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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition)
Autoren: Markus Tillmanns
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Wangenknochen verliehen ihm etwas Filigranes. Der Blick der grünen Augen war klug und von einer beängstigenden Intensität. Auf seinem Mund aber lag ein eigentümliches, schiefes Grinsen.
    »Ihr habt was?« Dadalores Gedanken stolperten durcheinander. Der Fremde trug Uniform. Vielleicht ein Kollege aus einer der vielen Städte des Imperiums. Aber was hatte der an ihren Unterlagen zu schaffen? Ihren höchst geheimen Unterlagen! »Wie war noch gleich Euer Name?« Ihre Stimme hätte Stahl schneiden können.
    Der junge Mann lächelte und die harte Eindringlichkeit seiner Augen wich einem vielversprechenden Glitzern. »Verzeiht, ich hatte mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Capitaloberobservator Valenuru-Was-darf-es-sein. Man hat mich Euch zur Unterstützung zugeteilt.«
    Dadalores Unmut schmolz dahin. Gegen ein wenig Hilfe war ja nichts einzuwenden. Erst allmählich sickerte die Erkenntnis vollends durch: Das war doch nicht etwa ...
    »Heidugun hat Euch geschickt?«, fragte sie verblüfft.
    »Auf Euer Ersuchen, wenn ich recht informiert bin.«
    Dadalore sprang auf und eilte um den Tisch herum. Sie ergriff zur traditionellen Begrüßung mit beiden Händen die des Neuankömmlings und schüttelte sie. »Euch schicken die Götter! Ich hatte erst gestern mit dem Obersten Staatsschamanen darüber ... Ich hatte Euch nicht vor Ablauf zweier Wochen erwartet. Ihr wisst ja, wie träge die Bürokraten manchmal ... Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, Euch zu sehen!«
    Valenuru grinste schief. »Einen so freundlichen Empfang erlebt man selten. Nun, offenbar habt Ihr Euer Begehr dem alten Schamanen mit der nötigen Eindringlichkeit vorgetragen. Er hat mich noch am späten Abend herbeordert und über den vorliegenden Fall ins Bild gesetzt.«
    »Dass Ihr so schnell zusagen konntet. Wenn ich über Nacht abberufen würde, hätte ich das Gefühl, hier alles im Chaos zurücklassen zu müssen.«
    »Die Dringlichkeit gebot die Eile«, erwiderte er diplomatisch.
    »Und überdies seid Ihr noch zu so früher Stunde hier gewesen und habt bereits ein wenig vorgearbeitet, wie ich sehe ...« Dadalore fischte nach der Randnotiz und überflog noch einmal Die Ruptu fehlen. »Verschwendung von Tinte kann man Euch jedenfalls nicht anlasten. Wenn Ihr mir vielleicht eine kleine Verständnishilfe ...«
    Die Freundlichkeit war aus der Miene ihres neuen Kollegen gewichen. »Natürlich. Ich nehme an, Ihr habt die Liste der Verdächtigen bereits durchgearbeitet? Ein Hehler, ein Schläger in Verbüßung seiner Haftstrafe, ein Mörder, der bereits einsitzt, und so geht es in einem fort. Es ist niemand dabei, der ernsthaft als Verdächtiger in Frage kommt.«
    »Das sehe ich anders!« Die Capitalobservatorin räusperte sich. »Ein Täter, der unerkannt in den Alabasterpalast eindringt, vorbei an so vielen Wachen und durch unzählige verschlossene Tore hindurch, wer eines solchen Meisterstückes fähig ist, der kann wohl auch aus einer Zelle unbemerkt entkommen und sich nach vollendeter Tat wieder dort hineinbegeben.«
    Valenuru lächelte dünn. »Meinetwegen. Aber das ändert nichts daran, dass die Ruptu fehlen!«
    »Die Leichen?«, fragte Dadalore verblüfft, »sind sie denn nicht ordnungsgemäß ...«
    »Die Verdächtigen«, korrigierte Valenuru. »Drei Echsenmenschen werden ermordet und keiner der ihren soll als Täter infrage kommen. Glaubt Ihr das wirklich? Wir haben jeden Schlagetot ganz Kamboburgs hier mit einem eigenen Steckbrief, es fehlte nicht mehr viel und man hätte uns die Zechpreller und Hühnerdiebe auch noch aufgelistet. Aber nicht ein einziger Ruptu ist darunter. Merkwürdig, nicht wahr?«
    Dadalore blickte nachdenklich an ihm vorbei. »Ich habe auch in meiner bisherigen Amtszeit nicht einen einzigen Ruptu überführt. Es gab nicht einmal Verdachtsmomente einer Echse gegenüber. Ich nehme an, dass sie eben einfach nicht kriminell sind.«
    Das schallende Lachen ihres Gegenübers traf sie völlig unvorbereitet. Er schüttelte sich geradezu.
    Dadalore funkelte ihn an. »Würde es Euch vielleicht etwas ausmachen, mir zu erläutern, was Euch so erheitert?«
    Schlagartig wurde er wieder ernst. »Selbstverständlich nicht. Eure Annahme erscheint mir ein wenig zu wohlwollend, ungewohnt wohlwollend, wie ich hinzufügen darf. Die Ruptu sind wie alle höher entwickelten Wesen der Falschheit fähig. Es ist geradezu eine Notwendigkeit: Wenn der Geist einer Rasse ausgeprägt genug ist, um sich Dinge vorstellen zu können, die nicht oder noch
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