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Der Orkling (German Edition)

Der Orkling (German Edition)

Titel: Der Orkling (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Anblick hatte etwas, das Groxmox nicht gefiel.
    Er konnte nicht sagen, was das war, ging aber trotzdem hin und zog den zappelnden Halbling an den Haaren in die Höhe. Samuel piepste jetzt nicht mehr wie ein erschrockenes Vögelchen, sondern quietschte wie das sprichwörtliche abgestochene Schwein, und er begann so heftig mit den Füßen zu strampeln, dass es Groxmox beinahe schon schwerfiel, ihn festzuhalten. Weiter entfernt wurden andere Schreie und aufgeregt durcheinanderrufende Stimmen laut, aber Samuels hysterisches Kreischen übertönte alles. Etwas flog mit einem hässlichen Zischen an seinem Ohr vorbei, und vielleicht zum allerersten Mal in seinem ganzen, immerhin schon fünf lange Jahre dauernden Leben hatte Groxmox ein intensives Empfinden von Gefahr. Wäre er kein Ork gewesen, dann wäre ihm vielleicht das Wort Angst in den Sinn gekommen, so aber hatte er es nicht nur noch nie gehört, sondern erkannte es gar nicht.
    »Bist du lebensmüde, Knirps?«, polterte er. »Hier kann man schnell zu Schaden kommen, weißt du das denn nicht?«
    Samuel kreischte zur Antwort nur noch lauter. Er hörte zwar auf, wie besessen mit den Füßen zu strampeln, schlug dafür aber nun mit beiden Händen auf Groxmox’ Rechte ein, die sich noch immer in sein Haar krallte. Blut lief über sein Gesicht, und Groxmox meinte seinen Schmerz spüren zu können, sodass er ihn fast behutsam absetzte. Doch dann griff er sofort wieder zu, als Samuel ihn abermals überraschte, indem er – weiterhin aus Leibeskräften brüllend, als würde ihm bei lebendigem Leib die Haut abgezogen – herumfuhr und abermals zu fliehen versuchte.
    Groxmox sammelte ihn mit einer raschen Bewegung wieder ein und überlegte einen Moment, ihm die Beine zu brechen, um ihm den Spaß an einem weiteren Fluchtversuch zu vergällen, verwarf diesen Gedanken aber auch genau so rasch wieder und sah stattdessen zum anderen Flussufer hinüber. Irgendetwas erregte dort seine Aufmerksamkeit, das er nicht genau benennen konnte.
    Da drüben liefen immer mehr Spitzohren zusammen. Das helle Peitschen von Bogensehnen erklang, und ein Katapult schleuderte eine weitere Steinkugel in seine Richtung. Sie verfehlte ihn hoffnungslos, und auch die meisten Pfeile fielen weit entfernt ins aufspritzende Wasser des Flusses, aber einige wenige kamen ihnen auch gefährlich nahe. Groxmox wusste nur zu gut, welch ausgezeichnete Schützen die Elben waren; sie würden nur wenige Augenblicke brauchen, um sich auf ihn einzuschießen, wie die zahlreichen Toten Orks ringsum bewiesen. Es war Zeit, von hier zu verschwinden.
    Er hob Samuel (diesmal nicht an den Haaren) hoch und versetzte ihm einen leisen Klaps, als der Halbling unverzüglich versuchte, ihm mit seinen winzigen Fingerchen in die Augen zu stechen. »Was soll der Unsinn?«, polterte er. »Ich will dich doch nur –«
    »– umbringen, ich weiß«, murmelte Samuel benommen. »Warum tust du es nicht endlich, und wir haben es hinter uns?«
    »Was redest du da dauernd von umbringen?«, fauchte Groxmox, der mittlerweile allerdings verärgert genug war, um diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen. »Ich habe nicht vor, dir etwas anzutun.«
    »Dann willst du mich lebend fressen, ich verstehe«, folgerte Samuel. Er presste die Augenlider fest zusammen. »Also los, mach schon. Hat wohl keinen Zweck, wenn ich dich bitte, es schnell zu tun, oder?«
    Wieder erscholl das Peitschen von Bogensehnen – von sehr vielen Bogensehnen –, gefolgt von einem Laut wie dem Brummen eines wirklich übel gelaunten Wespenschwarms. Groxmox wusste, was das Geräusch bedeutete, noch bevor er mit einem Ruck den Kopf hob und den Schatten sah, der den Mond verdunkelte. Mit einer Schnelligkeit, zu der von allen lebenden Wesen auf der ganzen Welt wohl nur Orks in der Lage waren, wirbelte er herum und jagte los.
    Doch nicht einmal ein rennender Ork kann es mit einem fliegenden Pfeil aufnehmen, der von einem Elbenbogen schnellt. Und die weißhaarigen Krieger waren tatsächlich so ausgezeichnete Schützen, wie Groxmox befürchtet hatte. Auch jetzt fielen zahllose Pfeile weit hinter ihm zu Boden oder gleich in den Fluss, doch die Salve war gewaltig genug, um den Himmel zu verdunkeln, und plötzlich regnete es überall rings um ihn herum tödliche weiße Pfeile.
    Der erste traf ihn, als er noch fast ein Dutzend Schritte vom Rand des Lagers und damit der Sicherheit entfernt war. Das Geschoss hatte nicht mehr genug Schwung, um seine dicke Schuppenhaut zu durchdringen, und
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