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Der Mörder aus einer anderen Zeit

Der Mörder aus einer anderen Zeit

Titel: Der Mörder aus einer anderen Zeit
Autoren: Stefan Wolf
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wollte er trotzdem.
Dabei aber vorsichtiger sein.
    Ein günstiger Umstand war, dass
er seinen Wagen — einen silbergrauen VW — in der Nähe geparkt hatte. Im Grunde
schon seit gestern Abend, seit der Sause mit Nocke und Simon. Erst waren sie im
Dom-Stüberl gewesen und hatten zwölf Bierchen gezischt, später waren sie im
Harry-am-Dom eingekehrt, wo dann die Gerstensaft-Füllungen nicht mehr gezählt
wurden. Zum Schluss waren alle drei so breit, so betrunken gewesen, dass sie an
Fahren nicht mehr denken konnten. Zumal hier auch nachts an jeder Ecke ein
Streifenwagen lauerte. So mancher Zecher aus den Kneipen im Fußgängerviertel
büßte seinen Führerschein ein.
    Schulken wusste nicht mehr, wo
er geparkt hatte, fand aber einen Parkschein im Portmonnee. Aha! In der
Tiefgarage am Schweine-Brunnen.
    Dort entdeckte er dann
tatsächlich seinen Wagen, schloss den Kofferraum auf und vertauschte die
Tarnjacke gegen einen sommerlichen Leinenblazer. Der sah zwar fürchterlich aus,
zerknautscht, als hätte er darin geschlafen. Doch die Jacke erfüllte ihren
Zweck. Schulken bot von Weitem einen anderen Anblick. Den verstärkte er noch
durch eine große Sonnenbrille mit spiegelnden Gläsern und einen strohfarbenen
Sommerhut.
    Im Handschuhfach lag ein
kleines Fernglas. Auch das steckte er ein. Dabei fühlte er sich wie der
Chefspion eines staatlichen Nachrichtendienstes. Und war überzeugt: In der PEW
würden er und seine Kumpane höchste Anerkennung erfahren. Mit Händedruck,
markigen Worten, Schulterklopfen und geldlicher Zuwendung. Zwar war nicht zu
denken an eine Begegnung mit Otto-Alexander Mugus zu Grapsbach. Dem begegneten
nur die Größten dieser Welt. Aber bestimmt würde Richard A. Körner, der
Ehren-Vorsitzende, den drei Jung-PEWs die allgemeine Dankbarkeit erweisen.
    Schulken beeilte sich. Und kam
gerade noch rechtzeitig.
    Durchs Fernglas beobachtete er
aus beträchtlicher Distanz, wie die fünf Kids den Uhrmacherladen verließen.
Kurzer Weg zu Mario, einem Frisör.

    Gaby Glockner und Regina
Odenhafer gingen hinein. Die Jungs warteten draußen und steckten die Köpfe
zusammen.
    TKKG!, dachte Schulken und
spuckte aus. Die bilden sich was ein! Uns anpinkeln wegen der Viecher! Uns, die
Partei, und die Pharmaindustrie. Aber das macht ihr nicht noch mal, ihr
Dumpfbacken.
    Gaby Glockner kam allein aus
dem Frisörladen.
    Die andere wurde also gestylt,
damit sie nicht mehr aussah wie ‘n Radieschen unterm Rasenmäher.
    Du kommst auch noch dran,
dachte er grinsend — und meinte Gaby. Als er dann sah, dass die vier einen
Taxistand anpeilten, sauste er zur Tiefgarage und holte seinen Wagen.
     
    *
     
    Klößchen besaß noch genug
Taschengeld und erklärte, er werde das Taxi bezahlen; seine Freunde seien
eingeladen und im Übrigen könne er vor Neugier kaum an sich halten — was den
Inhalt der Zeitkapsel betreffe.
    »Stellt euch vor!«, meinte er.
»Gleich nachher heben wir einen historischen Schatz, bergen einen Wert aus
einer anderen Zeit. Hah! Wir werden eine Tageszeitung in der Hand halten aus
dem Jahre 1898. Ungelesen. Beziehungsweise nur einmal gelesen. Ob sie vergilbt
ist? Vergilbt Papier unter Luftabschluss? Und dann die anderen Sachen, die da
noch drin sind — drin sein müssen! Vielleicht eine... ah... Tafel Schokolade?!«
    »Selbst wenn’s um einen
ideellen Schatz geht«, sagte Karl, »denkt Klößchen ans Fressen. Und wird sehr
enttäuscht sein, weil die Schokolade vergilbt ist.«
    Tim und Gaby lachten. Zusammen
mit Klößchen stiegen sie hinten ins Taxi. Karl setzte sich neben den Fahrer,
einen schnauzbärtigen Türken. Er hieß Achmed. In seinem Wagen durfte man
rauchen. Das Fahrzeug roch auch entsprechend. Wie eine ungelüftete Eckkneipe,
fand Tim. Aber TKKG, die leidenschaftlichen Nichtraucher, hielten das aus.
    Eigentlich, dachte Tim, sollte
man die Zigarettenhersteller wegen fahrlässiger — oder bewusster — Tötung
anklagen. 1998 sind vier Millionen Menschen am Rauchen gestorben. 2030 werden
zehn Millionen an der Kippe krepieren. Die Behandlungskosten der
Raucherkrankheiten wie Krebs und Herzinfarkt betragen 430 Milliarden Mark im
Jahr. Produziert werden jährlich 5700 Billionen Glimmstängel. 1,2 Milliarden
Raucher freuen sich darüber. Und jeder pafft täglich im Schnitt 14 Zigaretten.
Nette Gewohnheit für einen verfrühten Tod. Aber ohne uns. Und Achmed sollte
sich entwöhnen. Aber den hat die Sucht im Griff. Das sehe ich ihm an.
    Tim hatte alle Zahlen über die
Volks-, nein Völkerkrankheit im
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