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Der Medicus von Heidelberg

Der Medicus von Heidelberg

Titel: Der Medicus von Heidelberg
Autoren: Wolf Serno
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gelegen?
    Ich begann zu zweifeln. Brütete dumpf vor mich hin. Fragte mich, ob ich alles nur geträumt hatte. Irgendetwas musste geschehen. Ich musste Gewissheit haben. Ich hob den Kopf und schrie, so laut ich konnte: »He, Kerkerknecht, du hirnloser Hurenbock! Komm sofort her!«
    Ich wartete, aber nichts regte sich.
    »He, Hurenbock, wo treibst du dich herum?«
    Schlurfende Schritte. Die Tür öffnete sich. Breitbeinig stand mein Peiniger im Licht.
    »Komm schon her, oder hast du Angst?«
    »Halt’s Maul!«
    »Feiger Fettwanst!«
    »Halt’s Maul, hab ich gesagt!«
    Ich holte tief Luft und spuckte meinem Peiniger ins Gesicht.
    Das reichte. Mit einem Wutschrei stürzte er sich auf mich und versetzte mir einen Faustschlag, der meinen Kopf zur Seite riss. Ich verlor fast die Besinnung. »Schlag nur zu, Hurenbock!«
    Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Weitere Schläge prasselten auf mich ein.
    »Du Dreck, du Abschaum!«
    Noch mehr Schläge. Blut lief mir das Gesicht herunter, die Augen schwollen mir zu. »Du bist ein Arschkriecher und Speichellecker, das hat die Prinzessin auch gesagt.«
    Er stutzte, dann grunzte er: »Die Schlampe, die! Ich hätt’s ihr auch besorgen sollen wie der Heddi«, und schlug weiter auf mich ein, bis ich das Bewusstsein verlor.
    Als ich erwachte, konnte ich mich kaum bewegen. Ich war steif vor Schmerzen. Doch die Schmerzen waren süß und willkommen. Sie waren der Beweis dafür, dass mir kein Tagtraum und kein Trugbild einen Streich gespielt hatte. Meine Prinzessin war wirklich bei mir gewesen. Ich lachte vor Erleichterung. Leise erst, dann immer lauter. Ich lachte und lachte, bis mir vor Lachen die Tränen kamen.
    Ich war der glücklichste Mensch auf Erden.

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    Nachbemerkung
    D er Begriff Kaiserschnitt, medizinisch
Sectio caesarea,
war im sechzehnten Jahrhundert noch nicht gebräuchlich. Man sprach vielmehr von einer Schnittentbindung – einer Operation, die trotz aller ärztlichen Kunst stets mit dem Tod der Mutter endete. So verwundert es nicht, dass die Tat des Jacob Nufer viele Zweifler auf den Plan rief, zumal sie erst mehr als acht Jahrzehnte später in der Literatur Erwähnung fand. Und zwar durch den Schweizer Caspar Bauhin, einen Anatomen, und durch den französischen Arzt François Rousset in seinem Lehrbuch
Traité Nouveau de l’Hysterotomotocie ou Enfantement Césarien.
    Es liegt deshalb nahe, dass die Überlieferung in manchen Einzelheiten nicht zutrifft. Doch der glückhafte Ausgang der Operation war so außergewöhnlich, dass an dem Ergebnis kaum zu zweifeln ist.
    Nehmen wir also an, dass Nufers mutige Operation, die den medizinischen Hintergrund zu dem vorliegenden Roman lieferte, historisch richtig ist.
    Dennoch gibt es in der Handlung ein paar Dinge, die nicht stimmen:
    Das Erdbeben zum Beispiel, das Basel am 10 . März 1504 heimsuchte, fand nicht statt. Ich habe es erfunden, weil ich einen Anlass brauchte, der Lukas dazu zwang, sein Studium an einem anderen Ort fortzusetzen. Inspiriert hat mich dabei das sogenannte Basler Erdbeben vom 18 . Oktober 1356 , das große Teile der Stadt in Trümmer legte.
    Die Gais-Insel im Neckar, auf der Lukas und Odilie eine glückliche Zeit verlebten, ist ebenfalls ein Produkt meiner Phantasie. Man wird die Insel auf alten Heidelberger Stichen vergeblich suchen.
    Gleiches gilt für das Trinitatishaus am Markt gegenüber der Heiliggeistkirche, in dem der Bischofsvikar Hubert von Elfrich residierte.
    Und schließlich ist auch das Gebärhaus am Kornmarkt, in dem Lukas von Rosanna in der Hebammenkunst ausgebildet wurde, nur eine Fiktion.
    Der geneigte Leser möge mir verzeihen.
    1 Alte Brücke
    2 Doppeltürme
    3 Judentor
    4 Heiliggeistkirche
    5 Kornmarkt
    6 Kurfürstliche Kanzlei
    7 Schloss
    8 Pomeranzenwald

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    Dank
    I ch danke zuerst meiner Frau, die mir wie stets mit Rat und Tat zur Seite stand und besonders bei der Entwicklung der Charaktere eine große Hilfe war.
    Ferner Hans-Peter Übleis, meinem Verleger, ohne dessen ansteckendes Temperament
Der Medicus von Heidelberg
nicht erdacht und geschrieben worden wäre.
    Sowie Prof. Dr. med. Wolfgang U. Eckart, dem Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität Heidelberg, der mich über die ehemaligen Sitten und Gebräuche an der Ruperto Carola aufklärte und mir darüber hinaus manchen wertvollen Literaturhinweis gab.
    Ebenso Günther Berger vom Stadtarchiv Heidelberg, der sich wiederholt Zeit für mich nahm und mir eine Fülle
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