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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler
Autoren: Will Lavender
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schienen einmal heftig zu zwinkern, aus und an. Alex lehnte jetzt am Gebäude, ihre Stirn berührte die raue Oberfläche der Ziegel, ein Schmerz, der sie daran erinnerte, dass sie da war. (Eine Erinnerung: Michael, wie er eines Abends auf einer Verbindungsparty eine perfekte Parodie von Aldiss lieferte. Seine Augen wurden schärfer, seine Stimme sank zu einem tonlosen, schaurigen Wispern herab, und alles an ihm veränderte sich. Gelächter um sie herum, aber alles, was Alex empfand, war eine kalte Bedrohung. Bitte hör auf, Michael , wollte sie sagen. Er wird es erfahren. )
    »Alles in Ordnung bei Ihnen?«, fragte der Dekan.
    »Sally«, brachte Alex heraus. »Ist sie …«
    Der Dekan antwortete nicht, und sein Ausweichen gab Alex die Antwort auf ihre Frage.
    »Lassen Sie mich erläutern, was wir wissen«, fuhr Rice fort.
    Er erzählte ihr die bekannten Details: Michael Tanners durchwühltes Haus, die Bibliothek voller herausgerissener Bücher, die inszenierten Anzeichen für einen Kampf, das Blut des jungen Professors in einer Art Rorschachbild an die Wand gemalt, seine Bücher sorgfältig auf dem Boden arrangiert, Sally Tanner, die nach Hause kam und die Leiche ihres Mannes fand. Das alles kam ihr schmerzlich bekannt vor. Dumant University, dachte Alex . Wer auch immer das getan hat, hat die Morde in Dumant kopiert. Mein Gott.
    »Die Polizei von Jasper hat gerade erst die Ermittlungen aufgenommen«, sagte Rice. »Im Moment gibt es ein paar Spuren. Und der Tatort – sie vermuten, dass er inszeniert wurde. Es gibt keine Anzeichen eines Einbruchs, sodass ihre Theorie ist, dass Dr. Tanner seinen Angreifer gekannt haben muss.« Alex konnte fast hören, wie der Mann zusammenzuckte.
    »Was bedeutet das alles?«
    »Es könnte gar nichts bedeuten. Der Professor könnte einen gestörten Studenten verärgert haben, oder vielleicht wusste jemand von seiner Geschichte als Student an diesem College. Aber angesichts dessen, was den Opfern vor siebenundzwanzig Jahren in Dumant passiert ist … ziehen wir natürlich alles in Erwägung.«
    Alles . Das Wort irritierte sie. Was er meinte, war alle .
    »Wir sind ein kleines College, Dr. Shipley. Sie wissen das so gut wie jeder andere. Wir sind nicht Harvard. Wir haben uns immer über unsere Größe definiert. In den Broschüren nennen wir uns gemütlich, und wir benutzen das Wort völlig ohne Ironie. Wir glauben an unsere Insellage. Nichts Vergleichbares ist je in Jasper geschehen. Alle stehen unter Schock.«
    »Haben Sie mit Richard Aldiss gesprochen?«, fragte sie.
    Noch eine Pause. Sie wusste genau, was sie bedeutete.
    »Das ist der Grund für meinen Anruf heute Abend«, sagte Rice. »Wir dachten, dass Sie das vielleicht für uns tun könnten.«
    Später lagen sie und Peter im Bett.
    »Du musst nicht dorthin zurückkehren«, sagte Peter.
    »Doch.«
    »Wir müssen nichts tun, was wir nicht tun wollen, Alex.«
    Sie antwortete ihm nicht. Sie wusste, wie unwahr das war.
    Er vergrub sich in ihrem Haar, atmete warm in ihr Ohr. Normalerweise machte sie das an, aber heute Nacht nervte es sie nur. Die Chemical Brothers liefen auf der Stereoanlage. Sie lebten ein Studentenleben, und Peter wollte nichts anderes. Aber in letzter Zeit hatte Alex sich etwas anderes gewünscht. Etwas Tiefergehendes. Sie wusste, dass das mit ihm nicht ging. Vielleicht hatte sie es immer gewusst.
    »Wieso«, sagte Peter, »sprichst du nie über deine Vergangenheit?«
    »Worüber sollte ich denn reden?«
    »Über Narben.«
    »Ich habe keine.«
    »Ich sehe sie überall an dir, Alex.« Er fuhr mit einer Hand über ihren Bauch und malte einen Kreis um ihren Nabel. Manchmal schrieb er dort Worte, antike Verse, die sie erraten musste. »Ich kann sie fühlen.«
    »Wir haben alle Narben.«
    »Manche von uns mehr als andere.«
    »Ich bin ein typisches Mädchen aus Vermont. Bin in Vermont aufgewachsen und habe dort studiert. Du weißt das alles, Peter.«
    »Ich weiß von dem Seminar, Alex. Ich weiß, dass du eine Heldin warst. Aber es wirkte immer so …« Sie sah ihn an. »Als hättest du mir nie die ganze Geschichte erzählt.«
    Sie rollte sich zur Seite. »Nicht heute Nacht.«
    »Ist es Aldiss?«, fragte Peter. »Steckt er wieder in Schwierigkeiten?«
    Sie spannte sich an und hoffte, dass er es nicht merkte. Sie sprach mit ihm nur selten über Aldiss und den Abendkurs, und normalerweise musste Peter die Informationen aus ihr herauspressen.
    »Hat er es getan?«
    »Nein«, sagte sie hitzig, abwehrend, »natürlich
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