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Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Titel: Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis
Autoren: Pseudonymous Bosch
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nicht Schlusskapitel nennen. Diese wichtige Überschrift heben wir uns für dein Kapitel auf. Wir werden es stattdessen Dénouement nennen.
    Das Wörterbuch erklärt »dénouement« wie folgt: »Schlussteil, in dem alle Verwicklungen aufgelöst werden, keine Fragen offenbleiben und sich keine überraschenden Wendungen ereignen«. So gesehen, ist das genau die falsche Bezeichnung für dieses Kapitel. In diesem Kapitel wird nichts aufgeklärt, im Gegenteil, es wirft viele Fragen auf, es kann sogar ein oder zwei überraschende Wendungen enthalten. Aber ich denke, wir sollten es trotzdem Dénouement nennen, weil es so gelehrt und so französisch klingt.
    Also, da war noch eine Begebenheit im Leben unserer Helden, die ich loswerden muss, bevor das Buch wirklich zu Ende ist. Diese Begebenheit – nun, ich bezweifle, dass sie das ist, was man im Allgemeinen einen »guten Schluss« nennt. Wenn du nur ein bisschen Ähnlichkeit mit mir hast – und ich fürchte, das hast du, sonst hättest du das Buch nicht so weit gelesen –, dann wird dich das mehr auf die Palme bringen als alles andere.
    Mir liegt nichts daran, dich zu quälen. Ich möchte dir nur zeigen, dass alles in einem viel größeren Zusammenhang steht – dass unsere Geschichte nicht mit diesem Buch anfängt oder endet.
    Oder mit Kass und Max-Ernest.
    Oder gar mit dir und mir.
    An einem verregneten Mittwochnachmittag, nicht lange nach den Ereignissen in der Mitternachtssonne, aber doch lange genug, dass Kass überhaupt keine Lust mehr hatte, die Leute davon zu überzeugen, dass das, was sie erlebt hatte, wirklich stimmte, saß sie oben im Feuerwehrhaus und trank – wie schon seit Jahren an jedem Mittwoch – Tee mit Großvater Larry.
    Diesmal jedoch waren sie nicht allein. Sehr zum Vergnügen von Großvater Larry, der nichts mehr liebte als neue aufmerksame Zuhörer für seine Geschichten, war ihre Mittwochsgesellschaft angewachsen; Max-Ernest gehörte jetzt dazu und heute war außerdem Benjamin Blake als Ehrengast dabei.
    Der Tee, den sie in dieser Woche tranken, nannte sich Earl Grey – und das, obwohl Benjamin darauf beharrte, dass er einen falschen Namen hätte, weil er hellblau schmeckte. (Ein ähnliches Problem hatte Benjamin mit Orange Pekoe, der, wie er sagte, olivgrün schmeckte. Grüner Tee dagegen sei nicht grün, sondern hellgelb.) Großvater Larry versuchte zu erklären, dass Earl Grey nicht wegen seiner Farbe so hieß, sondern wegen Charles Grey, des Zweiten Earl Grey, den man auch unter dem Namen Viscount Howick kannte. Aber seine jungen Zuhörer schienen sich nicht besonders für den Viscount zu interessieren, weshalb Großvater Larry entschlossen das Thema wechselte und eine alte und schön blutrünstige chinesische Legende über den Ursprung des Tees zu erzählen begann.
    * Die Legende berichtet von einem buddhistischen Mönch, der immer, wenn er meditieren wollte, einschlief. Darüber wurde er so wütend, dass er sich schließlich die Augenlider abschnitt ( AUTSCH! – ich weiß). Der Legende nach wuchsen an der Stelle, an der die Augenlider auf den Boden gefallen waren, die ersten Teebüsche. Und deshalb hilft Tee den Menschen, ihre Augen offen zu halten, wenn sie müde sind, bis auf den heutigen Tag.

    In diesem Moment hörte er, wie Sebastian zu bellen anfing. Ein Kunde war gekommen.
    »Es ist Gloria!«, rief Großvater Wayne von unten.
    Wie üblich war Gloria mit einer großen Kiste Krempel ins Feuerwehrhaus gekommen. Die Kinder warteten voller Ungeduld, während Großvater Larry ihr die Kiste abnahm und sie hereintrug.
    »Gloria, das sind Max-Ernest und Benjamin, Kass kennst du ja«, sagte Großvater Larry, als er endlich einen Platz gefunden hatte, um die Kiste abzustellen.
    »Ich glaube schon«, antwortete Gloria. »War sie nicht schon neulich hier?«
    Kass wartete darauf, dass sie weiterredete, aber Gloria lächelte nur vage, als würde sie sich kaum an Kass erinnern.
    »Ja, und wir haben uns vor Kurzem in der Mitternachtssonne getroffen«, sagte Kass mutig, falls Gloria annahm, es wäre ihr unangenehm, wenn sie das erwähnte.
    »In der Mitternachtssonne? Meinst du das Wellness-Hotel?« Gloria schien tatsächlich verwundert zu sein. »Da verwechselst du was«, sagte sie. »Kurz bevor ich hingehen wollte, bin ich schlimm gestürzt. Frag Larry, er kann es dir bestätigen. Ich lag eine ganze Woche im Krankenhaus. Sie fürchteten schon, ich hätte mein Gedächtnis verloren. Es war wie in dieser Fernsehserie, Zeit der Sehnsucht! Aber sag,
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