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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer
Autoren: Günther Thömmes
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dachte er sich natürlich. Wenn es so einfach wäre, als reisender Kaufmann Erfolg zu haben, dann wäre ja jeder reich.
    Aber vielleicht gab es ja Abkürzungen auf dem Weg zum Reichtum?
     
    Die Reise von zehn Tagen kam den beiden jungen Männern erheblich länger vor, so sehnten sie die Ankunft in der prächtigen Lagunenstadt herbei. Die Reise verlief allerdings nicht gerade so, wie Zink es sich in seiner Fantasie ausgemalt hatte. Der gut aussehende junge Mann hatte, jung, unerfahren und noch kaum gereist, Ideen von abenteuerlichen Spelunken, riskanten Übernachtungen und wilden Frauenzimmern in seinem Hinterkopf gehabt. Den Zahn hatte der nüchterne, völlig humorlose und Vergnügungen gänzlich abgeneigte Jakob ihm jedoch schnell gezogen. Einzig die Übernachtungen schienen etwas riskant zu sein, wenig Vertrauen erweckend, und es war angebracht, immer auf der Hut zu sein. Alles andere blieb Fantasie. Sie nahmen abends ein karges Mahl ein, ein Becher Wein war das Höchste der Gefühle. Es war alles so ganz anders als in Augsburg, wo doch mit dem steigenden Wohlstand auch Gewürze und guter Wein aus Italien und Tirol Einzug gehalten hatten. Enttäuschend. Ein regelrechter Rückschritt.
    Nach dem Abendessen wurde noch ein wenig übers Geschäft geredet. Dann begab Jakob sich zum Abendgebet, dann zu Bett. Von seinem Untergebenen erwartete er das Gleiche. Wie fieberte Johannes Zink der berühmten Stadt an der Adria entgegen!
    Ob die Venezianer sich wohl von dem Schrecken erholt hatten, als nur zwei Jahre zuvor osmanische Horden ihr Hinterland geplündert hatten? Vom Campanile, vom Markusplatz aus waren die türkischen Rauchzeichen – brennende Höfe und Kirchen – zu sehen gewesen. Nur knapp war die Stadt davongekommen.
    Venedig! Größte Stadt auf dem italienischen Stiefel, mit mehr als dreimal so vielen Einwohnern wie Rom. Wahr gewordener Traum eines jeden Kaufmanns.
     
    Das Jahr näherte sich bereits merklich seinem Ende, kalter Nebel lag über den Lagunen, als die beiden jungen Kaufleute endlich die Stadt erreichten. Dort angekommen, eröffneten sich neue Welten für die Reisenden und das nicht nur im Fondaco dei Tedeschi – dem Haus der Deutschen Kaufleute, seit über zweihundert Jahren am Ponto di Rialto, an der Biegung des Großen Kanals gelegen. Weil dieses aber seit geraumer Zeit aus allen Nähten platzte, erhielten die beiden jungen Reisenden die Genehmigung des Dogen, außerhalb zu nächtigen. Ein Privileg, das sie dem bereits gereiften guten Ruf der Familie Fugger zu verdanken hatten. Andere deutsche Besucher mussten über Nacht im Fondaco bleiben, so argwöhnisch fürchteten die Venezianer, bei aller Gastfreundschaft, neugierige Besucher aus dem Ausland.
    Welch ein neuer Geist wehte hier durch die prall gefüllten Lagerhallen und die Kontore der Kaufleute! Kein Vergleich zum muffigen Augsburg.
    ›Genauso muffig wie Jakob‹, dachte Zink wiederholt.
    Jakob war einige Jahre zuvor schon einmal kurz hier gewesen, um in Vertretung seiner Brüder ein kleineres Geschäft abzuwickeln. Und dennoch, auch er war nun beeindruckt, als sie wirklich hinter die Kulissen des venezianischen Handels schauen konnten. Der ungeheure Reichtum, der sich ihnen dort offenbarte, als krasser Gegensatz zum sinkenden politischen und militärischen Einfluss Venedigs; das Geschick und die Raffinesse, mit dem die dortigen Händler ihren Geschäften nachgingen; aber auch die Möglichkeiten, die sich ihnen eröffneten. Vierundvierzig Banken konkurrierten mit über siebzig Goldschmieden um Geld und Gold der Vermögenden. Sechzehntausend Weber fertigten Seide und andere edle Stoffe, mit denen sich gewinnbringend handeln ließ.
    Wenngleich die deutschen Kaufleute selbst nicht auf eigene Faust handeln durften – alle Geschäfte hatten über venezianische Makler zu laufen –, hier sahen sie zum ersten Mal Handel um des Handels, um des Profits willen. Nicht aus einer Notwendigkeit heraus, den Mitmenschen die Dinge des Alltags zu beschaffen. Die fortgeschrittene Buchhaltung beeindruckte Zink überdies. Das hier waren keine kleinen Geldverleiher, das war hohe Schule des Kreditwesens! Beide saugten alles auf, als wären sie ausgetrocknete Schwämme.
    Nicht nur geschäftlich lernten sie viel, die italienischen Umgangsformen ließen die beiden jungen Männer schnell merken, wie bäuerlich und provinziell sie sich verhielten. So achteten sie bald darauf, nur noch mit sauberen, vom Schlamm der Straße befreiten Schuhen anderen Menschen
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