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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken
Autoren: Edmund Crispin
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von ihm ab, denn wenn er Routh mit dem Schraubenschlüssel umgebracht hätte, wäre Widger davon ausgegangen, daß er ihn anschließend gesäubert und wieder in seinen Werkzeugkasten zurückgelegt, nicht aber öffentlich präsentiert hätte.«
    »Das Konditionalis ist da syntaxmäßig ein bißchen schwach«, sagte der Major.
    »Wenn ich etwas auf dieser Welt hasse, dann ist es ein Purist«, erklärte der Pfarrer. »Und wenn Dr. Knochentrocken jetzt vielleicht nur ein paar Minuten die Zunge hüten kann, können wir weitergehen. Fen?«
    Fen kaute zerstreut an seinem Brie, der genau richtig im Laufen war.
    »Wir haben George und Andrew in Plymouth verlassen«, sagte er. »Und bei dieser unglückseligen kleinen Unterhaltung blieb George der Sieger oder schien es jedenfalls zu sein: Andrew erklärte sich bereit, ihn nach Burraford mitzunehmen und ihn dort im Bungalow aufzunehmen, zumindest für einige Tage, wie er sagte, >bis man etwas Vernünftigeres vereinbaren könne<. Sie aßen Fisch mit Chips und machten sich auf den Weg. Ich glaube nicht, daß Andrew vorhatte, George schon gleich zu töten; aber dann griff das Schicksal in Gestalt von Andrews gewissenhafter Polizeiausbildung ein. Andrews fiel plötzlich ein, daß er versprochen hatte, sich nachts einzweimal auf dem Festplatz umzusehen, für den Fall, daß, wie schon gelegentlich in den Jahren zuvor, Diebe am Werk sein sollten. Er erzählte das George. George lachte nur, ohne sich träumen zu lassen, daß Andrew wirklich tun würde, was er versprochen hatte. Andrew war es aber absolut ernst damit: Es ist einer der sonderbaren Widersprüche seines Charakters, daß er zwar der Absicht nach schon ein Mörder, und sogar ein Brudermörder war, es aber moralisch doch für wichtig hielt, diese triviale Pflicht zu erfüllen. Er hielt an; George, der keinem Menschen traute und wie recht er hier hatte! sagte, er halte das Ganze zwar für Quatsch, wolle aber auch mitkommen, und während sie ausstiegen, gelang es Andrew, der George so wenig traute, wie dieser ihm, seinen Schlagstock mitzunehmen, ohne daß George es bemerkte.
    Vor dem Botticelli-Zelt flammte ihr Streit wieder auf, wobei George flüsterte und Andrew mit normaler Stimme sprach. Andrew verlor die Beherrschung, tötete seinen Bruder mit dem Schlagstock und schleppte ihn ins Botticelli-Zelt. In der hinteren Hälfte fand er, was er brauchte: eine fremde Bügelsäge, eine schwere Axt und ein scharfes Messer. In dem Augenblick nämlich, in dem die Leiche als ein Luckraft identifiziert wurde, war Andrew verloren: Wie immer auch sonst die Beweislage sein mochte, er würde unaufhörlich unter Beobachtung stehen, bis er gestand oder festgenommen wurde oder sich umbrachte; seine Aussichten, zu entkommen, waren praktisch gleich Null. Aber wenn es gelang, die Identifizierung der Leiche hinauszuschieben, blieb noch Hoffnung. In acht Tagen sollte er ja in Urlaub gehen, nach Nordafrika, zusammen mit seiner Frau. Und in Afrika sollte es nicht allzu schwer sein, unterzutauchen. Bedarf an Söldnern besteht dort fast überall. Andrew war, wie Widger mir erzählt hat, ein hervorragender Schütze und sehr sportlich. Die Frau würde in Tanger oder sonstwo sitzen, bis das britische Konsulat sie rettete, inzwischen würde der Gemahl sich einen Bart wachsen lassen und sich passende Antworten auf Fragen über seine Erfahrung, seine Herkunft und seine Papiere einfallen lassen. Von da an würde es den zuverlässigen alten P. C. Luckraft aus Burraford nicht mehr geben.«
    »Interpol?« sagte der Major.
    »Oh, am Ende würde man dieser in dem scheußlichen Kubus in St. Cloud gewiß ein Telex schicken. Aber die Interpol ist nicht auf der ganzen Welt tätig. Außerdem würde die Nachricht zu spät kommen: Andrew würde längst tief im Schwarzen Kontinent stecken, bis irgendein gelangweilter arabischer Beamter das Telex erhielt und etwas veranlaßte.«
    »Andrew hat seinem Bruder also den Kopf abgetrennt«, sagte der Major.
    »Ja.«
    »Das ist ja alles ganz gut, aber er wäre doch körperlich wohl in der Lage gewesen, die ganze Leiche zum Saab zurückzuschleppen, sie zu einem entlegenen Ort zu fahren und zu vergraben.«
    »Gewiß. Das hatte er ursprünglich auch vor nur wollte er den Kopf an einem Ort, den Rest an einem anderen vergraben, als doppelte Rückversicherung. Jedenfalls war er soweit gekommen, die Leiche auszuziehen die Kleidung mußte auch verschwinden, damit George mit ihrer Hilfe nicht identifiziert werden konnte – und den Kopf
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