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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau
Autoren: Jules Verne
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zurückgehalten wurden, keine Zeit fanden, dazwischenzutreten. Welchen Schreckensruf stießen sie aber aus, als sie ihren Führer zusammenbrechen sahen!
    Serge Ladko sprang auf das Spardeck hinauf, ihnen entgegenzutreten. Von hier aus beherrschte er das Deck, über das die Leute lärmend daherstürmten.
    »Zurück!« donnerte er sie an, in beiden Händen einen Revolver, deren einen er Strigas Hand entrissen hatte.
    Die Männer stutzten und standen still. Sie hatten keine Waffen, und um sich solche zu holen, mußten sie ins Volkslogis eindringen, was aber nur unter dem Feuer des Feindes möglich war.
    »Ein Wort, Kameraden, rief jetzt Ladko, ohne seine drohende Haltung aufzugeben. Ich habe hier noch elf Schuß… mehr als genug, euch bis zum letzten in jene Welt zu jagen. Ich erkläre euch hiermit, daß ich augenblicklich schieße, wenn ihr euch nicht nach vorne zurückbegebt.«
    Die Mannschaft beriet sich unentschlossen. Serge Ladko begriff sehr gut, daß er, wenn alle gleichzeitig über ihn herfielen, zwar einige unschädlich machen könnte, daß er dann selbst aber den Streichen der übrigen erliegen würde.
    »Achtung!… Ich zähle bis drei!« rief er hinunter, ohne jenen Zeit zum Überlegen zu lassen. Eins!«
    Die Leute rührten sich nicht.
    »Zwei!« erscholl es vom Piloten.
    Da kam etwas Bewegung in die Gruppe. Drei schienen einen schwachen Angriff wagen zu wollen; zwei wichen eingeschüchtert zurück.
    »Drei!« rief Serge Ladko und drückte auch schon los.
    Ein Mann sank um; das Geschoß hatte ihm die Schulter durchbohrt. Jetzt ergriffen auch die andern die Flucht.
    Ohne seinen Beobachtungsposten zu verlassen, warf Serge Ladko einen Blick auf den Dampfer, der Strigas Flaggensignal beantwortet hatte. Das Fahrzeug war jetzt kaum noch eine Seemeile entfernt. Wenn es erst Bord an Bord mit der Schute lag, und seine Mannschaften zu den Piraten hinzutraten, deren Spießgesellen diese doch mehr oder weniger sein mußten, würde die Lage freilich sehr ernst werden.
    Der Dampfer kam immer näher heran. Er war aber kaum noch drei Kabellängen entfernt, als er plötzlich nach Steuerbord wendete, einen großen Bogen beschrieb und sich nach dem hohen Meere zu entfernte. Was mochte dieses Manöver bedeuten? War ihm etwas aufgefallen, was Serge Ladko nicht hatte bemerken können?
    Dieser wartete hochklopfenden Herzens einige Minuten. Da erschien von der Südspitze des Landes noch ein andrer Dampfer. Aus seinem Schornstein wirbelten dicke Rauchwolken empor. Den Bug gerade auf die Schute zu gerichtet, kam er unter Volldampf näher. Bald konnte Serge Ladko auf dessen Vorderteil eine ihm befreundete Gestalt, die seines Passagiers – des Herrn Jäger – die Karl Dragochs erkennen. Er war gerettet.
    Einen Augenblick später sprangen schon Polizeimannschaften auf das Deck der Schute herüber, deren Besatzung sich nun ergab, ohne einen nutzlosen Widerstand zu versuchen.
    Inzwischen war Serge Ladko ins Volkslogis eingedrungen. Eine nach der andern untersuchte er hier alle Kabinen. Nur zu einer war die Türe verschlossen. Durch einen Stoß mit der Schulter sprengte er sie auf und blieb, seiner Sinne kaum noch mächtig, auf der Schwelle stehen…
    Da breitete ihm die wiedergewonnene Natscha die Arme entgegen.
Neunzehntes Kapitel.
Epilog.
    Der Prozeß der Räuberbande der Donau ging im Aufflackern des russisch-türkischen Krieges fast unbemerkt vorüber. Die Flußpiraten waren mit Einschluß Titschas nach Rustschuk abgeführt, hier rechtskräftig verurteilt und kurzer Hand gehenkt worden, ohne die öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen, die sonst auch bei minder tragischen Umständen eine solche Hinrichtung gefunden hätte.
    Die betreffenden Verhandlungen hatten den Hauptbeteiligten aber endlich über vielerlei aufgeklärt, was für ihn bisher ganz unverständlich gewesen war. Serge Ladko wußte nun, infolge welcher Verwechslung er an Stelle Karl Dragochs auf der Schute gefangen gehalten worden war, und wie Striga, als er aus den Zeitungen von der Absendung einer Untersuchungskommission nach Szalka erfahren, sich in Ilia Bruschs Haus eingeschlichen hatte, um etwaige Fragen des Polizeikommissars aus Grau zu beantworten.
    Ebenso wußte er jetzt, wie die von den Donauräubern entführte Natscha hatte gegen die Nachstellungen Strigas kämpfen müssen, der ihr, überzeugt, seinen Feind niedergeschossen zu haben, unaufhörlich versicherte, daß sie Witwe sei. Vorzüglich eines Abends hatte Striga zur Bekräftigung seiner Behauptung der
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