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Der Mörder aus einer anderen Zeit

Der Mörder aus einer anderen Zeit

Titel: Der Mörder aus einer anderen Zeit
Autoren: Stefan Wolf
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länglich, damit sie gut
fliegen.«
    »Aha.« Tim blinzelte Gaby zu.
»Na, wir kümmern uns darum. Explodiert ist sie ja nicht.«
    »Aber vorsichtig!«, mahnte der
Blondschopf. »Sonst heißt es dann wieder, dass wir schuld sind. Dabei haben wir
sie nur gefunden, nicht selbst gebaut.«
    Damit hatte sich das Thema für
ihn erledigt. Er lief seinen Freunden nach, die nicht mehr zu sehen waren.
    Gaby lächelte. »Die spielen
wenigstens noch auf einem verbotenen Abenteuergelände — und hängen nicht nur
vor der Glotze rum oder am PC.«
    Tim wies grinsend auf ein
Schild der Baufirma. Dort stand tatsächlich, dass hier das Betreten verboten
sei und Eltern für ihre Kinder haften.
    »Das übersehen wir, Pfote.«
    »Willst du die Bombe bergen?«
    »Sah eher aus wie ne
Schatztruhe. Vielleicht ist Geschmeide drin. Ich begehe eine
Fund-Unterschlagung und schenke es dir dann zur Hochzeit.«
    »Von dir wünsche ich mir etwas
anderes.« Gaby schob ihre Sonnenbrille auf den Kopf hoch. »Aber nun hol mal die
Schatztruhe.«
    Sie stiegen über Schutt,
Mauerreste, Alteisen und zerbrochene Ziegel. Dort, wo die Frontseite des
Schulgebäudes gewesen war, ging es ca. drei Meter in die Tiefe — steil abwärts
an einer völlig bröckligen Grundmauer. Das gesamte Fundament war nur noch
umrissartig erkennbar. Überall Löcher im Boden.
    Auf dem brüchigen Grund —
vermutlich einer dünnen Betonschale als Sockel — lag die Bombe.
    »Ist ja nur ein Kästchen«,
stellte Gaby fest, »aber sicherlich gefüllt. Sieht metallisch aus.«
    »Haben wir gleich.«
    Tim sprang hinunter. Der Sockel
knackte wie Eierschalen. Tim hob den Kasten auf. Er war nicht schwer. Tim
horchte daran. Kein Ticken.
    »Es sitzt niemand drin, Pfote.
Und Aladins Schatz können wir vergessen. Zu leicht, das Ding. Gold und
Brillanten wiegen. Ist aus Kupfer, das Ding. Siehst du? Hier vorn ist eine
Jahreszahl eingraviert. 1898 — das haben die Kids übersehen. So alt wird keine
Bombe.«
    »Das ist die Jahreszahl der
Schule, Tim. 1898 wurde sie erbaut — oder eingeweiht.«
    Tim trat zu Mauerbrocken, die
in unterschiedlicher Höhe abgebrochen waren und fast eine Treppe bildeten. Er
stieg hinauf und reichte das Behältnis seiner Freundin, die sich hingekniet
hatte.
    »Pfote, ich bin mir sicher: Das
ist eine Zeitkapsel. Ein Behältnis, das bei der Grundsteinlegung der Schule ins
Fundament eingemauert wurde.«
    »Wahnsinn! Und wir finden es.
Jedenfalls nach den Jungs. Was ist drin?«
    »Leider zugeschweißt. Mit dem
Taschenmesser kriege ich die Kiste nicht auf. Aber nachher — mit nem Hammer.
Denn das Ding geben wir nicht gleich im Rathaus ab. Erst gucken wir rein. Den
Spaß gönnen wir uns. Tja, was ist drin?«
    »Dokumente aus der Zeit?«
    »So viel ich weiß, werden in
solche Zeitkapseln tatsächlich Zeugnisse vom Tage anno tobak eingegeben.
Tageszeitungen, Kataloge, das Manuskript der Festrede vom Bezirksbürgermeister,
vielleicht ein Foto von seiner Frau — falls das nicht im Nachhinein schadet. Da
fällt mir ein: 1898 ist Bismarck gestorben — mit 84 Jahren. Und Kaiser Wilhelm
II. war der deutsche Obermotz — total von Gottes Gnaden und nur dem selbst
verantwortlich für alle politischen Fehler. Das muss man sich vorstellen! So
haben Kaiser und Könige ihren Machtanspruch begründet: Von Gottes Gnaden —
sozusagen von ihm selbst eingesetzt. Da musste ja irgendwann die Demokratie bei
uns blühen.«
    »Sie blüht noch heute.« Gaby
richtete sich auf und hielt die Zeitkapsel wie ein Baby in den Armen.
    Tim stieg ganz herauf.
    »Häuptling, ich platze vor
Neugier.«
    »Ich auch. Die Zeitkapsel
nehmen wir mit. Vielleicht können wir sie bei Opa Leopold öffnen. Der hat die
richtigen Instrumente. Hm, na ja, eigentlich ist er Feinmechaniker. Als
Uhrmacher. Vielleicht ist es auch besser, wenn wir unsere Neugier bezähmen —
und niemanden reinziehen: Außer Karl und Klößchen, natürlich.«
    »Wir werden die Zeitkapsel nur
im kleinen Kreis öffnen — im Kreis von TKKG.«
    In diesem Moment sah Gaby den
Typ. Er war ein ganzes Stück entfernt, richtete sich auf zwischen zwei
Schuttbergen, bot sich dar als Brustbild und glotzte her.
    Er wirkte unangenehm, trotz der
Entfernung. Auch sein Interesse war keine freundliche Neugier.
    »Was will der denn?«
    Tim folgte dem Blick seiner
Freundin, drehte sich um und sah gerade noch, wie der Typ sich nach links
wegduckte.
    »Den habe ich vorhin schon
bemerkt, Pfote. Der hat wohl denselben Weg wie wir.«
    »Jetzt versteckt er sich.
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