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Der Meisterdieb

Der Meisterdieb

Titel: Der Meisterdieb
Autoren: Hans Kneifel
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ein Vertrauter Arrufs empfohlen. Aber diese Geschichte erfahrt ihr am besten von Croesus.«
    Mythor sollte noch lange an diese Nacht denken. Es waren Stunden voller zärtlicher Leidenschaft, die bis zum Morgengrauen dauerten. Sie ließen ihn für eine Weile vergessen, dass er sich trotz dieses Zwischenspiels im Zentrum der Gefahren befand und dass Sarphand als Ausgangspunkt eines neuen Vorstoßes ins Unbekannte auch nur eine Stadt unter vielen war, ein Punkt an der Straße der Abenteuer.
    Mythor wandte sich voller Verblüffung an Luxon. Er deutete auf die moderbeschichteten Quader, auf die Wände, von denen fauliges Wasser troff, auf die nackt zutage tretenden Felswände. »Das hier… das soll deine Schatzkammer sein?«
    Luxon hob die Schultern und winkte dem Wächter, der sämtliche Waffen trug und schweigend näher kam.
    »Würdest du in diesem Palast, den du nun einigermaßen kennst, etwas sorgfältig verstecken wollen – an welcher Stelle würdest du es tun?«
    Mythor zog unwillig die feuchtklamme Luft durch die Nase und gab zu: »Vermutlich an keiner anderen Stelle.«
    Mehrere Fackeln verbreiteten Licht in dem kleinen Gelass. Der Raum war, abgesehen von einigen Bildwerken aus dunklem Stein, völlig leer. Der Boden aus schwarzen Steinplatten und die schmale Treppe aus demselben Material waren sauber. Es gab also keine Fußspuren. Ein verirrter Sonnenstrahl fiel durch ein winziges Loch unter der wuchtigen Decke und zeigte staubverkrustete Spinnennetze. Luxon löste einen verborgenen Metallstift im Sockel einer Figur, drehte die halb mannshohe Figur nach rechts und nach links und kippte sie nach vorn. In drei Schritt Entfernung klappte ein Stück Fels heraus. Mythor bemühte sich, die Nahtstelle zu erkennen, aber der Stein war derart kunstvoll bearbeitet, dass niemand den haarfeinen Spalt sah. Luxon wiederholte die Bewegung und zog dann aus dem Gürtel zwei verschieden geformte Schlüssel.
    »Ich weiß, dass du misstrauisch sein musst«, sagte er leise. »Überzeuge dich selbst. Wir sind sicher. Probiere die Schlüssel aus!«
    Im Fels befanden sich zwei Löcher. Eines war rund, das andere länglich. Mythor versenkte die beiden Schlüssel, die mehr aussahen wie eigentümliche Amulette, in die Öffnungen. Nur dann, wenn gleichzeitig beide Schlüssel gedreht wurden, öffnete sich an wiederum einer anderen Stelle der Wand ein kantiges Stück des Felsens. Dahinter befand sich eine kleine Kammer. Sie war aus dem Fels geschlagen worden, und in den Fächern und Nischen standen große und kleine Krüge, Kassetten und Kistchen, aus denen Ketten und Geschmeide hervorquollen. Es war die Schatzkammer Luxons, überreich gefüllt. Die drei Männer bückten sich und traten ein.
    Luxon steckte eine Fackel in die Wandhalterung und deutete auf die matt schimmernden Münzrollen. »Nur vier Menschen, dich eingeschlossen, wissen von dieser Kammer. Niemand wird die Waffen antasten, außer uns beiden. Gleichzeitig.«
    »Wie lange werden die Waffen hier bleiben?« fragte Mythor.
    »Bis die Entscheidung endgültig gefallen ist!« beharrte Luxon. Der Sonnenschild wurde gegen einen Stapel von Metallbarren gelehnt, Sternenbogen und Mondköcher hingen kurz darauf an einem goldenen Knopf, der Helm der Gerechten wurde neben zwei Krügen voller funkelnder Silbermünzen abgelegt, und das Gläserne Schwert lag schließlich in einem Fach, in dem nur einige winzige | Goldfiguren standen.
    »Zufrieden?« fragte Luxon.
    »Dieses Wort werde ich erst gebrauchen, wenn ich als der Sohn des Kometen anerkannt bin«, sagte Mythor und setzte ein kaltes Grinsen auf.
    »Oder wenn ich diese Gewissheit habe«, versetzte Luxon voller heiterer Liebenswürdigkeit.
    Sie warfen einen letzten Blick in die Runde. Das Gold und die anderen Kostbarkeiten funkelten verwirrend, aber Mythor hatte nur Augen für seine Waffen. Er verließ vor Luxon die Schatzkammer und wartete. Noch steckten die Schlüssel in den winzigen Löchern. Luxon lächelte Mythor wieder gewinnend an, aber er vermochte ihn nicht zu überzeugen.
    Sie bewegten die Schlüssel, die Schatzkammer schloss sich fast geräuschlos. Mythor sagte: »Gib mir den flachen Schlüssel, Luxon!«
    »Gern.«
    Der Wächter zog zwei dünne, weiche Lederschnüre aus der Tasche, fädelte sie durch die Ösen der Schlüssel und gab Luxon und Mythor die Schlüssel zurück. Luxon wusste, dass diese Amulette so dürftig und ärmlich aussahen, damit sie bei dem ärmsten Dieb keinen begehrlichen Blick hervorrufen würden. Die Klappe
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