Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Jahrhunderte größer werdenden Lücke zwischen astronomischem Sonnenjahr und seiner kalendarischen Abbildung sowie mit dem Aufschwung der Astronomie vor allem in Polen und Deutschland nahm die Kritik im Laufe des Mittelalters stetig zu, nicht nur im Bereich der römischen, sondern auch der orthodoxen Kirche. Die andauernde Debatte erinnert verdächtig an Reformen unserer Zeit: Päpste gaben an Universitäten überall in Europa Gutachten in Auftrag, Konzile berieten verschiedenste Reformvorschläge, für die unter anderem so bekannte Namen wie Nikolaus Kopernikus und Tycho Brahe verantwortlich zeichneten. Mancher Papst hätte sich gern als Kalenderreformator verewigt und starb dann doch vor der Zeit. Aber zur Umsetzung der Vorschläge in Form eines verbesserten Kalenders kam es lange nicht. Als endlichEinigkeit erzielt worden war darüber, wie das Problem anzugehen sei, brach über die Christenheit die Reformation herein und schwächte die päpstliche Autorität in weiten Teilen Europas, auch in Kalenderfragen.
    Papst Gregor wollte mit der Kalenderneuordnung die innere Reform und Heilung der katholischen Kirche vorantreiben und gleichzeitig ihren universalen Geltungsanspruch fortschreiben. Dem diente auch seine rege Bautätigkeit in Rom und im Vatikan, aber noch aussagekräftiger sind die Reparaturarbeiten am Kalender, weil die römische Kirche mit dem Zugriff auf die Ordnung der Zeit ihren Alleinvertretungsanspruch kaum besser untermauern konnte. Daher ging Gregor die Sache grundlegend an, um dem Projekt auch wirklich zu nachhaltigem Erfolg zu verhelfen. 1577 wurde eine Kommission berufen, Italiener, Spanier, Deutsche berieten bis 1580, wie dem Problem wirkungsvoll beizukommen sei. Ziel war es, den kalendarischen Frühlingsanfang wieder am 21. März begehen zu können.
    Die Reform, die schon seit Jahrhunderten diskutiert worden war, glich die aufgelaufenen überzähligen Tage durch Streichung aus. Die Tage vom 5. Oktober bis zum 14. Oktober 1582 entfielen – auf Donnerstag, den 4. Oktober 1582, folgte nach einer Nacht gewohnter Länge Freitag, der 15. Oktober 1582. Um die regelmäßig anfallende Notwendigkeit solcher kalendarischer Eingriffe von vornherein auszuschließen, modifizierte die gregorianische Reform die Regelung für die Schaltjahre: Zwar blieb man bei der prinzipiellen Vorgabe, alle vier Jahre einen zusätzlichen Tag einzuschieben, legte aber fest, dass die sogenannten Säkularjahre, also volle Jahrhunderte, keine Schaltjahre mehr sein sollten. Eine Ausnahme machten die Säkularjahre, die durch 400 teilbar sind – weshalb das Jahr 2000 einen 29. Februar hatte, der Februar des Jahres 2100 dagegen nur 28 Tage haben wird. Mit dieser mathematisch ausgeklügelten Reform sank die Differenz zwischen demastronomischen und dem kalendarischen Jahr von gut 11 Minuten auf nur noch 26 Sekunden, ohne dass der Kalender grundlegend verändert werden musste. Seither dauert es 3323 Jahre, bis der Kalender gegenüber dem astronomischen Sonnenjahr wieder um einen vollen Tag in Rückstand gerät, und nicht mehr nur 128 Jahre. Zweifellos eine stattliche Verbesserung.
    So überzeugend die Kalenderreform mathematisch auch ist – wir kommen ja bis heute gut damit zurecht −, ihre Umsetzung geriet wegen der Kirchenspaltung zum gottlosen Chaos. Obwohl Gregor XIII. die Reform mittels einer päpstlichen Bulle kirchenrechtlich verordnete und außerdem alle Fürsten Europas bat, im Interesse der Einheit des Christentums dem Beispiel der römischen Kirche zu folgen, übernahmen zum Stichtag 15. Oktober 1582 neuer Zählung nur Spanien, Portugal und Polen die Neuregelung ohne größere Probleme. Frankreich und Lothringen zogen immerhin schon gut zwei Monate später nach, insgesamt aber feierten die Christen Weihnachten in unüblichem Abstand voneinander. Der Rest von Europa folgte erst nach und nach – selbst in Italien blieben viele Regionen zunächst bei der alten Zählweise. Ein heilloses Durcheinander entwickelte sich in den zahlreichen deutschen Kleinstaaten, weil die eine Kalenderzählung möglicherweise schon wenige Kilometer weiter nicht mehr galt. Noch schwieriger wurde es in gemischtkonfessionellen Städten des Reiches wie Ravensburg oder Dinkelsbühl. Im bayrischen Augsburg, damals eine der bevölkerungsstärksten Städte Deutschlands und ohnehin schon mit prekären sozialen Spannungen belastet, kam es gar zu Straßenkämpfen, weil sich der evangelische Rat der reichen Handelsstadt der Reform anschließen wollte – ganz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher