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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau
Autoren: Jules Verne
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seinem Betreten des Landes vergangen, als ihn ein leichter Wagen schon wieder zu Jackel Semo zurückbefördert hatte.
    Der lag noch immer so da wie früher. Er gab sogar kaum ein Lebenszeichen von sich, als er vom Grase am Ufer auf den Wagen geschafft wurde, der sogleich nach Kilia abfuhr. Bis zu jener Farm ging das freilich nur im Schritt, jenseits davon gab es aber einen, wenn auch herzlich schlechten Weg, auf dem man etwas schneller vorwärts kam.
     

    »Hier ist noch einer.« (S. 246.)
     
    Es war schon Mitternacht vorüber, als Karl Dragoch nach Überwindung aller Hindernisse in Kilia eintraf. In der Stadt schlief alles, und es war nicht leicht, den Chef der Polizei zu finden.
    Das gelang endlich, und er nahm es auf sich, den hohen Beamten zu wecken, der sich, ohne eine üble Laune zu zeigen, ihm bereitwilligst zur Verfügung stellte.
    Karl Dragoch benützte das, Jackel Semo sicher unterbringen zu lassen, zumal da dieser die Augen zu öffnen anfing. Jetzt unbehindert in seinen Bewegungen, konnte er sich mit dem Einfangen der übrigen Bande und mit der Rettung Serge Ladkos beschäftigen, die ihm vielleicht noch mehr am Herzen lag.
    Beim ersten Schritte aber begegnete er schon unübersteiglichen Schwierigkeiten. In Kilia war kein Dampfer zur Hand, und anderseits weigerte sich der Chef der Polizei, seine Leute auf den Strom hinauszuschicken. Dieser Donauarm gehörte jener Zeit noch Rumänien und der Türkei gemeinschaftlich, und es war mit Recht zu befürchten, daß deren Eingreifen jetzt, wo der Krieg schon in der Luft lag, seitens der Hohen Pforte Einsprüche hervorrufen könnte, die gegenwärtig sehr beklagenswert gewesen wären. Hätte der rumänische Polizeichef im Buche des Geschickes lesen können, würde er erkannt haben, daß dieser schon so lange drohende Krieg früher oder später, aber doch notwendig ausbrechen mußte, dann wäre er vielleicht etwas weniger zaghaft gewesen. Bei seiner Unkenntnis der Zukunft zitterte er jedoch bei dem Gedanken, irgendwie in diplomatische Auseinandersetzungen verwickelt zu werden, und folgte da der hausbacken klugen Vorschrift: »Hand von der Butter«, die, wie man weiß, bei den Beamten in allen Ländern mit Vorliebe beachtet wird.
    Was er allerhöchstens zu tun wagte, bestand in dem Karl Dragoch erteilten Rate, sich nach Sulina zu begeben und ihn dort auf einen Mann hinzuweisen, der fähig sein würde, ihn die schwierige, fast fünfzig Kilometer lange Strecke quer durch das Donaudelta zu befördern.
    Diesen Helfer in der Not zu wecken, ihn zu überreden, einen Wagen zu bespannen, um ihn (den Detektiv) nach dem rechten Ufer zu bringen, das erforderte alles recht viel Zeit. Es war fast drei Uhr früh, als Dragoch endlich von einem kleinen Pferde, das sich besser erwies, als es aussah, in mäßigem Trab dahin befördert wurde.
    Der Polizeichef von Kilia hatte recht gehabt, als er eine Fahrt durch das Delta der Donau als äußerst beschwerlich hinstellte. Auf den schlammigen und zuweilen mehrere Zentimeter hoch mit Wasser bedeckten Straßen kam der Wagen nur mühsam vorwärts, und ohne die Geschicklichkeit des Führers hätte der sich wohl mehr als einmal in dieser Ebene verirrt, auf der kein Merkzeichen sichtbar war. Schnell ging’s hier natürlich nicht vorwärts, und von Zeit zu Zeit mußte dem erschöpften Pferde überdies einige Ruhe gegönnt werden.
    Die Mittagsstunde schlug, als Karl Dragoch in Sulina eintraf. Die von Serge Ladko angenommene Frist sollte nach einigen Stunden ablaufen. Ohne sich Zeit zur Erholung zu nehmen, eilte er deshalb, sich mit den Ortsbehörden ins Einvernehmen zu setzen.
    Das seit dem Berliner Vertrage rumänische Sulina war jener Zeit noch eine türkische Stadt. Da die Beziehungen zwischen der Hohen Pforte und den Westmächten jetzt höchst gespannter Art waren durfte Karl Dragoch als ungarischer Untertan, trotz seiner Mission von so allgemeinem Interesse, hier nicht darauf rechnen, als
persona grata
empfangen zu werden. Das gestaltete sich zwar über Erwartung besser, dennoch fand er bei der einschlägigen Behörde aber nur ein recht laues Entgegenkommen.
    Die Ortspolizei – so wurde ihm eröffnet – besäße selbst kein ihr zugeteiltes Fahrzeug, sie könnte da nur den Zollkutter in Rechnung ziehen, dessen Eingreifen hier ja ganz am Platze wäre, da man eine Räuberbande ja ohne Schwierigkeit mit einer Schmugglerbande gleichstellen könnte. Leider war dieser Kutter, ein kleiner, doch recht schneller Dampfer, eben nicht im Hafen. Karl
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