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Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann
Autoren: Neal Asher
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zehntausend solcher Strukturen vorgenommen, um ihre Funktion zu erkunden. Ein weiteres Jahr Arbeit mit dieser Geschwindigkeit, und sie hatten vielleicht sogar ein Prozent geschafft. Mika wusste jedoch, dass sich dieses Tempo auf jeden Fall verändern würde. D’nissan entschlüsselte gerade in Zusammenarbeit mit einigen bordeigenen KIs und Jerusalem die Programmiersprachen der Dschaina, und man hatte schon die ersten neuen Methoden und neuen Ansätze entdeckt. Das alles erinnerte Mika an das umfassend dokumentierte Projekt zur Erforschung des menschlichen Genoms im zwanzigsten Jahrhundert. Damals hatten die Wissenschaftler vorhergesagt, das Projekt würde Jahrzehnte in Anspruch nehmen, aber als dann neue Computertechniken entwickelt wurden, gelang es denselben Wissenschaftlern, die Struktur der menschlichen DNA sehr schnell zu kartografleren. An Bord der Jerusalem genossen die Forscher noch den Vorteil, dass ihre Arbeit synergetischer Natur war: Je mehr sie über die Dschainatechnik herausfanden, desto mehr Werkzeuge erhielten sie damit für weitere Entdeckungen.
    Dieses spezielle Molekül präsentierte sich wie die anderen, die sie schon studiert hatte, als Maschine mit vielen Funktionen. Es verbreitete sich wie ein Virus, zerstörte aber nicht zwangsläufig die Zellen, in die es eindrang. Es war klein genug, um nur einen kleinen Teil der zellularen Maschinerie für die eigene Fortpflanzung zu benutzen, und seine Nachkommen hinterließen nur wenig Schäden, wenn sie die Reproduktionszelle verließen. Außerhalb der Zelle vervielfachte sich die Funktionalität des Moleküls. Es konnte nun andere Zellen zerstören, sie zu beschleunigter Teilung anregen und Nervenzellen zu wiederholter Signalabgabe bewegen. Es war außerdem programmierbar: Seine Funktion konnte verändert werden, sobald es sich in andere, nicht identifizierte Moleküle einstöpselte. Mika stellte fest, dass es nur einen winzigen Bruchteil jenes Teils der Dschainatechnik darstellte, mit dessen Hilfe Skellor menschliche Wesen in Besitz nahm.
    Eine Stunde später tauchte die Jerusalem plötzlich in den Subraum.
    »Wie es scheint, läuft die Party jetzt an anderer Stelle weiter«, sagte Jerusalem.
    Mika vermutete, dass die KI nicht die Variante mit Getränken und Kanapees meinte.
    Sie waren aus dem Subraum aufgetaucht, aber Cormac empfand die eigene Wahrnehmung des Wirklichen als dauerhaft geschädigt - als liefe ein Riss mitten hindurch. Alles Feste warf Echos in grauer Leere, und die abgestandene Luft an Bord schien eher ins Schiff hineinzuströmen, als durch einen großen Riss in der Nähe zu entweichen. Cormac starrte seine Schmalpistole an und erblickte in ihr sowohl ein Objekt als auch einen grauen Schlauch in die Unendlichkeit - genau so, überlegte er in beinahe hysterischer Erheiterung, wie es die Opfer erlebt hatten, die er damit getötet hatte. Als Cento die Brücke betrat, sah Cormac in ihm eine gefährliche, bewegliche Gestalt, die Laserschatten warf, und als der Golem seine APW abfeuerte, brannte das Feuer in negativen Farben.
    Die Detonation schleuderte Skellor an Cormac vorbei, sodass der Biophysiker wie eine schwarze Eisenstatue auf das Quarzfenster des Schiffs krachte. Das Fenster löste sich auf, und Skellor verschwand. Einen Augenblick lang glaubte Cormac, dass der Mann aus dem Schiff gerissen worden war, aber dazu war nicht mehr genug Luft an Bord vorhanden, und außerdem zeigte der verdrehte Blick auf die Realität Cormac jetzt flache Laserschatten, die sich oberhalb des Fensters an die Außenhülle schmiegten. »Töricht von ihm! Indem er mich umzubringen versuchte, hat er mich befreit«, war über Cormacs Verbindung zum Biophysiker zu vernehmen, nach einer Unterbrechung gefolgt von einem wütenden Aufheulen. Cormac drängte sich durch die Verbindung, versuchte zu sehen, was Skellor sah, wurde aus dem riesigen gebogenen Horizont nicht schlau.
    »Warum ist er so wütend?«, wandte der Agent sich mit Lippenbewegungen an Cento, als der Golem vor ihm stehen blieb.
    Cento antwortete über den Funk in Cormacs Schutzanzug: »Weil er sterben wird und sich nicht mehr retten kann. Das ist so unausweichlich wie die Schwerkraft.«
    Jetzt begriff Cormac. Er sah all die Kurven, den Berg, die Umstülpung, die derbraune Zwergstern im Subraum erzeugte.
    »Werden wir alle sterben?«, fragte er.
    In diesem Augenblick schoss etwas kaum Gesehenes zur Frontscheibe herein, zog seine Bahn durch die Brücke und prallte gegen Cento. Die APW flog dem Golem
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