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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
Autoren: Alexander Röder
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die überall im Saal verteilt standen und ihre geladenen Musketen neben sich hatten. Sicher würden sie es nicht leicht haben, einen fehllosen Schuss auf ihn abzugeben, wenn er sich nun durch das Zwielicht auf Balsamo stürzte. Aber selbst dann – was würde er erreichen? Würde der Vorgang unterbrochen, konnte Balsamo wiederum beginnen, sobald Lewis unschädlich gemacht war.
    Aber was, wenn er den Kristall zerstörte?
    Lewis verwarf auch diesen Gedanken, denn warum sollte Balsamo nicht ein weiteres Pendel besitzen, das er ebenso verwenden konnte? Jedoch – Lewis spürte sein Herz heftiger schlagen – wenn Balsamo selbst nicht mehr das Pendel führen könnte, wenn er nicht mehr wäre, dann wäre der Geheimrat gerettet.
    Doch Lewis hatte keine Waffe, und es würde ihm nicht gelingen, einem der Maskierten Dolch, Degen oder gar Muskete zu entreißen. Selbst wenn, würde man seine Tat vereiteln, ehe er sie vollenden konnte.
    Lewis spürte, wie sich sein Magen krümmte. Es war ausweglos, was immer er auch ersann.
    Als er wieder zu Goethe blickte, sank aller Mut. Der wirkte starr, hölzern, wie die Puppe, als die Bode ihn sich wünschte. Inzwischen hatte Balsamo begonnen, lauter und eindringlicher auf sein Opfer einzureden. Offenbar trat die mesmerische Prozedur nun in den entscheidenden Abschnitt. Auf Balsamos Stirn hatte sich Schweiß gebildet, er schien von seiner Tätigkeit sehr eingenommen und angestrengt. Bode dagegen wirkte gelöst, voller freudiger Erwartung. Er verfolgte jede Gebärde und jedes Wort Balsamos mit leise wiegender Bewegung seines Kopfes, seine Finger waren ineinander verschränkt und zuckten voller Ungeduld. Balsamo schwang das Pendel vor Goethes Augen nun nicht mehr hin und her, sondern ließ es eine schnelle Kreisbahn beschreiben. Das Zucken der bunten Blitze wurde verwirrender, und Lewis schloss die Augen, um nicht geblendet zu werden, denn Balsamos Worte schienen auch eine Wirkung auf ihn zu haben. Er fühlte sich benommen und glaubte, das Blut in seinen Ohren pochen zu hören.
    Lewis öffnete die Augen wieder und schüttelte den Kopf. Das Pochen blieb.
    Doch es schien von weiter her zu kommen als aus seinem eigenen Kopf. Zudem schienen auch die anderen es zu hören. Hardenberg warf ihm einen überraschten Blick zu, in dem ein Funken Hoffnung aufglomm. Bode drehte sich verwirrt um, in der Gruppe der Maskierten kam Unruhe auf, einzig Balsamo war in sein Tun vertieft.
    Das Pochen schwoll binnen weniger Lidschläge zum Hämmern an, und plötzlich barsten die Türen des Saales nach innen. Sowohl durch die Tür von Bodes Haus als auch von den unterirdischen Gängen her stürmten Soldaten in das Gewölbe ein. Die an den Türen postierten Verschwörer gingen zu Boden, wurden niedergerannt, sprangen aber sogleich wieder auf und begannen mit ihrer Gegenwehr. Fäuste und Klingen flogen und trafen.
    Jetzt brach ein ohrenbetäubender, sinnverwirrender Tumult los. Bode brüllte Befehle, seine maskierten Schergen bestätigten sie und richteten sogleich ihre Musketen auf die Angreifer. Diese schwärmten aus, suchten Deckung im Schutze der Säulen, und auch ihnen wurden Befehle entgegengeschrien. Lewis drehte sich verwirrt um, sah, dass Balsamo wie schlaftrunken umherwankte und Bode in die Richtung lief, in der ein helles Kleid im Dunkel schimmerte. Dann spürte er Hardenbergs Hand an seinem Arm, und im selben Augenblick hörte er die Stimme des Garnisonskommandeurs Wilhelm von Germar etwas brüllen, aus dem er nur Bruchstücke von Ergeben und Senken der Waffen verstehen konnte, so sehr hallte das Gewölbe von Stimmen und Schritten wider. Doch es kam noch schlimmer: In das Tönen von klingenden Waffen und das Ächzen der Kämpfenden brach ein Schuss! Im nächsten Augenblick stürmte ein wahres Gewitter von Pulverblitzen und Mündungsdonner los, als Soldaten und Maskierte nahezu blind aufeinander anlegten und feuerten. Lewis fühlte sich von Hardenberg zu Boden gerissen, im Fallen sah er, wie Goethe benommen die Beine ausstreckte und damit den vorbeitaumelnden Balsamo zu Fall brachte. Im Sturz riss der Goethe samt Sessel um und glücklich aus der Schusslinie. Schreie hallten, Kugeln schlugen in Mauern, und eine der Feuerschalen kippte, und aus ihr ergoss sich ein Schwall von Funken und glühenden Kohlestücken, die wie flammender Hagel durch den Raum flogen. Zwei Fahnen an den Wänden fingen Feuer, die Schriftstücke eines der niederen Regale gerieten in Brand, und die Flammen erhellten grell den
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