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Der Mann von Oros - Teil 2

Der Mann von Oros - Teil 2

Titel: Der Mann von Oros - Teil 2
Autoren: K. H. Scheer
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letzten Augenblick durchdrehen.“
    „Kunststück“, kam es gelassen über Reomys Lippen. „Man hat allgemein gehört, daß Sie Ihren Chefingenieur mit der Kontrolle schwerer Wasserstoffraketen beauftragt haben. Das wirkt nicht gerade beruhigend auf die Gemüter, zumal es den Männern gleichgültig ist, was auf der Venus geschieht. Sie wollen heim.“
    „Ich auch, mein lieber Doktor, ich auch! Es ist mein sehnlichster Wunsch“, sagte Eltron mit einem so eigenartigen Tonfall, daß Topsei wieder einmal aufmerksam die Ohren spitzte. Er wurde aus dem Kommandanten nicht mehr klug. Er schien sich Tag für Tag zu seinen Gunsten zu verändern, was allerdings in einer Art geschah, die der Arzt in seinem tiefsten Unterbewußtsein als sehr ungewöhnlich empfand. Eine logische und in schöne Worte kleidbare Erklärung gab es dafür nicht. Er fühlte es nur. Eltrons Stimme schien sich in solchen Augenblicken zu verändern. Es war, als spräche ein ganz anderer aus seinem Mund.
    „Sie … Sie wollen wirklich mit atomaren Raketengeschossen feuern lassen?“ fragte er unruhig.
    Er sah in Augen, die im Zentralelicht wie flüssiges Blei schimmerten.
    „Wollen? Haben Sie wirklich wollen gesagt, Doktor?“ brach es aus der Kehle des großen Mannes. „Ich bin ein Mensch, bin außerdem Offizier der militärischen Raumflotte des Planeten Terra, also habe ich zu morden, wenn ich den entsprechenden Befehl erhalte. Morde ich nicht, bin ich zwar vor meinem eigenen Ich ein gottgefälliges und ethisch hochstehendes Wesen, aber man wird mich dafür an die Wand stellen. Man wird meine Seele zerbrechen und mit beißenden Worten meine sogenannte Ehre zerpflücken, wenn ich das Glück haben sollte, zu den überlebenden Besatzungsmitgliedern der ‚Regulus’ zu gehören, die natürlich dann vernichtet wird, wenn ich nicht rechtzeitig schießen will. Der Befehl des Flottenbefehlshabers ist bei einer kriegsbedingten Handlung so gut brauchbar wie die Notwehrklausel für einen Polizisten, der zu voreilig geschossen hat. Der Befehl ist für den Soldaten das weiche Tuch, in welches er jederzeit sein revoltierendes Gewissen einwickeln kann. Der Feuerleitoffizier bekommt den Feuerbefehl von mir. Ich erhalte ihn vom Flottenchef, und dieser wird durch höhere Gewalt dazu gezwungen, diese inhaltsschweren Worte auszusprechen. Wir sind alle gedeckt, meine Herren! Alle! Mir erscheint die menschliche Rasse noch so unreif, wie sie es vor zweitausend Jahren gewesen ist. Jetzt fragen Sie nochmals, Dr. Topsei, ob ich schießen will!“
    Er fragte nicht mehr. Lautlos lachend, sah der Mann von Oros den hinausgehenden Medizinern nach.
    Ehe Topsei das Sicherheitsschott erreichte, hörte er noch die Worte:
    „Vielleicht schreiben Sie gelegentlich nieder, Doktor, was Sie unter den Begriffen Monstrum und Ungeheuer verstehen. Ich glaube, ich könnte Ihnen einen guten Tip geben.“
    Reomy wartete auf den nachkommenden Kollegen. Langsam ließ Topsei das Rundschott zugleiten, und da meinte der Regulus-Mediziner:
    „Er sollte den Beruf eines Raumoffiziers an den Nagel hängen und versuchen, eine neue Philosophie zu entwickeln. Vielleicht wird er den bösen Homo sapiens zu einem wirklich friedlichen Geschöpf machen.“
     
10. Kapitel
     
    In der tragenden Ringkonstruktion dicht hinter den Quantenreflektoren orgelten die schweren Reaktorbrennkammern.
    Jaulende Turbopumpen preßten das Arbeitsmedium in die Brennkammern, wo es zur Weißglut erhitzt und ausgestoßen wurde.
    Ramsay Eltron riskierte etwas, was sein Kollege Fermont niemals gewagt hätte. Er stieß im direkten Anflug auf den Mond zu, der sich mit seiner Masse auf den lediglich rechnerisch ermittelten Punkt zuwälzte, wo der Fernraumer in wenigen Minuten ankommen mußte.
    Vor vierzehn Monaten waren noch einundfünfzig Männer an Bord gewesen. Jetzt waren es nur noch fünfzig Mann. Aber es gab niemand, der die Bremsbeschleunigung von 1,36 g nicht als ungemein belastend empfunden hätte.
    Länger als zwei Jahre hatten sie unter geringeren Schwereverhältnissen leben müssen. Die Körpermuskulatur hatte sich umgestellt. Sie war zwangsläufig nachgiebiger geworden, da ein Wert von 0,42 g nun einmal nicht den gewohnten irdischen Verhältnissen entsprach.
    Sie lagen in den zurückgeklappten Andrucksesseln, und ihre Lungen gierten nach dem lebensnotwendigen Sauerstoff. Die Beschleunigung, die einem an normale Verhältnisse gewohnten Raumfahrer kaum lästig erschienen wäre, war für sie der körperlich spürbare
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