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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer
Autoren: Günther Thömmes
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angekommen bist – nicht, dass ich jetzt schon abtreten möchte – und du hast Zeit deines Lebens genügend Geld aufgesammelt, um dir einen sorglosen Lebensabend zu garantieren, dann kannst du tun und lassen, wonach dir der Sinn steht. Und mein Sinn steht seit einiger Zeit danach, unser Leben und das Treiben hier in Augsburg aufzuschreiben. Die kleinen Sachen, die unbedeutenden wie die großen, die auch die hohen Chronisten notieren. Über unser Leben will ich berichten, damit spätere Generationen einmal nachlesen können, wie es uns so ergangen ist in dieser Zeit.«
    Er legte die Kladde zurück.
    »Zwei Bände habe ich schon fertig, ich denke, ich habe noch genug zum Erzählen für zwei weitere.«
    Ein beeindruckter Blick seines Sohnes würdigte die filigrane Schreibarbeit in dem schönen, ledergebundenen Band.
    So gestärkt im Willen, etwas Anständiges zu lernen, ließ sich Johannes Zink mit großer Begeisterung unterrichten. Korrektes Lesen und Schreiben beherrschte er mit zehn Jahren, Rechnen konnte er bald besser als die meisten Erwachsenen. Auch ein Lateinlehrer ging im Haus in der Judengasse ein und aus, als Vaters Kenntnisse erschöpft waren. Der predigte seine Sprüche allerdings neben dem Zeigefinger auch mit der Rute auf den nackten Hintern, was zum Streit mit dem Vater und zum baldigen Abschied aus dem Hause Zink führte.
     
    Mit vierzehn Jahren war Johannes ein stattlicher junger Mann. Der dunkelblonde, kindliche Haarschopf war einer braunen, schulterlangen Mähne gewichen. Nicht übergroß war er, sondern genau im Mittelmaß. Ein Gesicht, in dem die Männlichkeit gerade zu sprießen begann. Mit ersten, zarten Bartstoppeln um einen Mund mit schmalen Lippen und ebenmäßigen Zähnen. Unauffällig, aber gut aussehend und kräftig. Gerade so, dass die jungen Mädchen anfingen, sich nach ihm umzuschauen, wenn er durch Augsburg ging. Sprach er dann schüchtern zu einer, ob beim Einkaufen oder sonst wo, hingen ihre Blicke immer an seinen Augen. Sowohl Iris wie auch die Pupillen waren ungewöhnlich blau, so dass diese Augen in ihrer Gesamtbläue unwirklich, nicht von dieser Welt, erschienen. Der Blick des Jünglings wirkte dadurch irritierend, beinahe stechend, und die Mädchen wussten nicht, was sie davon halten sollten. Einige beschlossen, es hübsch zu finden und so wurden Johannes stets gekritzelte Botschaften unbekannter Verehrerinnen unter seiner Türe hindurch geschoben.
    Die Liebesbotschaften wurden noch zahlreicher, nachdem er angefangen hatte, wie schon sein Vater, auch beim Meuting zu arbeiten. In der Lehre lernte er zuerst die Grundzüge des Kaufmännischen, bald erledigte er auch schon anspruchsvollere buchhalterische Aufgaben und schrieb Rechnungen und Mahnungen.
    Bereits im ersten Jahr seiner Lehre wurde er von Meutings Hausmagd verführt, die nicht schreiben konnte, daher diesen Umweg ausgelassen und direkt an ihn Hand angelegt hatte. Der schüchterne, unerfahrene Bursche hatte der mehr als fünfzehn Jahre älteren Frau nicht widersprochen und war ihr, mehr aus Neugier als aus jung erwachender Lust, in die Speisekammer gefolgt. Dort, zwischen von der Decke hängenden Speckschwarten und Würsten, zwischen Tonkübeln voller Lauch und Zwiebeln, hatte sie ihm das Hemd aus der Hose und diese bis zu den Knien hinunter gezerrt, und ihn eine neue Erfahrung gelehrt. In seiner aufkeimenden Euphorie hatten seine zuckenden Füße einen Tonkrug mit in Salzlake eingelegten Heringen umgestoßen. Die Strafe dafür nahm die Magd auf sich, die sich davon zusätzliche Abenteuer mit dem Jungen erhoffte. Stattdessen wurde sie sofort entlassen und Zink war nicht unfroh, dass ihre Nachstellungen aufhörten.
     
    Konrad Meuting hatte mittlerweile Barbara, die aus der Familie der Fugger von der Lilie stammte, geheiratet. Als der erfahrenere und, zu dieser Zeit zumindest, reichere Patrizier-Kaufmann half er seinen Schwägern Ulrich und Georg, wo er konnte. Zum beiderseitigen Nutzen. Zu Anfang des Jahrhunderts war die Meuting-Firma noch die größte Augsburger Handelsfirma gewesen. Die Welser, Baumgartners und Gossembrodts hatten jedoch stark aufgeholt, auch die Fugger saßen bereit, die Führung zu übernehmen. Da schadete es nichts, Allianzen zu schmieden. Konrad Meuting übernahm die Leitung der Fugger-Faktoreien in Antwerpen, Innsbruck und Hohenkirchen. Bisweilen sogar in eigenem Namen, was den Fuggern so unrecht gar nicht war, weil sie die Diskretion über alles schätzten.

2
     
    Nach seinem ersten Jahr im
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