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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal
Autoren: Ken Follett
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»Herrgott, Peter Usher!« sagte er. »Das ist wirklich eine Überraschung. Willkommen in der Black Gallery!«
    Sie schüttelten sich die Hände. Peter sagte: »Du siehst aus, als ob's dir gut ginge.«
    »Eine notwendige Illusion. Aber dir geht's gut - mein Gott, ein eigenes Haus, eine Frau und ein Baby - von Rechts wegen müßtest du ja wohl in einer Mansarde schmachten, wie?« Er lachte bei diesen Worten.
    Peter blickte neugierig zu der Frau.
    »Oh, sorry«, sagte Julian. »Darf ich dich mit Samantha bekannt machen. Ihr Gesicht dürfte dir bereits bekannt sein.«
    »Hi«, sagte die Frau.
    »Natürlich!« rief Peter. »Die Schauspielerin! Sehr erfreut.« Er schüttelte ihr die Hand. Zu Julian sagte er: »Hör mal, könnten wir beide uns vielleicht einen Augenblick geschäftlich unterhalten.«
    Julian musterte Peter mit einem überraschten Blick. »Sicher«, sagte er.
    »Ich muß sowieso gehen«, versicherte Samantha. »Bis bald.«
    Julian öffnete ihr die Tür, kam dann zurück und setzte sich auf eine Packkiste. »Okay, alter Freund, schieß los.«
    »Ich bin von der Belgrave weg«, sagte Peter. »Und suche jetzt nach was neuem, wo ich meine Klecksereien aufhängen kann. Dies hier, meine ich, müßte genau der richtige Ort sein. Weißt du noch, wie gut wir beim Organisieren des Lumpenballs zusammengearbeitet haben? Ich glaube, wir könnten wieder ein prächtiges Team bilden.«
    Julian runzelte die Stirn und blickte zum Fenster. »Du hast in letzter Zeit nicht gerade blendend verkauft, Peter.«
    Peter schleuderte seine Hände in die Luft. »Also hör mal, Julian, du kannst mir doch keinen Korb geben! Ich wär' für dich ein Knüller.«
    Julian legte seine Hände auf Peters Schulter. »Ich möchte dir etwas erklären, alter Kumpel. Für den Start dieser Galerie hatte ich zwanzigtausend Pfund. Weißt du, wieviel ich davon bereits ausgegeben habe? Neunzehntausend. Und weißt du, wie viele Bilder ich davon gekauft habe? Nicht ein einziges.«
    »Wofür ist das alles weggegangen?«
    »Mietvorauszahlung, Einrichtung, Dekoration, Personal, Anzahlungen hierfür, Anzahlungen dafür, Werbung. Dies ist ein Geschäft, in dem man nur schwer Fuß faßt, Peter. Würde ich mich bereiterklären, deine Interessen zu vertreten, so müßte ich dir einen angemessenen Raum zugestehen - nicht bloß weil wir Freunde sind, sondern auch, weil man sich sonst erzählen würde, daß ich dich ausbeute, und das würde meiner Reputation schaden - du weißt doch, was für ein hämevoller kleiner Kreis dies ist.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Aber deine Sachen verkaufen sich nicht. Peter, ich kann es mir nicht leisten, den knappen und kostbaren Platz an den Wänden mit Arbeiten vollzuhängen, die ich nicht verkaufen kann. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind vier Londoner Galerien bankrott gegangen. Und es könnte nur allzu leicht auch mir so gehen.«
    Peter nickte langsam. Er empfand keinen Zorn. Julian gehörte nicht zu den fetten Parasiten der Kunstwelt - er befand sich auf dem Boden der Pyramide, gemeinsam mit den Künstlern.
    Es gab nichts weiter zu sagen. Langsam ging Peter zur Tür. Während er sie öffnete, rief Julian: »Tut mir leid.«
    Peter nickte wieder und ging hinaus.
    Um halb acht saß Peter Usher im Unterrichtsraum auf einem Stuhl, seine Schüler kamen herein. Als er seinerzeit diesen Job übernommen hatte - als Lehrer für Malerei im hiesigen Polytechnikum -, hatte er sich nicht träumen lassen, daß er für die zwanzig Pfund pro Woche, die ihm das einbrachte, einmal sehr, sehr dankbar sein würde. Die Unterrichterei selbst war todlangweilig, und unter den jungen Leuten gab es in jeder Gruppe bestenfalls einen, der einen Schimmer von Talent besaß; aber das Geld reichte so eben, um die Tilgungsraten für die Hypothek und die Rechnung beim Lebensmittelhändler zu bezahlen.
    Schweigend beobachtete er, wie die Schüler hinter ihren Staffeleien Platz nahmen und darauf warteten, daß er ihnen das Zeichen gab, mit der Arbeit anzufangen. Auf dem Weg hierher hatte er sich ein paar Drinks genehmigt: Die wenigen Schillinge dafür waren ein lächerlicher Klacks im Vergleich zu der Katastrophe, die ihn in seiner Karriere so unversehens getroffen hatte.
    Er war ein guter Lehrer, das wußte er: Den Schülern gefiel sein unverkennbarer Enthusiasmus und auch seine sehr direkte und nicht selten schmerzhafte Beurteilung ihrer Arbeiten. Und er hatte die Fähigkeit, ihr Können zu verbessern, sogar bei jenen, die überhaupt kein Talent besaßen; er
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