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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler
Autoren: Will Lavender
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mehr als ein Spiel. Was ich getan habe, Alex, hieß: Fallows wirklich zu begreifen. In seinen Kopf zu schauen. Man kann ihn nicht durch reine Lektüre analysieren, durch euren unschuldigen kleinen Abendkurs. Die einzige Möglichkeit, diese Romane zu erschließen, bot sich durch die Prozedur. So wurde ich erleuchtet.«
    Lass ihn weiterreden, Alex. Finde heraus, wie er es getan hat, dann lass ihn sich gegen sich selbst wenden. Du kannst das. Sie zwang sich zu sprechen. »Ich verstehe es nicht, Matthew. Wann haben Sie das Manuskript gefunden? Wie sind Sie uns dabei zuvorgekommen?«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Es gab immer Gerüchte, dass ein dritter Fallows existiert, und in Rock Mountain wurde mir klar, dass Aldiss ihn gefunden haben musste. Aber ich konnte nicht herausfinden, wo er ihn versteckt hatte, egal wie oft ich seine Zelle durchsuchte. Nach seiner Freilassung machte ich mit meiner Suche weiter. Ich war verzweifelt, begierig darauf, das Spiel weiterzuspielen, und es schien nur einen Ort zu geben, wo ich weitersuchen konnte. Du kommst langsam mit, wie ich sehe.«
    Alex nickte. Die Kartons in Fisks Büro, auf denen ALDISS stand. Vor fünfzehn Jahren, es war alles da.
    »Ja, ich wusste, dass Stanley einen regen Briefkontakt mit Aldiss hatte. Wusste, dass er über die Jahre viele, viele Kartons mit Papieren nach Rock Mountain geschickt hatte. Und ich vermutete, sollte Aldiss irgendwem das Manuskript anvertrauen, dann wäre das Fisk.« Er machte eine Pause. »Nachdem ich vom College angestellt worden war, brauchte ich nur ein paar Monate, um das Manuskript in seinem Haus zu finden. Ich las es und erkannte sofort, was Aldiss getan hatte. Er hatte auch ein Spiel gespielt: neun Opfer im Manuskript, neun Studenten im Abendkurs. Es war sein cleverer Weg, die Prozedur aus seiner Gefängniszelle heraus weiterzuspielen. Aber ich kannte einen besseren Weg. Einen reineren Weg.«
    Alex blickte zur Wand. Sie konnte ihn nicht länger ansehen, konnte es nicht länger ertragen, seiner Geschichte zu folgen. Aber Owen streckte die Hand ins Licht und fasste ihr Gesicht. Er drehte ihren Blick zu sich und hielt sie fest, ihre Wangen schmerzhaft zusammengedrückt, sodass sie ihn sehen konnte, während er sprach, sodass sie sehen konnte, wie genau es endete.
    »Du hast Fallows ausgelöscht«, sagte er. »Aldiss hat dich zu ihm geführt, und du hast die Legende der Karte zerstört. Alles, was wir dann noch hatten, waren die Durchgänge, die sich durch die Prozedur öffneten. Als ich das Manuskript fand, suchte ich nach diesen Durchgängen. Und als ich sie fand, begann ich zu verstehen. Mir wurde klar, wie ich die Prozedur ins Leben rufen könnte.«
    Eine Zeile aus dem Manuskript blitzte in ihrem Kopf auf: Vielleicht hatte er sich rückwärtsbewegt, hatte seinen Plan am falschen Ende begonnen. Diese Worte enthielten etwas, etwas, das ihr die Flucht aus dieser Hölle ermöglichen könnte. Ja, es lag jetzt genau vor ihr, die Verbindung, die Owen die ganze Zeit nicht gezogen hatte. Das Ende …
    »Fallows ist tot«, sagte sie trotzig und sah ihm in die Augen. »Sie haben versagt.«
    Owen lächelte mitleidig. »Du begreifst immer noch nicht, Alex. Ich bin weitergegangen als Fallows. Ich habe ihn übertroffen. Durch die Prozedur bin ich ins schlagende Herz seines Manuskripts vorgedrungen. Es war wie … Ekstase. Eine Offenbarung.« Er zögerte, warf einen Blick nach hinten zu Aldiss’ zusammengesunkenem Körper. »Ich brauche Fallows nicht. Ich bin zu ihm geworden .« Owen schloss bei diesem Gedanken kurz die Augen, und ein Lächeln glitt über sein Gesicht.
    Alex wusste, was sie zu tun hatte.

Iowa
    1994
    52
    »Mein Charlie ist anders«, sagte Lydia Rutherford. »Ich wusste es von Anfang an. Zunächst hatte mein Ehemann Angst vor Charlie. Er wollte ihn nicht auf den Arm nehmen. Vielleicht sah er sich in dem Jungen gespiegelt. Vielleicht wusste er, was unweigerlich geschehen würde.«
    Alex starrte die Frau und den Mann neben ihr an. Die Musik des Zeichentrickfilms drang durch den Flur bis in das winzige Zimmer. »Was ist passiert?«, brachte sie hervor.
    »Sehen Sie das nicht?«, sagte die Frau und lächelte zum ersten Mal. »Kannst du dir das nicht zusammenreimen, Klugscheißer? Mein Ehemann war ein Ghostwriter.«
    Alex betrachtete die Frau, das Beil, das sie in der Hand hielt. »Ich … ich verstehe nicht.«
    »Er hatte so lange über Frauen geschrieben, darüber, sie zu zerstören«, fuhr Lydia fort. »Wenn er in die Stimmung kam, bin
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