.
    – Dann also: Glückliche Reise, Ilia Brusch!
    – Vielen, vielen Dank, Herr Präsident!«
    Ilia Brusch grüßte ein letztes Mal und stieg nun in sein Fahrzeug, während die Neugierigen sich herandrängten, seine Abfahrt zu beobachten.
    Er holte seine Angelschnur hervor, versah sie mit Köder und legte sie auf eine Bootbank. Dann holte er den kleinen Anker ein, stieß das Boot mit einem Riemen kräftig vom Lande ab und setzte sich am Hinterteile nieder, von wo er seine Schnur auswarf.
    Einen Augenblick später zog er sie schon wieder ein. Eine Barbe zappelte am Haken. Das erschien als eine gute Vorbedeutung, und als er um die Landspitze bog, da brach die ganze Gesellschaft in begeisterte Hochrufe aus auf den Preisträger des internationalen Donaubundes.
Drittes Kapitel.
Der Passagier Ilia Bruschs.
    Sie war also angetreten, die Talfahrt über den großen Strom, die Ilia Brusch durch ein Großherzogtum: Baden, durch zwei Königreiche: Württemberg und Bayern, zwei Kaiserreiche: Österreich und die Türkei, sowie durch drei Fürstentümer: Hohenzollern, (damals noch) Serbien und Rumänien führen sollte 1 . Der originelle Fischer brauchte während der langen Fahrt keine Ermüdung zu befürchten, die Strömung der Donau allein sollte ihn, etwa mit der Geschwindigkeit von vier Kilometern in der Stunde, also etwa fünfzig Kilometer während der Tageshelle, bis zur Mündung hinuntertragen. Hielt ihn dann kein Unfall unterwegs zurück, so mußte er nach zwei Monaten sein Reiseziel erreicht haben. Warum hätte er aber Verspätungen erfahren sollen?
    Das Boot Ilia Bruschs maß ungefähr zwölf Fuß. Es war eine Art flachbodige Jolle und mit allen Geräten und Hilfsmitteln ausgerüstet, für die ein richtiger Fischer Bedarf haben kann. Ilia Brusch hätte davon nichts entbehren können, da er nach dem seinen Kollegen am Tage des Wettstreites mitgeteilten Programm ausschließlich von der Ausbeute seines Fischfanges leben mußte, ob er diese nun
in natura
verzehrte oder in klingende, vollwichtige Geldstücke umsetzte, die es ihm ermöglichten, in seinen Speisezettel einige Abwechslung zu bringen, ohne seinem Programm ungetreu zu werden.
    Abends gedachte Ilia Brusch dann die
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