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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister
Autoren: Tess Gerritsen
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wären. Der Nylonflor des blassrosafarbenen Teppichs war in zwei Bahnen, die vom Bett zur Tür führten, plattgedrückt.
    Rizzoli sagte leise: »Sie sind beide aus dem Bett gezerrt worden.«
    Korsak nickte. »Unser Täter überrascht sie im Bett. Überwältigt sie irgendwie, fesselt sie an Händen und Füßen. Er schleift sie über den Teppich hinaus auf den Flur, wo das Parkett anfängt.«
    Die Handlungen des Mörders waren ihr ein Rätsel. Sie stellte sich vor, wie er dort gestanden hatte, wo sie jetzt stand, und auf das schlafende Paar herabgesehen hatte. Im Licht, das durch vorhanglose Fenster hoch über dem Bett ins Zimmer gefallen war, würde er gleich erkannt haben, wer der Mann und wer die Frau war. Er würde sich zuerst Dr. Yeager vorgenommen haben. Es war nur logisch, so vorzugehen – den Mann zuerst zu überwältigen und sich die Frau für später aufzuheben. So weit konnte Rizzoli sich alles gut vorstellen. Das Anschleichen an die Opfer, die erste Attacke. Aber was dann kam, konnte sie nicht mehr nachvollziehen.
    »Warum hat er sie in das andere Zimmer geschleift?«, fragte sie. »Warum hat er Dr. Yeager nicht gleich hier getötet? Was hat er damit bezweckt, dass er sie aus dem Schlafzimmer gebracht hat?«
    »Ich weiß es nicht.« Er deutete auf die offene Tür. »Es ist schon alles fotografiert. Sie können reingehen.«
    Es kostete sie Überwindung, den Raum zu betreten, und sie mied sorgfältig die Schleifspuren, als sie auf das Bett zuging. Weder auf dem Bettlaken noch auf den Decken konnte sie Blutflecken entdecken. Auf einem Kopfkissen lag ein langes blondes Haar – das musste Mrs. Yeagers Seite gewesen sein, dachte sie. Sie drehte sich zur Kommode um. Das gerahmte Foto eines Paares, das darauf stand, lieferte ihr die Bestätigung, dass Gail Yeager in der Tat blond war. Und sehr hübsch – mit wasserblauen Augen, die tiefbraune Gesichtshaut mit winzigen Sommersprossen gesprenkelt. Dr. Yeager hatte ihr den Arm um die Schultern gelegt. Er strahlte das robuste Selbstvertrauen eines Mannes aus, der um seine imponierende Erscheinung weiß. Kein Mann, von dem man sich vorstellen konnte, dass er eines Tages tot in seinem Wohnzimmer liegen würde, nur mit einer Unterhose bekleidet und an Händen und Füßen gefesselt.
    »Es liegt auf dem Stuhl«, sagte Korsak.
    »Was?«
    »Sehen Sie selbst.«
    Sie drehte sich um und erblickte in der Zimmerecke einen antiken Stuhl mit hoher Rückenlehne, auf dem ein zusammengefaltetes Nachthemd lag. Als sie näher trat, sah sie die leuchtend roten Spritzer auf dem cremefarbenen Satin.
    Sofort stellten sich ihre Nackenhaare auf, und für ein paar Sekunden vergaß sie schier zu atmen.
    Sie griff nach dem Kleidungsstück und hob eine Ecke an. Auch an der Unterseite waren Blutflecken.
    »Wir wissen nicht, um wessen Blut es sich handelt«, sagte Korsak. »Es könnte von Dr. Yeager sein, es könnte aber auch von seiner Frau stammen.«
    »Die Blutflecken waren schon darauf, bevor es zusammengefaltet wurde.«
    »Aber es gibt im ganzen Zimmer keine weiteren Blutspuren. Und das bedeutet, dass das Nachthemd die Spritzer in dem anderen Raum abbekommen hat. Danach hat er es hierher ins Schlafzimmer gebracht. Und es fein säuberlich gefaltet, um es wie ein Abschiedsgeschenk auf diesem Stuhl zu platzieren.« Korsak hielt einen Moment inne. »Erinnert Sie das an irgendwen?«
    Sie schluckte krampfhaft. »Das wissen Sie ganz genau.«
    »Dieser Killer hat die Signatur Ihres Knaben kopiert.«
    »Nein, das hier ist etwas anderes. Etwas ganz anderes. Der Chirurg hat nie Paare überfallen.«
    »Das zusammengefaltete Nachthemd. Das Klebeband. Die Opfer, die im Bett überrascht wurden.«
    »Warren Hoyt war hinter allein stehenden Frauen her. Er hat sich Opfer ausgesucht, die er schnell und mühelos überwältigen konnte.«
    »Aber Sie dürfen auch die Parallelen nicht übersehen! Ich sage Ihnen, wir haben es hier mit einem Nachahmungstäter zu tun. Mit irgendeinem Spinner, der alles über den Chirurgen gelesen hat.«
    Rizzoli starrte immer noch das Nachthemd an. Sie dachte an andere Schlafzimmer, die sie gesehen hatte, andere Schauplätze des Todes. Es war in einem unerträglich heißen Sommer passiert, ähnlich dem, den sie jetzt erlebten; die Frauen hatten bei offenem Fenster geschlafen, und Warren Hoyt hatte sich in ihre Wohnungen geschlichen. Er hatte seine düsteren Fantasien mitgebracht und seine Skalpelle, die Instrumente, mit denen er seine blutigen Rituale an den Opfern vollführte – an
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