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Der Marshal ist eine Lady

Der Marshal ist eine Lady

Titel: Der Marshal ist eine Lady
Autoren: Jack Slade
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Schussrichtung, korrigierte er sich. Noch war er sich über die Lage nicht im Klaren. Ob es einen Sinn hatte, den Mann drüben unter Feuer zu nehmen, vermochte er im Augenblick noch nicht einzuschätzen.
    Er ließ die Schulterstütze der Sharps zu Boden sinken und verwendete erneut das Spektiv. Zuerst kontrollierte er noch einmal die Stelle, an der der Beobachter kauerte. Die Haltung des Mannes hatte sich nicht verändert. Allem Anschein nach hatte er keinen Reflex bemerkt, den das Objektiv des Zielfernrohrs bei der Auf- und Ab-Bewegung möglicherweise verursacht hatte. Lassiter führte es einzig und allein auf das Gegenlicht zurück, das ihn begünstigte.
    Langsam schwenkte er das Spektiv zur Seite. Rechts von dem Mann mit der Winchester vermochte er jedoch nichts zu entdecken. Lassiter schwenkte das Fernrohr in die Gegenrichtung. Und auf einmal hatte er sie.
    Eine ganze verdammte Meute.
    Keine dreißig Yard westlich von dem Beobachter hatten sie sich gesammelt. Die Männer standen dichtgedrängt auf einer Lichtung, die ihnen nicht viel Platz bot. Auch sie waren durch das Gebüsch nur bruchstückhaft auszumachen. Ihre Pferde hatten sie ein Stück weiter innerhalb des Walds angeleint; mehr als braune und schwarze Flecken von Fell waren von ihnen nicht zu sehen. Die genaue Zahl der Reiter ließ sich nicht abschätzen. Lassiter vermutete aber, dass es mehr als zehn waren.
    Sie warteten auf das Zeichen zum Angriff.
    Wer würde es ihnen geben?
    Der Beobachter?
    Nein.
    Lassiter grinste und murmelte: »Ihr kriegt das Zeichen von mir, Amigos. Der Nachteil ist nur, dass es auch für andere gilt. Aber das müsst ihr in Kauf nehmen.«
    Abermals wechselte er vom Fernrohr zum Zielfernrohr, stellte das Klappvisier der Sharps auf siebenhundert Yard und presste sich den Kolben an die Schulter. Sorgfältig zielte er auf den Baumstamm, dessen Form er sich eingeprägt hatte. Den Kopf des Mannes konnte er nicht sehen, doch er kalkulierte dessen Position ein und setzte den Zielpunkt einen Fuß schräg oberhalb davon.
    Ruhig, ohne den Abzug zu verreißen, zog er durch.
    Der Rückstoß war so gewaltig, dass es ihn fast vom Boden hob. Das Mündungsfeuer stach aus dem Lauf wie ein glühendes Bajonett, und das dumpfe Wummern des Schusses verstärkte sich zu einem Donnergrollen, das über das Tal rollte. Grauschwarz wölkte der Pulverrauch empor, verteilte sich jedoch rasch im Wind.
    Unten, innerhalb der Wagenburg, entstand Bewegung. Die Männer nahmen ihre Verteidigungspositionen ein. Rufe waren zu hören, wie sie sich gegenseitig Anweisungen gaben.
    Lassiter betätigte den Ladehebel, der die leergeschossene Patronenhülse aus der Kammer zog. Sofort legte er eine neue Patrone in den Verschluss und lud durch. Er hatte das Auge am Okular, als der Beobachter offenbar seinen Schreck überwunden hatte. In fliegender Hast riss der Mann seine Winchester an die Schulter und suchte nach einem Ziel. Er entdeckte die Pulverwolke, als diese bereits emporstieg und sich zu verflüchtigen begann.
    Und er feuerte, repetierte und schaffte es noch, zwei weitere Kugeln hinauszujagen, ehe Lassiter ihn mit einem einzigen gezielten Schuss tötete.
    Keines der Winchester-Geschosse war ihm gefährlich geworden, da die Waffe bei der viel zu großen Entfernung enorm streute. Nichtsdestoweniger war dem großen Mann durchaus klar, dass er gegen einen Zufallstreffer – ungeachtet der Entfernung und der Streuung – keineswegs gefeit war.
    Er wechselte die Stellung, indem er geduckt zu der zweiten Position lief.
    Währenddessen bahnte sich unten im Tal das Verderben an.
    Die Reiter verließen ihr Versteck am gegenüberliegenden Hang und feuerten nach Kavalleristenmanier, in den Steigbügeln stehend. Zunächst konzentrierten sie sich auf die Stelle, an der sie den Pulverrauch aus Lassiters Sharps Rifle gesehen hatten. Kugeln prasselten dort in einem weiten Kreis ins Buschwerk, doch er hatte den Gefahrenbereich längst verlassen und das zweite Scharfschützengewehr schussbereit gemacht. Bewegliche Ziele zu treffen, war erfahrungsgemäß wesentlich schwieriger, doch wegen des Gefälles, das sie von ihrem Versteck aus zu überwinden hatten, kamen die Banditen zunächst nur langsam voran. Überdies waren sie durch Lassiters ersten Schuss zum Angriff gezwungen worden. Eigentlich hatte es ein Überraschungsangriff werden sollen. Damit, dass sich die Männer von der C-Ranch auch diesmal kampflos ergeben würden, hatte Harris’ Horde nach Bruce Tabors mutmaßlicher Warnung wohl
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