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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal
Autoren: Ken Follett
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Taschenrechner erinnerte Lampeth daran, daß sich die Agentur hauptsächlich mit Nachforschungen bei vermuteten Betrugsfällen befaßte. Doch übernahm sie auch das Aufspüren von Personen und - für Lampeth - Bildern. Die Agentur ließ sich ihre Dienste teuer bezahlen, worin Lampeth eine Art Gütesiegel sah.
    »Ein Glas Sherry?« fragte Lipsey.
    »Gerne.« Während Lipsey ihm aus einer Karaffe ein Glas vollschenkte, zog Lampeth die Postkarte hervor. Dann nahm er das dargebotene Glas und reichte Lipsey gleichzeitig die Karte. Lipsey setzte sich, stellte seinen Sherry auf den Schreibtisch, ohne davon zu trinken, und studierte die Karte.
    Eine Minute später sagte er: »Ich nehme an, daß wir das Bild für Sie finden sollen.«
    »Ja.«
    »Hmm. Haben Sie die Adresse Ihrer Nichte in Paris?«
    »Nein, aber meine Schwester - ihre Mutter - wird die Adresse wissen. Ich werde sie Ihnen besorgen. Allerdings wird Delia, wenn ich sie richtig kenne, Paris inzwischen verlassen haben -auf der Suche nach dem Modigliani. Es sei denn, das Bild befindet sich in Paris.«
    »Nun - dann bleiben uns wohl nur ihre dortigen Freunde. Und dieses Bild. Wäre es möglich, daß sie, um es mal so zu nennen, die Spur dieses großen Fundes irgendwo in der Nähe des Cafes aufgenommen hat.«
    »Das ist sehr wahrscheinlich«, sagte Lampeth. »Gut getippt. Sie ist ein impulsives Mädchen.«
    »Diesen Eindruck gewinnt man aufgrund ihres - äh - Stils. Aber wie veranschlagen Sie die Chancen? Was, wenn es nur blinder Alarm ist?«
    Lampeth hob die Schultern. »Eine solche Möglichkeit ist bei der Suche nach Bildern immer gegeben. Lassen Sie sich durch Delias Stil bloß nicht zu falschen Schlußfolgerungen führen -sie hat sich gerade eine Eins in Kunstgeschichte erworben, und sie ist eine sehr gescheite fünfundzwanzigjährige Dame. Wäre sie bereit, für mich zu arbeiten, so würde ich ihr auf der Stelle einen Job geben - schon damit keiner meiner Konkurrenten sie angeln kann.«
    »Und die Chancen?«
    »Fifty-fifty. Nein, besser - siebzig-dreißig. Zu ihren Gunsten.«
    »Gut. Glücklicherweise habe ich den richtigen Mann für diese Aufgabe gerade verfügbar. Wir können die Sache sofort in Angriff nehmen.«
    Lampeth stand auf, zögerte, zog die Stirn kraus: er schien nicht recht zu wissen, wie er ausdrücken sollte, was er Lipsey sagen wollte. Dieser wartete geduldig.
    »Also - es ist wichtig, daß das Mädchen nicht erfährt, daß ich die Nachforschungen in Gang gesetzt habe, verstehen Sie?«
    »Natürlich«, erwiderte Lipsey verbindlich. »Das ist doch selbstverständlich.«
    Die Galerie war voller Menschen, die sich eifrig unterhielten und einander zutranken. Sinn und Zweck des Empfangs war »PR-Arbeit« für eine kleine Sammlung deutscher Impressionisten, die Lampeth in Dänemark erworben hatte: Die Bilder mißfielen ihm zwar, doch war es ein guter Kauf. Bei den Gästen handelte es sich um Kunden, Künstler, Kritiker und Kunsthistoriker. Manche waren nur gekommen, um in der Belgrave gesehen zu werden: um die Welt wissen zu lassen, daß dies die Kreise waren, in denen sie sich bewegten; am Ende würden sie allerdings doch kaufen, um zu beweisen, daß sie nicht nur gekommen waren, um hier gesehen zu werden. Die meisten Kritiker schrieben über die Ausstellung, weil sie es sich einfach nicht leisten konnten, irgend etwas zu ignorieren, was die Belgrave tat. Die Künstler kamen wegen Appetithäppchen und Wein - kostenlose Stärkungen, die manche von ihnen sehr nötig hatten. Die womöglich einzigen, die sich ehrlich für die Gemälde interessierten, waren die Kunsthistoriker und ein paar ernsthafte Sammler.
    Lampeth seufzte und warf einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr. Anstandshalber würde er noch eine Stunde warten müssen, bevor er von der Bildfläche verschwinden konnte. Seine Frau weigerte sich schon seit langem, Galerie-Empfängen beizuwohnen. Sie seien grauenvoll langweilig, behauptete sie, und sie hatte recht. Nur zu gern wäre Lampeth jetzt daheim gewesen, in der einen Hand ein Glas Port, in der anderen ein Buch, bequem in seinen Lieblingssessel zurückgelehnt - einen alten Ledersessel mit harter Roßhaarpolsterung und einer verbrannten Stelle auf der Armlehne, wo er immer seine Pfeife hinzutun pflegte, seine Frau in einem Sessel ihm gegenüber, und Siddons käme ab und zu herein, um das Feuer aufzuschüren.
    »Wärst jetzt wohl lieber zu Hause, Charlie, wie?« Die Stimme erklang unmittelbar neben ihm und riß ihn aus seinen Gedanken.
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