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Der Patient

Titel: Der Patient
Autoren: John Katzenbach
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Sie Ihre Tür nicht ab. Von Montag bis Freitag laufen Sie dieselbe Route. Am Wochenende sind Sie nicht weniger berechenbar,bis hin zu Ihrem kleinen Spaziergang sonntagmorgens, um sich in dem angesagten Café zwei Straßen Richtung Süden die Times, ein Zwiebel-Bagel und einen Haselnusskaffee zu besorgen – mit zwei Würfeln Zucker, ohne Milch.
    Viel zu leicht. Ihnen zu folgen und Sie zu töten, wäre kein Kunststück gewesen. Und so leicht, wie dieser Mord zu bewerkstelligen wäre, war ich mir nicht sicher, ob er die nötige Befriedigung mit sich bringen würde.
    Ich bin daher zu dem Schluss gekommen, dass ich es vorziehe, wenn Sie Selbstmord begehen.
    Ricky Starks rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her. Er fühlte, wie von den Worten vor seinen Augen heiße Wogen aufstiegen, die ihm sacht um Stirn und Wangen strichen wie die Wärme eines Kaminfeuers. Seine Lippen waren trocken, und er leckte sie vergeblich mit der Zunge.
Bringen Sie sich um, Herr Doktor.
    Springen Sie von einer Brücke. Pusten Sie sich das Hirn mit einer Pistole weg.
    Springen Sie auf einer Geschäftsstraße vor einen Bus.
    Oder werfen Sie sich vor eine U-Bahn. Drehen Sie das Gas auf und blasen die Stichflamme aus.
    Suchen Sie sich einen passenden Balken und hängen Sie sich daran auf. Die Methode bleibt ganz Ihnen überlassen.
    Doch das ist Ihre beste Chance.
    Ihr Selbstmord ist den genauen Umständen unserer Beziehung außerdem am angemessensten. Und für Sie zweifellos eine weitaus angenehmere Methode, Ihre Schuld bei mir zu begleichen.
    Hier also die Regeln unseres kleinen Spiels: Ab morgen früh um sechs Uhr gebe ich Ihnen genau fünfzehn Tage, um herauszufinden, wer ich bin. Wenn Sie es schaffen, müssen Sie eine dieser kleinen Anzeigen unten auf der Titelseite der New York Times schalten und darin meinen Namen drucken lassen. Weiter nichts: Lassen Sie nur meinen Namen drucken.
     
    Falls Sie das nicht tun, dann … nun ja, hier liegt der eigentliche Reiz. Sie werden feststellen, dass auf dem zweiten Blatt dieses Briefs zweiundfünfzig Namen aus Ihrer Verwandtschaft aufgelistet sind. Sie umfassen alle Altersstufen, von einem Neugeborenen, gerade mal sechs Monate alt, dem Kind Ihrer Urgroßnichte, bis zu Ihrem Cousin, diesem Wall-Street-Investoren und ausgemachten Kapitalisten, der genauso langweilig und vertrocknet ist wie Sie. Falls Sie es nicht schaffen, die Anzeige wie oben beschrieben aufzugeben, dann bleibt Ihnen nur eine Wahl: Bringen Sie sich augenblicklich um, oder ich vernichte einen dieser unschuldigen Menschen.
    Vernichten.
    Welch ein faszinierendes Wort! Es könnte den finanziellen Ruin bedeuten. Oder einen gesellschaftlichen Scherbenhaufen. Oder auch psychische Vergewaltigung.
    Es könnte aber auch Mord bedeuten. Darüber mögen Sie sich den Kopf zerbrechen. Es könnte jemand Junges oder jemand Altes treffen. Männlich oder weiblich. Reich oder arm.
    Ich verspreche nur so viel, dass es ein Schlag sein wird, von dem er – oder seine nächsten Angehörigen – sich nie mehr erholt, egal, wie viele Jahre er in der Psychoanalyse zubringt.
    Und egal, was es ist, Sie werden jede Sekunde von jeder Minute, die Ihnen noch auf Erden bleibt, mit der Gewissheit leben, dass allein Sie das verschuldet haben.
     
    Es sei denn, Sie entschließen sich zu dem ehrenvolleren Schritt und nehmen sich das Leben, bevor es dazu kommt, und bewahren meine Zielperson vor ihrem Geschick.
    Sie haben also die Wahl: meinen Namen oder Ihre Todesanzeige. Natürlich in derselben Zeitung.
    Als Beweis dafür, wie weit mein Arm reicht und wie gründlich alles vorbereitet ist, habe ich heute mit einem der Namen auf der Liste in Form einer höchst bescheidenen kleinen Nachricht Kontakt aufgenommen. Ich kann Ihnen nur dringend raten, herauszufinden, mit wem und auf welche Weise. Dann können Sie sich morgen früh unverzüglich an Ihre eigentliche Aufgabe machen. Natürlich rechne ich nicht wirklich damit, dass Sie herausbekommen, wer ich bin.
    Um Ihnen daher meinen Sportsgeist zu zeigen, habe ich beschlossen, Ihnen im Lauf der kommenden fünfzehn Tage den einen oder anderen Tipp zu geben. Nur, um die Sache spannender zu machen, auch wenn ein ausgefuchster, intuitiver Typ wie Sie davon ausgehen dürfte, dass dieser ganze Brief voller Hinweise steckt. Wie dem auch sei, hier schon mal ein Vorgeschmack, gratis und franko.
     
    Mit Vater, Mutter, kleinem Kind,
Die Stunden einstmals glücklich sind.
Dann aber segelt der Vater fort,
Vorbei ist’s mit dem trauten
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