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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu
Autoren: Franziska Gehm
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stehen. Er wirbelte mit ausgestreckten Handkanten herum und fauchte seinen Verfolger an.
    Bajar, der damit nicht gerechnet hatte, flog direkt mit dem Kopf auf Keruls Handkanten.
    Bajar knurrte, weil er sich den Kopf gestoßen hatte.
    Kerul schrie, weil ihm die Handkanten wehtaten.
    Die Zuschauer grölten. Endlich passierte etwas!
    Kerul musterte seine Handkanten, vergaß dabei das Fliegen und stürzte nach unten in eine Baumkrone.
    Bajar vergaß niemals irgendetwas. Er schoss nach unten auf die Baumkrone zu, fuchtelte mit Armen und Beinen und zerfetzte die Zweige und Blätter, die ihm im Weg waren, in der Luft. Es sah aus, als wäre ein Mähdrescher eingefallen. Bajar war wütend. Sehr wütend. Erst war ihm Kerul vor den Augen aller Dorfbewohner vor der Nase herumgeflogen, dann war es ihm sogar gelungen, ihn zu überraschen und einen Treffer mit den Handkanten zu landen. So weit, fand Bajar, hätte es nie kommen dürfen. Der Kampf ging für seinen Geschmack sowieso schon viel zu lange. Es war Zeit, die Kinkerlitzchen zu beenden und ernst zu machen. Zu kämpfen wie echte Vampgolen. Wong. Dong. Rattatazong!
    Kerul hockte wie ein Eichhörnchen mitten im Baum und hörte, wie sein Gegner immer näher kam. Blätter und Zweige rieselten auf seinen Kopf. Bajar schnaufte und fauchte. Dann sah er die dunkelblauen Augen des Gegners durch das Laub schimmern. Kerul ging auf einem dicken Ast in Kampfstellung.
    Kaum hatte Bajar seinen Gegner entdeckt, sprang er mit einem ausgestreckten Bein auf ihn zu. Das Bein streifte Kerul an der Hüfte, er taumelte einen Moment, dann fiel er vom Ast. Als er auf einem Ast weiter unten landete, stand Bajar bereits wieder vor ihm. Er hatte alle vier Eckzähne ausgefahren und stieß sie Kerul fauchend entgegen.
    Die Zuschauer, die sich um den Baum herum versammelt hatten, jubelten. Ja, das war ein Drakung-Fu-Kampf, wie sie ihn liebten!
    Kerul nahm Bajars Herausforderung an. Er entblößte seine Eckzähne. Er fauchte.
    »Die sind ja kleiner als die Milchzähne von meinem Enkel!«, rief jemand.
    Einige Zuschauer lachten.
    Doch Kerul hörte sie nicht. Er konzentrierte sich vollkommen auf sein vor Wut keuchendes Gegenüber. Mit einem Ruck stieß Bajar den Kopf vor und seine Eckzähne prallten mit Keruls spitzen Zähnen aneinander. Sofort legte Kerul den Kopf schräg und stieß zurück. Es schien Bajar nicht das Geringste auszumachen. Er rückte weiter vor und stieß dabei unablässig mit den Eckzähnen nach Kerul.
    Kerul konnte gar nicht so schnell gucken, wie Bajar den Kopf hin und her drehte. Linke Eckzähne, rechte Eckzähne, linke Eckzähne, rechte Eckzähne.
    Die Zähne prallten aufeinander. Knirsch. Wusch. Ratsch.
    Kerul hielt so gut er konnte dagegen an, doch er wurde auf dem Ast immer weiter von Bajar zurückgedrängt.
    Bajar hatte nicht nur sehr lange, kräftige und spitze Eckzähne, er beherrschte die Eckzahnkampfkunst auch perfekt. Jeder Hieb saß, genau und präzise, als würde Bajar mit vier Säbeln gleichzeitig fechten.
    ZISCH!, machte es und Kerul spürte einen eisigen Hauch über seinen linken Arm fahren. Bajars Eckzahn verfehlte Kerul nur um Millimeter. Kerul warf zur Sicherheit einen kurzen Blick auf seinen Arm. Doch das reichte aus, um Bajar den nächsten Vorteil zu verschaffen. Er drängte Kerul immer weiter auf das Astende zu. Der Ast wackelte bedrohlich unter dem Gewicht der beiden jungen Krieger.
    Kerul bemerkte es kaum. Verbittert kämpfte er gegen Bajars lange Eckzähne an. Er schob den Kopf vor, riss den Mund weit auf und stieß dem Gegner seine Eckzähne, so kraftvoll er konnte, entgegen.
    Zack! Zong! Klong! Rattatazo -
    Plötzlich erstarrten Kerul und Bajar in der Bewegung.
    Durch die Zuschauermenge ging ein entsetztes Raunen.
    Die Eckzähne der beiden Krieger hatten sich ineinander verkeilt. Einen Moment verharrten sie so, Zahn an Zahn, Auge in Auge. Keruls Blick flog hastig über Bajars Gesicht. Auf seiner Stirn war kein einziger Schweißtropfen zu sehen. In seinen dunkelblauen Augen loderten Zorn und Unerschrockenheit. Als Kerul diese Augen sah, fasste er einen Entschluss. Er beschloss, genauso unerschrocken zu sein. Er versuchte sich einzureden, Bajar wäre nur ein einfacher, aber sehr ausgewachsener Maralhirsch. Und bisher war Kerul mit jedem Maralhirsch fertig geworden.
    Von einer Sekunde auf die nächste verschwanden Bajars Augen. Kerul wurde durch die Luft gewirbelt. Bajar hatte Kerul mit einem Ruck über den Kopf geschleudert. Die verkeilten Eckzähne lösten sich
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