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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
Autoren: Alexander Röder
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während der Gatte ihr das Tablett dankend aus den Händen nahm. „Ich werde regelmäßig meine Aufwartung machen.“
    Eleonore Böttiger lächelte liebenswürdig. „Dann bestimme ich hiermit, dass diese Aufwartung täglich erfolgt. Sie werden nämlich mit uns essen. Es kann nicht in Ihrem Sinne sein, sich allmittäglich in Gasthäusern herumzutreiben, und da Sie so fleißig sein wollen, wird es uns eine Freude sein, Ihre Fortschritte mit unserer Sprache in dieser schönen Regelmäßigkeit abzufragen.“
    Lewis widersprach nicht, und Karl August Böttiger fragte sich erneut, ob er seine Frau nicht doch in seine Schultätigkeiten einbinden könnte.

    Wenige Stunden später war für Lewis ein annehmbares Quartier gefunden worden. Bei einer Witwe, die in der Rosmariengasse wohnte, gab es ein anständiges, sauberes Zimmer mit Kammer, in dem der junge Engländer unterkommen konnte. Die Wirtin war eine Anverwandte des Kalfaktors, der Böttiger am Gymnasium unterstand, und so war der kurzfristige Umzug vor keinerlei Probleme gestellt. Lewis wurde aus dem Hause der Böttigers verabschiedet – wenn auch nur für kürzeste Zeit, denn Eleonore schärfte ihm wiederholt die Essenszeit ein, drohte gar, ihn höchstpersönlich zu Tische zu treiben, wenn er nicht von selbst der Einladung nachkäme, und falls dem jungen Mann in den späten Stunden des Studierens, oder doch vielmehr der Eingewöhnung in sein neues Quartier, der Magen knurren würde, so sei auch dafür vorgesorgt. Ein kleines Bündel mit Brot und Zervelatwurst samt einem Fl ä schchen Wein wechselte den Besitzer. Lewis bedankte sich herzlich, grüßte mit dem dunklen Dreispitz, warf Karlchen, der erneut sehr misstrauisch dreinschaute – möglicherweise aber gar nicht damit aufgehört hatte – einen fröhlichen Blick zu und schritt vom Böttigerschen Haus in der Jakobstraße fort. Beim Tragen des Gepäcks half ihm der halbwüchsige Sohn des Kalfaktors. Auf dem Weg zur Rosmariengasse konnte Lewis auch die nahe Kirche in Augenschein nehmen, St. Peter und Paul, deren wuchtige Mauern mittelalterliche Kühle ausstrahlten.
    Kurz vor einem schmalen, weißen Haus, das, am Ende zweier Gassen stehend, in den eben überquerten Marktplatz hineinragte, hörte Lewis eilige Schritte hinter sich. Diese stammten, wie er unschwer erkannte, nicht von einem Mann, sondern klangen zierlich und leichtfüßig.
    Er drehte sich um und sah Eleonore Böttiger, die, kaum dass sie erkannte, bemerkt worden zu sein, mit einem Mal in eine wesentlich langsamere und galantere Gangart wechselte.
    Sie lächelte Lewis an, der verblüfft dreinschaute. „Herr Lewis“, sagte Eleonore. „Ich habe hier etwas für Sie, was ich im Beisein meines ... was ich zuvor vergessen hatte, Ihnen zu geben.“
    Damit überreichte sie ihm ein recht schweres Bündel von geringem Format, eingeschlagen in Papier und sorgfältig mit Kordel umknotet. Lewis dankte.
    „Öffnen Sie es erst in Ihrer neuen Bleibe, nein, Ihrer Studierstube und entscheiden Sie dann Ihren Prinzipien gemäß, ob Sie es benutzen mögen oder nicht. Ich muss jetzt zurück, mein Sohn braucht Zuwendung. Seit Sie das Haus verlassen haben, ist er ein wenig traurig.“
    Frau Böttiger lachte leise und wandte sich ab. „Spätestens morgen wird er aber wieder zufrieden sein, nicht wahr?“, sagte sie über die Schulter zurück und eilte gemessenen Tempos nach Haus.
    Lewis wog das kleine Bündel in seiner Hand, zuckte die Achseln und bedeutete seinem Helfer, der frech grinsend dastand, seine Last wieder aufzunehmen. Dann gingen sie weiter, in Richtung Eisfeld, und traten schließlich in die Rosmariengasse ein.
    Im Halbdunkel des engen Hohlwegs, den die Häuser bildeten, war es angenehm kühl. Die Dachrinnen ragten in den Streifen blauen Himmels, der sich über Lewis’ Dreispitz zeigte. Auf halber Strecke, einige Schritte vom Gassenende entfernt, öffnete sich eine schmale Tür, und eine ältliche, untersetzte Frau mit Schürze und Haube trat heraus. Sie reckte den dicken Hals und spähte misstrauisch in Richtung des Ankömmlings, bis dieser den Hut lüpfte. „Frau Recknagel?“
    Die etwas wässrigen, hellen Augen der Witwe Recknagel huschten hin und her und musterten Lewis in kürzester Zeit vom baren Scheitel bis zu den etwas staubigen Stiefeln. „Sie sind der junge Bursche, der bei mir wohnen soll?“, fragte sie barsch.
    Lewis zog unmerklich Luft durch die Zähne und schmunzelte. „In der Tat. Herr Böttiger hat mich Ihnen empfohlen.“ Der junge Mann
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