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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde
Autoren: Stefan Wolf
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einer Ewigkeit. Als
wüsste sie alles über mich und hätte nie mein Vertrauen missbraucht. Aber, zum
Henker, ich kann ihr doch nicht sagen, wer ich wirklich bin. Der so genannte
Meisterdieb, wie mich die Presse getauft hat, taucht nur zu oft in den Medien
auf. Auch im europäischen Ausland. Tja, als Einzeltäter bin ich fast schon ein
Globalplayer (sonst: Konzern oder Unternehmen mit weltweiter Ausbreitung).
    „Dass du gut und
unverwechselbar aussiehst“, sagte Helga, „kann auch gefährlich sein.“
    „Aha!“
    „Erinnerst du dich an Astrid
von Fritsche-Schönwald?“ Beinahe wäre er zusammengezuckt. Sein bestrickendes
Lächeln wurde etwas mühselig. Und jetzt wusste er, dass er Helga nichts
vormachen konnte.
    „Ich erinnere mich.“
    „Ich nehme an, sie ist die
einzige Zeugin, die dir gefährlich werden könnte. Weil sie als Einzige den
Meisterdieb überrascht und ohne Maske gesehen hat. Du musst ihr dein Gesicht ja
buchstäblich hingehalten haben. So genau hat sie dich beschrieben. So genau war
das Phantombild von dir in der Zeitung. Ich jedenfalls habe dich sofort
erkannt.“
    „Offenbar erinnern sich nicht
nur deine Ohren. Du hast auch ein optisches Gedächtnis.“
    „Habe ich. Und ich dachte: Sieh
einer an! Wie wir uns ähneln. Als hätten wir uns abgesprochen. Wir machen das
Gleiche. Haargenau. Wir beuten einsame Herzen aus. Und wir sind Einbrecher.
Allerdings bist du auch Raubtäter. Du kannst gewalttätig sein. Das traue ich
mich nicht. Aber ich bin ja auch“, sie lächelte hinreißend, „eine Frau.“
    „Du machst Einbrüche?“, fragte
er erstaunt.
    „Wie du. Nur ein paar Nummern
kleiner. Nicht so gekonnt.“
    „Ich bestelle noch zwei
Cognac.“
    „Mindestens.“ Sie wartete ab,
bis er das veranlasst hatte. Dann: „Die Phantomzeichnung damals — hattest du
Probleme?“
    „Nicht die Spur. Nichts. Ich
war natürlich beunruhigt. Einige der geprellten Damen, dachte ich, werden sich
melden. Aber entweder sind das alle keine Zeitungsleser oder sie haben mir
verziehen.“
    „Jean im Glück.“
    „Hoffentlich.“
    Der nächste Cognac wurde
gebracht. Die Serviererin fragte, ob sie kassieren dürfe, sie werde gleich
abgelöst. Wenk gab ein großzügiges Trinkgeld. Die Frau dankte erleichtert.
Vielleicht hatte sie befürchtet, das ramponierte Pärchen würde die Zeche
schuldig bleiben.
    „Wir sollten auf du trinken“,
schlug er vor. „Was meinst du?“

    Sie lachte. „Da wir uns schon
eine ganze Weile duzen, vermute ich, es geht dir nur darum, mich zu küssen.“
    „Stimmt.“
    „Sag mir erst, wie es
weitergeht?“
    „Ich bleibe eine Weile hier.
Ich habe viel vor. Lohnende Coups. Aber gefährlich. Ich könnte einen Partner
gebrauchen. Besser noch: eine Partnerin mit Erfahrung. Ich mache sehr viel
Geld. Denn ich klaue nicht nur Schmuck und Geld. Ich klaue auch heiße Unterlagen
aus den Safes. Verträge, geheime Abmachungen, Forschungsberichte — Sachen, mit
denen man die Leute erpressen kann. Das ist lukrativ (Gewinn bringend). Aber die Zahl meiner Feinde wächst täglich. Es sind einflussreiche, großkotzige
Typen. Eines Tages werden sie sich zusammentun und Jagd auf mich machen.“
    „Wir hören vorher auf.“
    Sein Lächeln wurde wärmer.
„Wir?“
    „Hast du hier schon eine
Adresse?“
    „Ich wollte mir was mieten.“
    „Vergiss es! Kannst bei mir
einziehen. Und das ist nicht in Bad Schanzlahr. Das habe ich nur geflunkert.“
    „Ich glaube, ich fange an, mich
in dich zu verlieben.“
    Sie lachte. „Sagt das der
Heiratsschwindler oder der Meisterdieb?“
    „Das sagt Jean-René Wenk.“
    Helga schwieg und senkte den
Blick. Wenk fragte, ob er noch eine Runde Cognac bestellen sollte.
    „Lieber nicht, Jean. Denn
eigentlich habe ich heute noch was vor. Dazu brauche ich einen klaren Kopf. Ich
habe die Sache geplant. Ich kann sie nur heute durchziehen. Donnerstags, am
späten Nachmittag — da ist Heribert Kulse immer sternhagelvoll. Keine Ahnung,
warum er den Donnerstag wählt für seine alkoholische Ausschweifung. Jedenfalls
kann ich dann ohne Probleme in seine Villa einsteigen — rückseitig.“
    Wenk hob eine Braue, eine
Geste, die bei den meisten Menschen albern wirkt. Ihm stand sie gut.
    „Wie du dir denken kannst,
Helga, sammele ich Infos und Hinweise wie ein Besessener. Bevor ich mich
entschlossen habe, hier anzudocken, ist Vorarbeit gelaufen. Ich habe mich
schlau gemacht über das, was hier läuft. Wer ist wer — in der Ober- und Unterwelt.
Von einem alten, stinkreichen
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