Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition)
Autoren: Margaret Jardas
Vom Netzwerk:
ist
keinesfalls angenehm und dennoch kann ich ihm nicht widerstehen. Ich denke
weiter über ihn nach.
    Wir haben beide den gleichen Ursprung irgendwie, die gleiche
Kultur im Rucksack, eine gemeinsame Sprache, die uns vereint. Und könnten
einander doch nicht fremder sein. Eigentlich müsste ich bereit sein, ihm
einiges nachzusehen, denke ich. Ja, beschließe ich, ich werde ab sofort großzügiger
sein. Schließlich ist er ja nur ein armer Tropf.  
    „Elisabeth“, höre ich plötzlich seine Stimme. Ich zucke zusammen.
Seine Stimme trifft mich immer wie ein giftiger Pfeil. Er spricht meinen Namen
hart aus, die letzte Silbe betont. Das klingt so herrisch. „möchtest Du noch
etwas hinzufügen?“ fragt er mich. Was? Hinzufügen? Wozu? denke ich und fühle
mich ertappt. Ich habe nur mit einem Ohr zugehört, einzelne Worte, aber nicht
den Zusammenhang mitbekommen. Ich war ganz versunken, meinen eigenen Gedanken
gefolgt, habe den Erzengel mit den Augen abgetastet, anstatt seinen Worten zu
folgen. Das hat er gemerkt, dieser Mistkerl. Ich sollte aufhören, über ihn
nachzudenken. Er ist es überhaupt nicht wert. Wie ich dieses überhebliche
Grinsen langsam satthabe.
    Wir absolvieren die heiligen Stätten am See Genezaret.
Raffael hat das Kommando fest in der Hand. Er läuft voraus, ich hintendrein.
Ich warte die ganze Zeit auf eine Möglichkeit zu brillieren, mein Wissen
auszubreiten, aber er gibt mir keine. „Wie ein Lamm läuft unsere Elisabeth
hinter Raffael her.“ amüsiert sich Herr Rütimeier, der Bierbrauer, der lieber
Opernsänger geworden wäre, hinter meinem Rücken. Die Gruppe lacht. Ich
ignoriere den Spaß. Dich Witzbold könnte ich auch reinlegen, denke ich. Ich
bräuchte bloß an Deine verwackelten Versuche, das hohe C zu treffen, zu
erinnern, dann hätte ich die Lacher auf meiner Seite. In jedem antiken Theater
musste unser pensionierter Gruppen-Pavarotti eine Arie schmettern, man brauchte
ihn gar nicht bitten.
    Mir ist so bissig zumute, dass ich mich nicht erinnern mag,
wie unendlich stimmungsvoll es war, als Herr Rütimeier in der Abendsonne im
Rund des Theaters von Petra „O dolce Adia“ sang. Gewiss, die ganz hohen Töne
traf er nur ungefähr, aber die Inbrunst, mit der er sang, berührte uns doch
gewaltig. Oder als er im kleinen Theater von Gadara in der Orchestra stand und
Bajazzos Schluchzer-Arie vortrug. Das Theater war voller junger Leute,
Schulausflügler. Gebannt lauschten die jungen Jordanier diesen ungewohnten
Geräuschen. Als Herr Rütimeier-Bajazzo dann zum Endspurt der Heularie mit den
vielen Seufzern ansetzte, lachten sie aus tausend Kehlen. Schallend und
vergnügt, wie es nur Araber können. Sie hielten das Lied für etwas sehr
Lustiges. Kulturunterschiede. Als Dankeschön für so viel Amüsement sangen und
tanzten sie für uns dann ihre Lieder, begleitet vom Tamtam der Trommeln, die sie
dabeihatten. Immer bereit, zu feiern, zu singen, zu tanzen. Ganz ohne Scham.
Daran will ich im Moment aber nicht denken, weil ich sauer bin, dass Herr
Rütimeier meine Schwäche dem Erzengel gegenüber erkannt hat. Ich zünde mir eine
Zigarette an. Es ist sicher schon die zehnte an diesem Vormittag.     
    Raffael scheint die Situation zu gefallen, gut gelaunt
erzählt er Khalil, dass wir auf speziellen Wunsch der Prinzessin aus
Deutschland, in einem scherut azmi , einem Self-Service Restaurant zu
Mittag essen werden. Die beiden beraten. Raffael spricht so schnell hebräisch,
dass ich kaum ein Wort verstehe. Absichtlich, da bin ich ganz sicher. Khalil,
mit seiner gutmütigen arabischen Seele, spricht sehr viel prononcierter. Für
ihn ist hebräisch nicht die Muttersprache, außerdem ist er viel zu höflich, um
mich ganz auszuschließen. Raffael beschließt, dass wir nach Gadot im Hula-Tal
fahren. Direkt an der Brücke über den Jordan, an der großen Bushaltestelle,
einem Verteiler-Zentrum für Soldaten, die auf dem Golan stationiert sind, gibt
es einen Schnell-Imbiss. Dort fahren wir hin. 
    Wir fahren an Rosch Pina vorbei, der ersten jüdischen
Siedlung überhaupt im Hula-Tal. In den Achtzigern des letzten Jahrhunderts war
es, als die ersten europäischen Siedler beschlossen, dem versumpften Hula-Tal
den Kampf anzusagen. Sie waren die Pogrome in Osteuropa leid und versuchten, im
Land der Bibel, dem Land ihrer Urväter, Fuß zu fassen. Dazu brauchten sie Land.
Die arabischen Großgrundbesitzer witterten ein gutes Geschäft und verkauften
den Juden ihr miesestes Land, versumpft oder steinig. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher