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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman
Autoren: Ken Follett
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weiß nicht warum.«
    Charlotte gähnte. »Ich glaube, ich werde jetzt schlafen.«
    Lydia küßte sie auf die Wange und umarmte sie.
    Charlotte sagte: »Weißt du, ich liebe Felix auch; daran hat sich nichts geändert.«
    »Ich verstehe dich«, sagte Lydia. »Mir geht es ebenso.«
    »Gute Nacht, Mama.«
    »Gute Nacht.«
    Lydia ging rasch hinaus und schloß die Tür hinter sich. Draußen zögerte sie. Was würde Charlotte tun, wenn die Tür unverschlossen blieb? Lydia beschloß, ihr die Ängste der Entscheidung zu ersparen und drehte den Schlüssel im Schloß.
    Dann ging sie die Treppe hinunter und kehrte in ihr Zimmer zurück. Das Gespräch mit Charlotte hatte ihr neuen Mut gegeben. Vielleicht wird doch noch alles wieder gut in dieser Familie, redete sie sich ein.
    »Wo warst du?« fragte Stephen, als sie das Zimmer betrat.

    Jetzt, wo er eine Waffe hatte, brauchte Felix nur noch dafür zu sorgen, daß Orlow aus seinem Zimmer kam. Und um dies zu erreichen, wollte er das Haus in Brand setzen.
    Mit dem Gewehr in der einen und der Kerze in der anderen Hand ging er – immer noch barfuß – durch den westlichen Flügel, durchquerte die Halle und gelangte in den großen Salon. Nur noch ein paar Minuten, dachte er, nur noch ein paar Minuten, und dann habe ich’s geschafft. Er ging durch die beiden Speisesäle und ein Anrichtezimmer und kam in die Küchenräume. Hier wurde Charlottes Plan ungenau, so daß er nach dem Ausgang suchen mußte. Er fand eine roh gezimmerte Tür, die mit einer Riegelstange verschlossen war. Er schob den Riegel auf, öffnete leise die Tür, blies die Kerze aus und blieb einen Augenblick auf der Schwelle stehen. Als die Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er die Umrisse des Hauses erkennen. Dies war eine Erleichterung, denn wegen der Wachen hatte er Angst, draußen die Kerze zu benutzen. Vor ihm lag ein kleiner gepflasterter Hof. Auf der gegenüberliegenden Seite mußten sich – falls der Plan stimmte – die Garage, eine Werkstatt und ein Benzintank befinden.
    Er überquerte den Hof. Das Gebäude vor ihm war sicher einmal eine Scheune gewesen. Ein Teil war verschlossen -wahrscheinlich die Werkstatt – aber alles andere war offen. Er konnte vage die runden Scheinwerfer zweier großer Wagen erkennen. Wo war der Benzintank? Er blickte auf. Das Gebäude war ziemlich hoch. Er machte ein paar Schritte weiter und stieß mit dem Kopf irgendwo an. Es war ein Schlauch mit einer Zapfpistole am Ende. Er hing vom oberen Teil des Gebäudes herunter.
    Das ergab einen Sinn. Man stellt die Autos in die Scheune und den Benzintank auf den Heuschober. Dann braucht man die Wagen nur in den Hof zu fahren und kann sie mit dem Schlauch auftanken.
    Sehr gut!
    Jetzt brauchte er einen Behälter. Ein Zehnliterkanister wäre ideal. Er trat in die Garage, ging um die Wagen herum, tastete mit den Füßen den Boden ab, gab acht, an nichts zu stoßen, was Lärm verursachen konnte.
    Keine Kanister.
    Er rief sich noch einmal den Plan in Erinnerung. Er befand sich in der Nähe des Gemüsegartens. Vielleicht ließ sich dort eine Gießkanne auftreiben. Er wollte gerade gehen und nachsehen, als er ein Schnaufen hörte.
    Er blieb wie versteinert stehen.
    Der Wachpolizist ging vorbei.
    Felix hörte das Pochen seines eigenen Herzens.
    Der Lichtschein der Öllampe des Polizisten bewegte sich über den Hof. Habe ich die Küchentür wieder verschlossen? fragte sich Felix in Panik. Die Lampe strahlte die Tür an. Sie war zu.
    Felix hatte die Luft angehalten. Nun atmete er erleichtert auf.
    Er wartete eine Minute, bis der Polizist weit genug entfernt war, dann folgte er in der gleichen Richtung und schaute nach dem Gemüsegarten aus.
    Er fand keine Kanne, stolperte jedoch über einen zusammengerollten Schlauch, dessen Länge er auf etwa fünfundzwanzig Meter schätzte. Das brachte ihn auf einen bösen Gedanken.
    Zuerst mußte er herausfinden, wie oft der Polizist seinen Streifengang machte. Er begann zu zählen. Zählend trug er den Gartenschlauch auf den Hof zurück und versteckte sich mit ihm hinter den beiden Autos.
    Er war bei neunhundertzwei angelangt, als der Polizist wieder um das Haus herumkam.
    Es blieben ihm also etwa fünfzehn Minuten.
    Er befestigte das eine Ende des Schlauchs an der Zapfpistole der Benzinleitung, ging dann über den Hof und rollte den Schlauch ab. Er blieb einen Augenblick in der Küche, suchte sich einen scharfen Fleischspieß und zündete dann seine Kerze an. Anschließend ging er auf dem
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