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Der Nautilus-Plan

Der Nautilus-Plan

Titel: Der Nautilus-Plan
Autoren: Gayle Lynds
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denn eine ›gute‹ Person der Macht des Mobs nicht widersetzen?«, fragte ein Student.
    Hohe Eukalyptusbäume wiegten sich in der Pazifikbrise. Die Luft roch frisch nach Meersalz und Sonnenschein. Liz atmete in tiefen Zügen, genoss den Sommermorgen, genoss ihr Leben.
    »Unbedingt«, antwortete sie. »Aber damit begeben wir uns in den Bereich der Ethik.«
    »Das ist aber alles andere als einfach«, sagte ein anderer ruhig. »Sich zu widersetzen, meine ich.«
    »Allerdings«, sagte ein Dritter. »Wenn die Brandung hoch ist, muss man manchmal einfach hineinspringen.«
    »Und manchmal nicht«, rief ihnen Liz in Erinnerung. Sie fand ihre Fragen gut. Sie dachten nach, was, zumindest ihrer Meinung nach, das Entscheidende bei jeder Erziehung war. »Fragen Sie sich mal selbst, was es erfordert, Nein zu sagen, wenn alle anderen auf einem Ja bestehen. Sobald Sie beginnen, sich zu überlegen, wie Sie sich gern verhalten möchten, beginnen Sie sozusagen, ein Sparkonto für die Zeiten anzulegen, in denen Sie vor schwere Entscheidungen gestellt werden, und dann werden Sie sich ihnen auch stellen.«
    »Ich finde es prima, dass Sie nicht nur diese Fernsehserie machen«, sagte der Student, der ein begeisterter Surfer war. »Ich finde es großartig, dass Sie daneben auch noch an der Uni unterrichten.«
    »Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, damit mal aufzuhören«, versicherte sie ihm. »Nachdem wir inzwischen einen richtigen Produzenten und ein festes Team für die Serie haben, habe ich mehr Zeit für Sie.«
    Sie lächelten und bombardierten sie mit Fragen über die neuen Folgen zum Thema Kalter Krieg, die demnächst gesendet würden.
    »Da müssen Sie schon etwas Geduld haben«, vertröstete sie die jungen Leute. »Ich habe mich zu absolutem Stillschweigen verpflichtet.«
    Das gefiel ihnen, und sie lachten. Als die kleine Gruppe das psychologische Institut erreichte, scheuchte Liz sie weiter. Ein junger Mann war besonders nett. Er war in sie verschossen und war oft bei der Gruppe, die sie nach den Vorlesungen über den Campus begleitete.
    Sichtlich um Worte verlegen, brachte er nur hervor: »Klasse Vorlesung, Dr. Sansborough«, bevor er sich trollte.
     
    Liz betrat das Gebäude und ging in den zweiten Stock. Das Gebäude war aus verwaschenem rosafarbenem Beton, unprätentiös, ein reiner Zweckbau, und das gefiel ihr. Auf den Gängen wimmelte es von Lehrpersonal und Studenten. Als sie ihr Büro betrat, erwartete sie dort Kirk Tedesco.
    Seine riesigen Rockports auf dem Schreibtisch, hatte er sich in ihren Sessel gefläzt und las TV Guide. Er ließ die Zeitschrift sinken und grinste. »Hallo, Schatz. Und wie war die johlende Meute?«
    Ihr Büro war voll gestopft mit Büchern und Papieren. Kirk war der ruhende Pol, das Auge im Mittelpunkt des akademischen Sturms. Sie lächelte zu seiner Begrüßung. »Voll bei der Sache.« Sie schloss die Tür und ließ die Aktentasche neben ihrer Sporttasche auf den Boden fallen.
    »Das hättest du wohl gern.« Kirk war auch Psychologieprofessor, und Persönlichkeitsstörungen waren sein Spezialgebiet. Er war so locker, dass die Qualität seiner Lehrveranstaltungen darunter litt, aber er war nett und amüsant, und nach und nach war sie abhängig von ihm und seiner umgänglichen Art geworden.
    »Nein, wirklich, Kirk«, sagte sie. »Das ist eine tolle Klasse. Sie interessieren sich wirklich für das Thema. Ich habe es nicht bereut, ihretwegen hier geblieben zu sein. Paris kann bis morgen warten.«
    Er griff noch einmal nach der Fernsehzeitschrift und zeigte damit auf sie. »Hier drin steht ein guter Artikel über dich und die neue Staffel.«
    Erfreut nahm sie ihm das Heft aus der Hand. Die ersten vier Folgen der neuen Serie waren bereits im Kasten, die nächsten drei wurden gedreht, und sie selbst war gerade dabei, für die folgenden zu recherchieren. Sie überflog den Artikel:
     
    Sansboroughs Serie über den
    Kalten Krieg wird fortgesetzt!
    Ein Wort – und ein einfaches Bild – sagen alles. Letzten Monat zierten die New Yorker Bushaltestellen Plakate mit der knallroten Aufschrift »29. Juli«, das Ganze mit »Top Secret« überstempelt. Keine Fotos. Kein Titel.
    Doch für Eingeweihte war dies ein Hinweis, der ihnen wohlige Schauder über den Rücken jagte, denn das alles hat nichts anderes zu bedeuten, als dass das Warten auf die Fortsetzung von Dr. Liz Sansboroughs Erfolgsserie Geheimnisse des Kalten Krieges nun ein Ende hat.
    Ein Sprecher des Compass-Network gab bekannt, dass unter den in
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