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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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beidrehte, wo er aussteigen musste, passierte es die Insel, und er sah das Häuschen, ein paar farbenfrohe Liegestühle und unten am Strand seine Frau. Sie kauerte am Rand des Wassers, und er vermutete, dass sie Kartoffeln schrubbte. Sie stand auf und winkte, aber er war sich nicht sicher, ob sie ihn auf diese Entfernung und gegen die Nachmittagssonne überhaupt sehen konnte. Die Kinder holten ihn mit dem Ruderboot ab. Martin Beck ruderte gern, und trotz der Proteste seines Sohnes legte er sich selbst in die Riemen und steuerte das Boot durch die Bucht zur Insel. Seine Tochter Ingrid, immer noch »die Kleine« genannt, obwohl sie in wenigen Tagen fünfzehn wurde, saß auf der Achterducht und erzählte von einem Tanz auf der Tenne. Rolf, der elf war und Mädchen blöd fand, berichtete von einem Hecht, den er aus dem Wasser gezogen hatte. Martin Beck hörte nur mit halbem Ohr hin und genoss das Rudern. Nachdem er sich umgezogen hatte, schwamm er beim Badefelsen eine Runde und zog dann eine blaue Arbeitshose und einen Pulli an. Nach dem Essen saß er mit seiner Frau vor dem Häuschen, plauderte mit ihr und beobachtete, wie hinter den Inseln auf der anderen Seite der spiegelblanken Bucht die Sonne unterging. Er warf mit seinem Sohn noch ein paar Netze aus und ging dann früh zu Bett. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit schlief er sofort ein.
    Als er erwachte, stand die Sonne noch tief. Tau lag auf dem Gras, als er nach draußen schlich und sich vor dem Häuschen auf einen kleinen Felsen setzte. Der Tag versprach genauso schön zu werden wie der vorherige, aber die Sonne wärmte noch nicht, und er fror in seinem Pyjama. Nach einer Weile ging er wieder hinein und setzte sich mit einer Tasse Kaffee auf die Veranda. Um halb sieben zog er sich an und weckte seinen Sohn, der nur widerwillig aufstand. Sie ruderten hinaus und holten die Netze ein, die nichts als jede Menge Seegras und Tang enthielten. Als sie zurückkehrten, waren auch die anderen auf, und das Frühstück stand auf dem Tisch.
    Nach dem Frühstück ging Martin Beck zum Bootsschuppen und begann, die Netze aufzuhängen und zu säubern. Diese Arbeit war eine Geduldsprobe, und er nahm sich vor, die Versorgung der Familie mit Fisch in Zukunft seinem Sohn zu überlassen.
    Er war mit dem letzten Netz fast fertig, als er hinter sich einen Motor knattern hörte. Ein kleines Fischerboot kam um die Landzunge und steuerte direkt auf ihn zu. Martin Beck erkannte den Mann im Boot sofort: Er hieß Nygren, besaß eine kleine Bootswerft auf der Insel nebenan und war ihr nächster Nachbar. Weil es auf ihrer Insel kein Trinkwasser gab, holten sie es bei ihm. Er hatte auch ein Telefon. Nygren stellte den Motor ab und rief:
    »Da war ein Anruf für Sie. Sie sollen so bald wie möglich zurückrufen. Ich habe die Nummer auf einen Zettel geschrieben, er liegt unter dem Telefon.«
    »Hat der Anrufer nicht gesagt, wer er ist?«, fragte Martin Beck, obwohl er es eigentlich schon wusste.
    »Das habe ich auch aufgeschrieben. Ich muss jetzt nach Skärholmen.
    Elsa sammelt Erdbeeren, aber die Küchentür steht offen.«
    Nygren warf den Motor wieder an und steuerte im Heck stehend in die Bucht hinaus. Bevor er hinter der Landzunge verschwand, hob er die Hand zum Gruß. Martin Beck sah ihm eine Weile nach. Dann ging er zum Steg hinunter und machte das Ruderboot los. Während er zu Nygrens Bootshaus hinüberruderte, dachte er: So ein Mist! Dieser verdammte Kollberg, wo ich doch gerade so gut wie vergessen habe, dass es ihn gibt.
    Auf dem Block, den er in Nygrens Küche unter dem Wandtelefon fand, stand in beinahe unleserlicher Schrift: Hammar 54 1060.
    Martin Beck wählte die Nummer, und während er von der Zentrale durchgestellt wurde, begann er Ungutes zu ahnen. »Hammar.«
    »Beck. Was ist passiert?«
    »Es tut mir wirklich leid, Martin, aber ich muss dich bitten, so schnell wie möglich zu kommen. Du musst vielleicht den Rest deines Urlaubs opfern, also, ihn aufschieben, meine ich.«
    Hammar schwieg ein paar Sekunden. Dann sagte er: »Wenn du willst.«
    »Den Rest meines Urlaubs? Ich hatte ja noch nicht einmal einen einzigen Tag.«
    »Es tut mir schrecklich leid, Martin, aber ich würde dich nicht bitten, wenn es nicht nötig wäre. Könntest du noch heute kommen?«
    »Noch heute? Was ist denn passiert?«
    »Es wäre gut, wenn du noch heute kommen könntest. Es ist wirklich wichtig. Alles Weitere erfährst du dann hier.«
    »In einer Stunde geht ein Schiff«, sagte Martin Beck und schaute
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