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Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Titel: Der Montagsmann: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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was gehört. So ein Rascheln und Schaben, ein komisches Geräusch. Es kam, glaube ich, aus dem Schrank da drüben. Oder meinst du, es gibt hier Ratten?«
    Isabel öffnete den Mund, um Überraschung! oder etwas ähnlich Geistreiches zu rufen, doch dann brachte ein Impuls sie dazu, lieber zu schweigen.
    »Ratten?«, meinte Erik zweifelnd. »Na ja, so wie es in diesem alten Stall überall aussieht, würde mich das nicht mehr wundern. Es war eine Schnapsidee, diesen Kasten für die Hochzeit überhaupt in Betracht zu ziehen.«
    »Du hast Recht. Unten sieht es schaurig aus. Nur die Küche ist vom Feinsten, die hat er anscheinend als Erstes sanieren lassen. Aber der Rest … Wahrscheinlich macht dieser Italiener alles etappenweise. Einen Raum nach dem anderen.«
    »Kann sein. Aber dann braucht er Jahre, bis alles fertig ist.«
    »Das Zimmer hier ist schon ganz nett«, meinte Daphne. »So richtig lauschig. Mit diesen schönen Truhen und dem Bauernschrank und den Butzenscheiben. Und dem alten Himmelbett. Mhm, sieht aus, als wäre es sogar frisch bezogen. Riech mal an dem Vorhang. Und die Bettwäsche – ich würde sagen, die ist von Ikea. Und wenn ich die Truhen so ansehe, kommt es mir vor, als wären die auch daher. Oder meinst du, die sind alt?«
    »Ich würde sagen, ja.«
    »Egal. Also, ich find’s toll. Als Hochzeitssuite macht es was her. Die Bettwäsche gefällt mir am besten. Ich mag Ikea.«
    »Seit wann findest du Ikea toll?«
    »Die haben spitzenmäßige Designer«, sagte Daphne. »Dieses schwedische Ambiente macht mich an. Wollen wir vögeln?«
    Isabel schnappte nach Luft.
    »Hier?«
    »Klar.«
    »Aber sie ist doch hier irgendwo im Haus!«
    »Eben. Das macht mich richtig geil. Hm, lass mal fühlen …«
    »Nicht doch. Ich weiß nicht … Aaah, was machst du da?«
    »Was du am liebsten hast.«
    »Eigentlich ist es nicht fair, sie jetzt noch zu heiraten. Ich komme mir ziemlich abgebrüht vor.«
    »Was heißt hier abgebrüht? Du wolltest sie heiraten, oder nicht? Und es war dir die ganze Zeit völlig ernst damit.«
    »Da wusste ich noch nicht, dass du wieder zu haben warst. Ich habe kein gutes Gefühl, diese Sache mit dem Heiraten trotzdem durchzuziehen.«
    »Du wirst es schon überstehen. Denk immer an das viele Geld, so schwer kann das doch nicht sein.«
    »Wir können auch ohne die paar Hunderttausend aus dem Zugewinnausgleich ein schönes Leben führen. Es wird sicher bald wieder besser klappen an der Börse.«
    »Träum weiter«, sagte Daphne.
    »Aber Daphne … Liebes … Aaah!«
    Isabel starrte in das Dunkel. Es kam ihr vor, als hätte ihr jemand einen Tritt gegen die Brust verpasst und damit gleichzeitig die Atmung und den Herzschlag außer Funktion gesetzt. Sie bekam keine Luft mehr, und ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen. Es konnte nicht mehr schlagen, denn es fühlte sich an, als läge es wie ein kalter, toter Stein in ihrer Brust. Sie geriet ins Wanken und versuchte, sich an der Wand festzuhalten.
    »Jetzt habe ich aber wirklich was gehört«, sagte Daphne.
    »Das hast du dir nur eingebildet. In diesem Gemäuer knackt und raschelt es andauernd, deswegen glauben ja auch so viele Leute, dass es in alten Burgen oder Schlössern spukt. He, was machst du da. O Herr im Himmel, Daphne! Was ist, wenn sie jetzt kommt?«
    »Dann musst du eben schneller kommen. Mach schon. Ich weiß doch, wie superschnell du sein kannst.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Nichts.«
    »Oooh … Aber …«
    »Halt die Klappe«, sagte Daphne. »Hier spielt die Musik.«
    Isabel hörte Bettfedern quietschen und merkte, wie sie endgültig das Gleichgewicht verlor. Ob es nun an ihren hohen Hacken lag oder an der dumpfen Luft oder daran, dass der Mann, den sie liebte und in ein paar Wochen heiraten wollte, mit ihrer besten Freundin ins Bett ging – sie konnte sich nicht länger auf den Füßen halten. Dummerweise gab es weit und breit keine Sitzgelegenheit, es sei denn, man zählte das Bett mit, das sicher keine zehn Schritte von ihr entfernt war. Aber das hätte ebenso gut auf dem Mond sein können, so weit war es weg. Alles war mit einem Mal sehr weit weg, sogar die Holztür, an der sie sich eben noch hatte festhalten wollen. Es war, als wäre sie mitten im lichtlosen Raum eingefroren, während um sie herum alles ins Trudeln geriet.
    Da es stockfinster war, konnte Isabel nicht sehen, wie die Steintreppe unter ihren Füßen auf sie zugerast kam. Aber sie konnte es fühlen, vor allem den Moment, als sie ihr Kinn erreicht hatte. Es
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