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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman
Autoren: Tom Egeland
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Behauptung zu verdauen. »Überrascht dich das? Codes werden schon seit Jahrtausenden verwendet!«
    »Aber – von Snorri?«
    »Wenn er etwas schreiben wollte, das geheim bleiben sollte, musste er den eigentlichen Sinn verstecken.«
    Magnus schlug die letzte Seite des Pergaments auf und zeigte mir einen hübsch kalligraphierten Vers, der von zierlichen Bordüren eingerahmt war. Ich versuchte, den Text zu entziffern, aber selbst für einen halbwegs aufgeweckten Dozenten, der des Altnordischen einigermaßen mächtig ist, war der Text das reinste Kauderwelsch.
    »Dreiunddreißig Worte, verteilt auf sechs Zeilen«, sagte er. »Ein unverständlicher Text. Also habe ich mich auf die Suche nach allen möglichen Bedeutungen der Zahl Dreiunddreißig gemacht.«
    »Und bist du fündig geworden?«
    »So alt war Jesus, als er starb. Außerdem ist es eine zentrale Zahl der magischen Numerologie. Darüber hinaus ist die Dreiunddreißig eine heilige Zahl für die Freimaurer.«
    »Zu Snorris Zeit gab es aber noch keine Freimaurer.«
    »Genau! Und darum halte ich es auch für reinen Zufall, dass die Botschaft aus dreiunddreißig Worten besteht.« Er lachte herzlich, blätterte zurück und tippte mit dem Finger auf einen achtzeiligen Text. »Noch mehr Kauderwelsch!«
    »Bist du Spezialist für Codierungen?«
    »Überhaupt nicht. Und du?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Aber ich kenne jemanden.«

3
     
    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Terje Lønn Erichsen eher als Freund oder als Kollegen bezeichnen soll. Er ist genauso eine soziale Amöbe wie ich. Dozent und Sprachforscher am Institut für Linguistik und für nordische Studien an der Universität Oslo. Sein Hauptjob ist ein Forschungsprojekt über die Aufspaltung des Altisländischen in Norwegisch, Schwedisch, Dänisch und Isländisch. Ich würde so weit gehen, Terje als Sprachgenie zu bezeichnen. Eins seiner Hobbys ist das Knacken von Codes. Im Alter von sechzehn Jahren hat er eigenständig, ohne Thomas Phelippes zu konsultieren, die Codierung der Briefe zwischen der schottischen Königin Maria Stuart und ihren Mitstreitern außerhalb des Gefängnisses entschlüsselt.
    Als ich Terje am Telefon darlegte, wofür ich seine Hilfe bräuchte, hörte ich regelrecht seinen wachsenden Eifer. Ich diktierte ihm Snorris chiffrierten Vers Wort für Wort, Zeile für Zeile. Sira Magnus betrachtete mich mit einem sanften Lächeln, als würde er im Traum nicht daran glauben, dass irgendein Mensch in der Lage sein sollte, Snorris mittelalterlichen Code zu knacken. Nicht einmal einer meiner schrulligen Freunde.

4
     
    Traumloser Schlaf hat was vom Tod, mit dem Unterschied, dass man irgendwann wieder aufwacht. Sonne in der Seele und Prokofjews Romeo und Julia als Handyklingelton im Ohr, schlug ich die Augen auf.
    »Gute Neuigkeiten!«, rief Terje in den Hörer.
    »Hm?«, grunzte ich und versuchte, den Schlaf aus meiner Stimme zu verscheuchen.
    »Ich hab den Code geknackt!«
    »Erzähl mir nicht, dass du dir damit die Nacht um die Ohren geschlagen hast?«
    »Du glaubst nicht, wie amüsant der ist!«
    »Amüsant?« Ich klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und kippte das Fenster. Der nordatlantische Wind senkte die Temperatur im Zimmer auf etwa zweihundert Minusgrade.
    »Der Runencode war ein einfacher C3-Code. Caesar 3.«
    »Caesar 3?«
    » Caesar shift cipher . Der Name für den einfachen Code, den Julius Caesar benutzte, um die neugierigen Schnüffler in seinem Dunstkreis in die Irre zu führen, wenn er wichtige Mitteilungen an seine Kriegsherren verschickte. Caesar ersetzte jeden Buchstaben durch einen anderen, der beliebig viele Plätze weiter hinten im Alphabet stand. C3 bedeutet, dass jeder Buchstabe im Text durch einen anderen ersetzt wird, der drei Stellen weiter hinten im Alphabet steht. A wird zu D, B zu E und so weiter.«
    »Soll das heißen, du hast eine Übersetzung?«
    »Hast du mich nicht deswegen angerufen? Fangen wir mit dem ersten Vers an.« Er räusperte sich, bevor er zu lesen begann:
    »Such die Antwort in der Kreuzsaga denn die Zahl ist magisch und die Zahl ist das Wort des Herrn und du wirst die Zahl finden im Baum des Lebens und den verlorenen Stämmen und die Zahl der Sakramente wird dich weiterführen«
    »Aha«, murmelte ich.
    »Ist das nicht umwerfend?«
    »Ja. Doch.«
    »Verstehst du nicht?«
    »Nicht wirklich.«
    »Also, die Kreuzsaga …«
    »Die Saga vom heiligen Kreuz . Die letzte Saga, die Snorri vor seinem Tod schrieb.«
    » Denn die Zahl ist magisch, und
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