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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay
Autoren: Vikram Chandra
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können's abwaschen.«
    Er führte sie an der Hand ins Bad, nahm ihr das Tuch ab und schob es hinter die Handtücher. Sie drehte die Hähne an der Wand auf, und ein Wasserstrahl sprudelte in den engen Raum. Dann schaute sie sich nach ihm um, und ihr Lachen ließ die Tonerde aufplatzen. Und auch er lachte, einfach so, aus keinem bestimmten Grund. Sie wuschen einander das Gesicht, und die Tonerde floß an ihnen herab, überzog sie wie mit einer Glasur, und Sartaj sah Mary - die Mary, die er kannte - aus dem roten Überzug auftauchen, und er wollte sie berühren, überall, und er tat es.

    Ein Trupp Bauarbeiter besserte ein Schlagloch in der Straße aus. Im Moment standen sie nur um das Loch herum, betrachteten es und warteten offenbar darauf, daß sich irgend etwas tat. Der Verkehr staute sich vor der Engstelle weit zurück, und Sartaj stand mit seinem Motorrad zwischen einem BEST-Bus und zwei Autorikschas eingekeilt. Es ging weder vorwärts noch rückwärts, und alle warteten einträchtig. Der Bus war gesteckt voll mit Büroangestellten, die Autorikschas brachten Studenten zu ihren Vorlesungen. Jungen gingen die Schlangen entlang und verkauften Zeitschriften, Wasser und knallbunte chinesische Figuren eines lachenden Mannes mit den Händen über dem Kopf. Zwei verkrüppelte Bettler bewegten sich von Auto zu Auto und klopften mit ihren Stümpfen an die Windschutzscheiben. Klänge aus zwei verschiedenen Radios ganz in der Nähe vermischten sich. Sartaj sog alles in sich ein und konnte kaum glauben, daß er es während seiner Abwesenheit vermißt hatte und froh war, wieder hier zu sein. Selbst dieser besondere Gestank nach Auspuffgasen und heißem Teer erschien ihm köstlich. Ich muß verrückt sein, dachte er. Katekar fiel ihm ein, der genauso verrückt gewesen war: Ständig hatte er sich beklagt, aber wenn er im Dorf seiner Schwiegereltern war, so hatte er Sartaj einmal gestanden, hatte er sich nach der Stadt zurückgesehnt. »Wer einmal die Luft hier geschnuppert hat«, hatte er gesagt, »der ist für jeden anderen Ort verloren.« Und er hatte sich an die Stirn getippt und gelacht, daß seine Schultern zuckten.
    Der Bus fuhr an, und Sartaj scherte aus und überholte ihn, riskierte ein Zusammentreffen mit Tonnen von Metall, und dann war er an den Arbeitern vorbei und durch die Lücke durch. Er gab Gas. Eine von leuchtenden neuen Filmplakaten wie von einer Girlande gesäumte Kurve führte zu einem Strand, und das Meer lag glatt und braun vor ihm. Am Eingang von Kailashpada wurde gebaut, ein ungeschlachtes Stahlgerüst wuchs dort aus dem Boden. In seinem Schatten hatten die Arbeiter ihre roten und blauen Zelte aufgeschlagen, und auf Kiesbergen krabbelten nackte Babys herum. Sartaj verlangsamte die Fahrt, um zwei hochbeinige weiße Hunde vorbeizulassen, die zielstrebig die Straße überquerten, als hätten sie in fünf Minuten eine wichtige Besprechung. Ein Windstoß traf Sartajs Brust, und er war glücklich.
    Er ließ das Motorrad durch das Tor des Reviers ausrollen und parkte vor der Bezirksdirektion. Von hier aus konnte er durch den Eingangsbereich hindurch die Galerie sehen, die zum Zimmer des Oberinspektors und zum Verhörraum führte. Kamble saß über den Schreibtisch direkt am Haupteingang gebeugt und schrieb etwas in ein Register. Ein Mann und eine Frau saßen ihm gegenüber, einander zugeneigt und mit hängenden Schultern. Ein Wachtmeister führte einen gefesselten Häftling vorbei. Auf dem Balkon oben hörte man langsam und gleichmäßig einen Besen über den Steinboden schaben. Majid Khan schrie einen Inspektor an, mit dröhnender Stimme, aber nicht unfreundlich, und Sartaj mußte grinsen.
    Er stieg ab, stellte die Füße auf das Pedal, erst den einen, dann den anderen, und rieb mit einem Taschentuch seine Schuhe blank, bis sie glänzten. Dann rückte er seinen Gürtel zurecht. Er klopfte sich auf die Wangen und strich sich mit Daumen und Zeigefinger den Schnurrbart glatt, der bestimmt prächtig aussah. Dann war er bereit. Er ging hinein, und ein neuer Tag begann.

Menü
    Handelnde Personen
    Aadil Ansari Marxistischer Untergrundkämpfer, setzt sich von seiner Organisation in Bihar ab, taucht in Mumbai unter, wird Gangster
    Anjali Mathur Agentin des staatlichen Nachrichtendienstes, der Ganesh Gaitondes Tod untersucht
    Bada Badriya Paritosh Shahs Leibwächter
    Bipin Bhonsle Fundamentalistischer Hindu-Politiker, dem Ganesh Gaitonde zur Wahl in ein öffentliches Amt verhilft
    Bunty Ganesh Gaitondes rechte
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