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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes
Autoren: Patrick Rothfuss
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still liegen und regte sich nicht. Er atmete durch die Nase und starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit.
    »Ich bin’s bloß«, flüsterte Bast, ohne die Hand fortzunehmen.
    Der Chronist sagte etwas, das aber durch die Hand nicht zu verstehen war.
    »Wir müssen reden.« Vor dem Bett kniend sah Bast auf die dunkle, in die Decke gehüllte Gestalt des Chronisten. »Ich mache jetzt die Lampe an, und Ihr seid ganz leise. Verstanden?«
    Der Chronist nickte unter Basts Hand. Kurz darauf flammte ein Streichholz auf, erfüllte das Zimmer mit einem rötlichen Flackern und Schwefelgeruch. Der sanfte Schein der Lampe breitete sich aus. Bast befeuchtete sich zwei Finger und löschte damit das Streichholz.
    Leicht zitternd, setzte sich der Chronist im Bett auf und lehnte den Rücken an die Wand. Verlegen raffte er sich die Decke vor die Taille und sah zur Zimmertür hinüber. Die schwere Kommode stand immer noch davor.
    Bast folgte seinem Blick. »Das zeugt von einem gewissen Mangel an Vertrauen«, bemerkte er trocken. »Hoffentlich habt Ihr seine Dielen nicht zerkratzt. Damit würdet Ihr ihn fürchterlich verstimmen.«
    »Wie seid Ihr hier reingekommen?«, fragte der Chronist.
    Bast hielt ihm reflexartig wieder den Mund zu. »Still!«, zischte er. »Wir müssen leise sein. Er hat Ohren wie ein Habicht.«
    »Wie …«, setzte der Chronist noch einmal leiser an und hielt dann inne. »Habichte haben keine Ohren.«
    Bast sah ihn verdutzt an. »Was?«
    »Ihr sagtet, er hätte Ohren wie ein Habicht. Das ergibt keinen Sinn.«
    Bast runzelte die Stirn und machte eine abschätzige Handbewegung. »Ihr wisst, was ich meine. Er darf nicht erfahren, dass ich hier bin.« Bast setzte sich auf die Bettkante und strich sich verlegen mit den Händen über die Hosenbeine.
    Der Chronist hielt die Decke fest, die er sich um die Taille geschlungen hatte. »Und was wollt Ihr hier?«
    »Wie gesagt: Wir müssen reden.« Bast sah den Chronisten ernst an. »Wir müssen darüber reden, warum Ihr hier seid.«
    »Das ist mein Beruf«, erwiderte der Chronist gereizt. »Ich sammle Geschichten. Und wenn sich die Gelegenheit ergibt, gehe ich seltsamen Gerüchten auf den Grund und finde heraus, ob irgendwas Wahres daran ist.«
    »Nur mal so aus Neugier gefragt: Was für ein Gerücht war es denn in diesem Fall?«, fragte Bast.
    »Ihr habt offenbar mit einem Fuhrmann gesoffen, und dann ist Euch ihm gegenüber etwas herausgerutscht«, sagte der Chronist. »In Anbetracht der Umstände ziemlich leichtsinnig.«
    Bast warf dem Chronisten einen zutiefst mitleidigen Blick zu. »Seht mich an«, sagte er, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen. »Und denkt nach. Würde ich mich mit einem Fuhrmann besaufen? Ich?«
    Der Chronist öffnete den Mund. Und schloss ihn wieder. »Dann …«
    »Er war eine Flaschenpost, die ich abgeschickt habe. Eine von vielen. Ihr wart nur zufällig der Erste, der sie fand und herkam, um nachzusehen.«
    Der Chronist brauchte einen Moment, bis er diese Information verdaut hatte. »Ich dachte, ihr beide würdet euch hier verstecken.«
    »Oh, natürlich verstecken wir uns«, erwiderte Bast bitter. »Wirsind hier so gut verborgen, dass er buchstäblich schon mit dem Inventar verschmilzt.«
    »Ich kann gut nachvollziehen, dass Ihr Euch hier ein wenig eingeschränkt fühlt«, sagte der Chronist. »Aber ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, was die schlechte Laune Eures Meisters mit dem Butterpreis zu tun haben soll.«
    Basts Augen blitzten verärgert. »Sie hat ausschließlich etwas mit dem Butterpreis zu tun!«, sagte er durch zusammengebissene Zähne. »Und es ist verdammt noch mal mehr als nur schlechte Laune, Ihr ignoranter, erbärmlicher anhaut-fehn . Dieser Ort bringt ihn um.«
    Bei diesem Ausbruch erbleichte der Chronist. »Ich … Ich bin kein …«
    Bast schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte sich offensichtlich zu beruhigen. »Ihr versteht einfach nicht, was hier vor sich geht«, sagte er, ebenso zu sich selbst wie zu dem Chronisten. »Und deshalb bin ich hier, um es Euch zu erklären. Ich warte seit Monaten darauf, dass jemand kommt. Irgendjemand. Selbst alte Feinde, die noch eine Rechnung mit ihm offen haben, wären besser, als dass er so vor sich hin siecht. Aber Ihr seid besser, als ich gehofft hatte. Ihr seid genau der Richtige.«
    »Wofür genau der Richtige?«, fragte der Chronist. »Ich weiß ja nicht einmal, was eigentlich das Problem ist.«
    »Es ist … Kennt Ihr die Geschichte von Martin, dem
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