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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman
Autoren: Tom Egeland
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Schichten Papier auseinandergefaltet hatte, reichte er mir die Handschrift. Das Pergament war erstaunlich gut erhalten. Ich strich mit den Fingerspitzen über das gelbbraune Leder. »Was ist das?« Es kam mir angebracht vor zu flüstern. Behutsam schlug ich den Codex auf. Die ersten fünf Seiten waren mit Runen beschrieben. Danach folgte eine Partie helleren Leders mit lateinischer Schrift. In das Leder waren drei Zeichen eingeritzt: Die ägyptische Hieroglyphe Anch . Das Runenzeichen Ty . Und ein christliches Kreuzzeichen.
    Auf der nächsten Seite war eine Karte über Südnorwegen und Westisland abgebildet.
    Und ein Pentagramm.
    »Heilige Geometrie«, sagte Sira Magnus.
    Das fehlte gerade noch.
    »Um ganz ehrlich zu sein«, sagte ich geduldig, »habe ich nie ganz verstanden, ob Heilige Geometrie unter Mythologie oder Wissenschaft fällt.«
    »Oder irgendwo dazwischen …«
    »Du bist der Pastor.«
    An der Universität hatten wir einen Gastdozenten, dem es gelang, selbst einen Skeptiker wie mich davon zu überzeugen, dass unsere Vorfahren von griechischen und ägyptischen Ideen der Mathematik, Astronomie, Geographie und Geodäsie beeinflusst wurden, jenem Fach, auf dem die Kartographie basiert. Unter Heranziehung von Satellitenaufnahmen und Karten zeigte er uns, in welchem Verhältnis zu geographischen, geometrischen und mathematischen Mustern unsere mittelalterlichen Heiligtümer und Grenzsteine angelegt waren.
    Nichtsdestotrotz …
    Sira Magnus blätterte bis zu den Seiten mit dem lateinischen Text zurück und forderte mich auf, mir die Handschrift genauer anzusehen.
    »Sieh dir das an! Das sind karolingische Minuskeln. Die Grundlage für unsere heutige Druckschrift. Ein Meilenstein der Kalligraphie.«
    Der Blick, mit dem ich ihn musterte, konnte ohne Weiteres als enervierend aufgefasst werden, nicht zuletzt, weil meine Augen durch die dicken Brillengläser stark vergrößert werden. Sira Magnus legte den Finger auf zwei winzige Zeichen am unteren Rand des Bogens und drückte mir eine Lupe in die Hand.
    »Siehst du die zwei S?«
    »Ja?«
    »Sagt dir das was?«
    Ich wusste nicht, worauf er anspielte.
    »S.S.? In Kombination mit karolingischen Minuskeln? Bjørn, begreifst du denn nicht? S.S. Snorri Sturluson! Der lateinische Text wurde von Snorri geschrieben!«
    Ich starrte verblüfft auf den Text. Draußen heulte der Wind mit einem klagenden Pfeifen um die Hausecke.
    »Der Text wurde von Snorri persönlich geschrieben«, fuhr Sira Magnus fort.
    »Bist du sicher?«
    »Ist das nicht unglaublich, Bjørn?«
    Wenn Sira Magnus recht hatte, war der Codex eine historische Sensation. Ein Stück Weltgeschichte. Es gab so gut wie keine handschriftlichen Zeugnisse Snorris. Er hatte diktiert. Von einer Horde Schreibern umgeben, hatte Snorri sein Opus über die Wikingerkönige und seine Götterlehre verfasst. Die Forscher streiten nach wie vor darüber, ob eine Anmerkung am Rand einer isländischen máldagi , einer schriftlichen Vereinbarung, von Snorri oder von einem seiner Schreiber stammt.
    »Dass Snorri den Text persönlich geschrieben hat, statt ihn vertrauensvoll einem seiner Schreiber zu überlassen, kann doch nur bedeuten, dass es sich um einen Text mit besonders delikatem Inhalt handelt.«
    »Aber wieso sollte Snorri seine persönlichen Pergamente und Texte in einer noch älteren, in Runen abgefassten Handschrift verstecken?«
    »Wenn ich das wüsste …«
    Wir blätterten vorsichtig in den Dokumenten.
    »Worum geht es in dem Text?«
    »Anweisungen. Gesetze. Prophezeiungen …«
    Er schlug eine Seite mit einem altisländischen Text auf.
     
    Der Hohepriester Asim verkündete :
    … der Tag wird kommen, an dem DIE WÄCHTER DEN HEILIGEN zurück an seine Ruhestätte bringen, unter der heiligen Sonne, in der heiligen Luft, in dem heiligen Berg; und es werden abermals tausend Jahre vergehen; die Hälfte davon im Nebel von Verderbtheit und Verfall; und von der großen Schar DER WÄCHTER werden nur drei übrig bleiben; und diese drei werden loyal sein, rein im Herzen, und ihre Zahl ist drei …
    »Was bedeutet das?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung. Aber zumindest sind die Worte lesbar.«
    »Was meinst du damit?«
    »Dass große Teile des Textes komplett unverständlich sind!«
    »Eine unbekannte Sprache?«
    »Weite Strecken sind codiert.«
    ...
    »Kannst du das glauben, Bjørn?«
    »Codiert?«
    »Das ist unfassbar. Einige Verse und Abschnitte sind ganz sicher in einem Code geschrieben.«
    Er ließ mir ein wenig Zeit, um seine
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