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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo
Autoren: Rick Yancey
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den Tagebüchern erwähnten berühmten Persönlichkeiten (Thomas Edison, Algernon Blackwood, Bram Stoker, Henry Irving, John Pemberton, Alexandre-Gustave Eiffel, Thomas Byrnes und Jacob Riis) hat jemals öffentlich von jemandem namens Pellinore Warthrop oder etwas, das auch nur entfernt der Wissenschaft der Monstrumologie ähnelte, gesprochen. Natürlich beweist diese Tatsache nicht, dass diese realen Menschen der Ära Warthrop nicht kannten; falls sie dies jedoch taten, so ist es ausgesprochen merkwürdig, dass sie ihn oder seine esoterische »Philosophie« nie erwähnt haben. Ich habe zum Beispiel nirgends irgendeinen Hinweis darauf gefunden, dass Stokers Figur des Van Helsing auf einem »echten« Doktor mit Namen von Helrung beruht.
    Es war Blackwoods Erzählung, veröffentlicht 1910, die den Wendigo bekannt machte und Blackwood selbst als beliebten Autor des Gruselgenres etablierte. Ich habe keine Beweise dafür gefunden, dass die Geschichte von Will Henrys Bericht im vierten Folianten inspiriert oder auf irgendeine Weise hergeleitet wäre, aber diese Deutung ist zweifellos beabsichtigt, gegründet auf das Treffen im Zeno-Club, über dessen Existenz ich ebenfalls keine Unterlagen finden konnte.
    Eine sorgfältige Suche in Zeitungsarchiven lieferte nichts aus dem Zeitabschnitt außer den Artikeln, die am Anfang dieses Buches wiedergegeben sind. Ich vermochte keine Erwähnung der im sechsten Folianten beschriebenen Morde zu finden, weder unter Blackwoods noch sonst jemandes Verfasserzeile. Keine Erwähnung des Namen Chanlers und keine Geschichten über einen amerikanischen Ripper, der in den Straßen New Yorks Amok gelaufen war. Dieser Teil von Will Henrys Geschichte – die Szene, wo er die Zeitungsausschnitte in der von helrungschen Bibliothek erwähnt – ist unbestreitbar fiktional. Über einen Skandal, in den eine prominente New Yorker Familie verwickelt war, wäre mit Sicherheit in den Zeitungen jener Zeit berichtet worden. Und wenn das nicht wahr ist, so muss der gesamte Bericht infrage gestellt werden … aber hatte ich wirklich jemals irgendeinen Zweifel daran, dass die Tagebücher ein Werk der Fiktion waren?
    Gescheitert in meinen Bemühungen, ihren Inhalt zu bestätigen, wandte ich mich den Tagebüchern selbst zu. Ich kontaktierte einen Experten auf dem Gebiet der Handschriftenanalyse, der in Gainsville an der University of Florida arbeitet und so nett war, einen Blick auf das Material zu werfen. Sein Bericht enthielt die folgenden Beobachtungen:
    Verfasser hat konventionelle Schulausbildung genossen, mindestens höhere Schule, vielleicht College oder Universität …
    Verfasser ist extrem akribisch, mit krankhaft ordnungsliebenden Tendenzen. Wäre wahrscheinlich von äußerst gepflegtem Äußeren, übertrieben anspruchsvoll, insbesondere bezüglich seines Aussehens und wie er von anderen wahrgenommen wird …
    Verfasser könnte unter gewissen Persönlichkeitsstörungen leiden, jedoch ist es, in Anbetracht des logischen Zusammenhangs des Textes, äußerst zweifelhaft, dass er an Schizophrenie oder einer sonstigen schweren Geisteskrankheit leidet. Unwahrscheinlich, dass er wahnhaft war.
    Verfasser liebt Gewohnheit, Routine, Berechenbarkeit. Würde sich extrem unwohl fühlen in fremder Umgebung. Scheu, introvertiert, ein Empfinder und Denker«, kein Macher«.
    Der Bericht ging weiter mit der Spekulation, dass Will Henry an Arthritis litt, vielleicht manisch-depressiv gewesen und vielleicht über lange Zeiträume hinweg allein oder ohne Gesellschaft gewesen war. Den Teil über seinen übertriebenen Anspruch an sein Äußeres fand ich besonders interessant, angesichts seines Zustands, als er in dem Abflussgraben gefunden worden war, mit Dreck überzogen, in schäbigen Kleidern, mit verfilztem Bart und langen, knotigen Haaren. Was war passiert, das einen Mann wie ihn an diesen Punkt gebracht hatte? Das andere Überraschende an dem Bericht war, meiner Ansicht nach, die Behauptung, es sei »unwahrscheinlich, dass er wahnhaft war«.
    Wendigos. Mongolische Todeswürmer. Ein Organismus, der irgendein Enzym absondert, das seinem Wirt unnatürlich langes Leben verleiht. Und es ist unwahrscheinlich, dass dieser Mensch wahnhaft war? Handschriftenanalyse ist ebenso sehr Kunst wie Wissenschaft; trotzdem fand ich diese Behauptung zuerst einmal verwirrend, um es milde zu formulieren.
    Nach einigem Nachdenken jedoch ergibt sie Sinn, unter der Annahme, dass Will Henry (oder wer auch immer er war) ein Verfasser von Fiktion
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