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Der Neue Frühling

Der Neue Frühling

Titel: Der Neue Frühling
Autoren: Robert Jordan
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»Ein schwarzer Tag«, murmelte Lan. »Wie ich ihn schwärzer noch nicht erlebt habe.«
    »Einen Moment«, sagte sie mit unsicherer Stimme zu ihm. »Mir ist so schwindlig, dass ich nicht weit gehen kann.« Mit schwankenden Knien ging sie zu Mereans Leiche. Sie würde keine Antworten bekommen. Die Schwarzen Ajah würden im Verborgenen bleiben. Sie bückte sich, zog ihr Messer heraus und wischte es an den Röcken der Verräterin ab.
    »Ihr seid ganz schön kühl, Aes Sedai«, sagte Lan nüchtern.
    »So kühl, wie ich sein muss«, sagte sie zu ihm. Diryks Schrei hallte in ihren Ohren. Iselles Gesicht verschwand vor ihren Augen in der Tiefe. Wie bei der Prüfung für die Stola war ihre Ruhe nur äußerlich, aber sie klammerte sich daran fest. Würde sie sie auch nur einen Augenblick lang loslassen, würde sie schluchzend auf den Knien liegen. Vor Qual kreischen. »Sieht so aus, als wäre Ryne nicht nur ein Schattenfreund gewesen, sondern als hätte er sich auch geirrt. Ihr wart besser als er.«
    Lan schüttelte den Kopf. »Er war besser. Aber er dachte, mit nur einem Arm wäre ich erledigt. Das hat er nie begriffen. Man ergibt sich erst, wenn man tot ist.«
    Moiraine nickte. Ergeben, wenn man tot ist. Ja.
    Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Kopf so weit geklärt hatte, dass sie die Quelle wieder umarmen konnte, und sie musste Lans Drängen ertragen, der die Shatayan wissen lassen wollte, dass Brys und Diryk tot waren, bevor die Nachricht überbracht wurde, dass man ihre Leichen auf den Dächern gefunden hatte. Verständlicherweise schien er nicht so erpicht darauf zu sein, Lady Edeyn vom Tod ihrer Tochter zu unterrichten. Auch Moiraine machte sich Sorgen um die Zeit, wenn auch aus anderen Gründen. Sie hätte das Mädchen retten müssen. Ihr Tod war genauso sehr ihre Schuld wie die Mereans.
    Sie Heilte ihn, sobald sie dazu imstande war, und er stöhnte erschrocken auf, als die komplexen Ströme von Geist, Luft und Wasser seine Wunden verschlossen, Fleisch sich zusammenfügte, ohne Narben zu hinterlassen, aber es bereitete ihr keine Befriedigung, dass er sich endlich als normalsterblicher Mensch erwies. Wie alle, die so geheilt worden waren, war er hinterher schwach, so schwach, dass er sich keuchend am Steingeländer festhalten musste. Er würde eine Zeit lang nirgendwohin laufen. Sie musste dafür sorgen, dass er wusste, was er zu sagen hatte. Und sie hatte andere Pläne für ihn.
    Vorsichtig ließ sie Mereans Leichnam über das Geländer und ein wenig nach unten schweben, dicht am Felsen des Berges entlang. Ströme aus Feuer und Flammen hüllten die Schwarze Schwester ein, so heiße Flammen, dass sie keinen Rauch erzeugten, nur ein dichtes Schimmern in der Luft, und vereinzelt das Knacken berstenden Steins.
    »Was macht Ihr ...?«, begann Lan, dann brach er ab und sagte bloß: »Warum?«
    Moiraine ließ zu, dass sie die aufsteigende Hitze spürte, Luftströme, die zu einem Brennofen gepasst hätten. »Es gibt keinen Beweis dafür, dass sie eine Schwarze Ajah war, nur dafür, dass sie eine Aes Sedai war.« Diese freimütige Erklärung ließ sie zusammenzucken. Die Weiße Burg brauchte wieder den Schutz ihrer Geheimnisse, mehr noch als nach dem Untergang von Malkier, aber das konnte sie ihm nicht sagen. Noch nicht. Aber die Erwähnung der Schwarzen Ajah ließ ihn nicht einmal blinzeln. Vielleicht hatte er noch nie davon gehört, aber sie würde darauf nicht wetten. Der Mann hatte die Selbstbeherrschung einer Schwester. »Ich kann nicht lügen über das, was hier passiert ist, aber ich kann schweigen. Werdet Ihr schweigen oder das Werk des Schattens tun?«
    »Ihr seid eine sehr harte Frau«, sagte er schließlich. Das war seine einzige Antwort, aber sie genügte.
    »Ich bin so hart, wie ich sein muss«, erwiderte sie. Diryks Schreie. Iselles Gesicht. Blieb Rynes Leiche zu beseitigen. Und das Blut. So hart, wie sie sein musste.

EPILOG
    Der nächste Tag war ein Tag der Trauer in Aesdaishar; weiße Flaggen wehten von jeder Spitze, die Diener hatten lange weiße Bänder um die Oberarme gebunden. Gerüchte in der Stadt sprachen bereits von Omen, die den Todesfällen vorausgegangen waren, von Kometen in der Nacht, von Feuern am Himmel. Die Leute hatten eine Art, was sie sahen, zu etwas zurechtzubiegen, was sie kannten und was sie glauben wollten. Das Verschwinden eines einfachen Soldaten und selbst einer Aes Sedai blieb in einem Kummer unbemerkt, der harte Männer in den Korridoren weinen ließ.
    Moiraine hatte gerade Mereans
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