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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition)
Autoren: Markus Tillmanns
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gezeigt. Dadalore hatte immer angenommen, dass dieses Volk seit der Niederwerfung durch Teutomar und Shaguana gebrochen war: seiner Hoffnungen und seines Selbstbewusstseins beraubt und von seinen alten Göttern schmachvoll im Stich gelassen.
    »Schweigt Euch ruhig ein wenig aus.«
    »Ich habe nur nachgedacht. Wie wollt Ihr die Ermittlungen durchführen? Die Echsen sind bekannt für ihr Misstrauen gegenüber Menschen. Außerdem wissen wir nicht das Geringste über die drei Ermordeten. Um der Wahrheit Genüge zu tun: Ich kann sie nicht einmal von irgendeinem anderen Ruptu unterscheiden.«
    »Ihre Körper werden in den Aufzeichnungen der Leichenschau als muskulös und narbenübersät beschrieben. Überdies sind sie schon eine ganze Weile tot«, warf Valenuru ein.
    »Ja, aber das erklärt nicht, um wen es sich handelt. Eine solche Beschreibung trifft auf jeden zweiten zu.«
    Sie erreichten das Tor Selassies, ein steinernes Überbleibsel einer einst mächtigen Stadtmauer, das von Weinranken überwuchert war. Es war nicht verboten, das Tor zu durchschreiten, dennoch kam es denkbar selten vor, dass Menschen dies taten – ausgenommen jene, die dort offizielle oder zweifelhafte Geschäfte zu tätigen hatten. An diesem Respekt vor dem Viertel der Ruptu mochten auch die beiden Krieger Anteil haben, die übermannsgroß links und rechts des Tores standen. Sie ragten dort unbeweglich wie zwei Standbilder auf, die grünen Schuppen glänzten in der Sonne. Jeder von beiden hielt in der Klaue einen Metallspeer. Am Ende ihrer Schwänze waren Manschetten aus Stahl befestigt, die über und über mit Dornen gespickt waren.
    Dadalore hatte noch nie Ermittlungen bei den Ruptu durchgeführt. Und sie spürte förmlich, wie sie schrumpfte, mit jedem Schritt, den sie näher kam.
    Reiß dich zusammen, Mädchen! Es ist das erste Mal, dass der Kollege dich bei der Arbeit sieht, reiß dich zusammen!
    Sie konnte fühlen, wie sie blass wurde. Sie musste ruhiger atmen, sie musste ruhiger atmen. Verdammt! Verdammt! Verdammt!
    Sie hielt Valenuru das Pergament hin. Ihre Knöchel traten weiß hervor. »Wenn Ihr das bitte übernehmen würdet.«
    Der Capitaloberobservator entrollte das Blatt. Darauf waren Zeichnungen der drei ermordeten Ruptu zu sehen, Abbildungen, von denen der königliche Hofzeichner behauptet hatte, dass sie den drei Echsen bis ins Detail glichen. Über den Ruptu war ein Schweißfleck in Form einer Hand zu sehen. Valenuru warf Dadalore einen eindringlichen Blick zu. Sie wich aus.
    Dann grinste der Capitaloberobservator die Wächter an. »Entschuldigt bitte ... hm ... edle Krieger!« In den Mienen der Echsen war keine Regung zu erkennen.
    »Wir ermitteln in einem Mordfall an den Euren. Diese drei hier haben unsere Welt nicht freiwillig verlassen.«
    Die Ruptu standen wie in Stein gemeißelt. Nur an der Bewegung geschlitzter Pupillen war ablesbar, dass sie die Zeichnung musterten. Der rechte von ihnen ergriff das Wort mit der schweren, rauen Stimme aller Ruptu: »Wir kennen sie nicht.«
    Dadalore betrachtete das zahnstarrende Maul, während er sprach.
    Ihr Gehilfe setzte erneut an: »Das mag sein, mag aber auch nicht sein. Seht noch einmal genau hin, es sind ehrbare Krieger wie Ihr, solche Kämpfer haben einen Ruf. Das sind nicht irgendwelche Reinigungssklaven, um die sich niemand schert. Man spricht von solchen Leuten, nicht wahr?«
    Die Raubechse rührte sich nicht. Valenuru stand vor ihr und starrte sie unentwegt an, ein eingefrorenes Lächeln auf den Lippen. Dadalore wurde allmählich unbehaglich zumute.
    »Wir kennen sie nicht«, wiederholte der Wächter.
    Die beiden Capitalobservatoren wechselten einen kurzen Blick. Dadalore schüttelte den Kopf. Valenuru zuckte mit den Achseln. »Was ist aus der guten alten Zeit geworden, als man sich die Namen großer Krieger noch ehrfürchtig am Feuer zuflüsterte?«
    Den Wächtern war keine Regung zu entnehmen. Aber Dadalore wurde das Gefühl nicht los, dass sie angreifen würden, sobald sie auch nur einen Schritt auf das Tor zu machte. Doch Valenuru trat hindurch, ohne dass es die Ruptu zu kümmern schien. Sie folgte seinem Beispiel.
    »Lassen wir unsere allzu gemütlichen Freunde hinter uns«, warf er ein.
    »Still!«, zischte Dadalore, »es heißt, Ruptu hätten hervorragende Ohren.«
    »Tatsächlich? Unter welcher Schuppe genau verstecken sie die?«
    »Ihr wisst, was ich meine!«
    Immerhin hielt ihr Gehilfe nun den Mund. Dadalore warf einen nervösen Blick zurück zum Tor. Die Wächter
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