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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Autoren: Ruth Rendell
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Zurückweichen schien die Ebbe das Meer mitten ins Herz des roten Sonnenuntergangs zu saugen, eines Novembersonnenuntergangs, und dies sind die schönsten im ganzen Jahr.
    Einsam lag jetzt der große, weite Bogen des Strandes, doch die jugendlichen Besucher hatten ihre Spuren hinterlassen. Sobald er sicher war, daß er unbeobachtet blieb, stieg Burden die Stufen hinunter, vorgeblich dahinschlendernd. Die beiden Sandburgen standen stolz und aufrecht, als seien sie sich ihrer Haltbarkeit sicher, bis die See sie besiegte, wenn sie um Mitternacht wiederkam und sie wegspülte. Er zögerte, der rationale, vernünftige Mann erhob Einspruch, dann zertrat er die Türmchen und stampfte auf den Wehrmauern herum, bis der Sand so flach war wie der umgebende Strand.
    Einmal mehr gehörte der Strand ihm und Gemma. John oder seine Vertreter sollten sie ihm nicht wegnehmen. Er war ein Mann und allemal Ersatz für ein verlorenes, totes Kind.
    Rushworth kam in seinem Dufflecoat an die Tür.
    »Ach, Sie sind’s«, sagte er. »Ich wollte gerade mit dem Hund rausgehen.«
    »Verschieben Sie es um eine halbe Stunde, ja?«
    Nicht sehr begeistert, zog Rushworth den Mantel aus, hängte die Leine auf und führte Wexford unter dem Jaulen eines enttäuschten Terriers ins Wohnzimmer. Zwei Teenager saßen vor dem Fernseher, ein Mädchen von ungefähr acht legte am Tisch ein Puzzle, und auf dem Fußboden lag bäuchlings der Jüngste der Familie, Andrew, der John Lawrences Freund gewesen war.
    »Ich würde gern allein mit Ihnen reden«, sagte Wexford. Das Haus war relativ groß und besaß, was Rushworth in einem seiner Immobilienangebote vielleicht als drei Empfangsräume bezeichnet hätte. Heute abend war keiner bereit für irgend jemandes Empfang, außer vielleicht den eines Gebrauchtmöbelhändlers. Die Rushworths waren offenbar einnehmende Wesen, die alles mitnahmen, was sie umsonst ergattern konnten, und Wexford erkannte, während er sich in dem Frühstücks-Arbeits-Lesezimmer niederließ, eine Dickens-Ausgabe, die er ganz sicher zuletzt in Pomfret Grange gesehen hatte, bevor die Rogers verkauft hatten, sowie zwei steinerne Urnen, die stilistisch sehr im Einklang mit dem übrigen Gartenzierrat von Saltram House standen.
    »Ich habe mir den Kopf zerbrochen, aber ich kann Ihnen nichts weiter über die Leute aus dem Suchtrupp sagen.«
    »Deshalb bin ich nicht hier«, sagte Wexford. »Haben Sie die Urnen aus Saltram House geklaut?«
    “Geklaut ist wohl ein bißchen übertrieben«, erwiderte Rushworth und wurde rot. »Sie haben rumgelegen, und keiner wollte sie haben.«
    »Auf eine der Statuen hatten Sie auch ein Auge geworfen, stimmt’s?«
    »Was hat das alles mit John Lawrence zu tun?«
    Wexford zuckte die Achseln. “Ich weiß nicht. Es könnte was mit Stella Rivers zu tun haben. Kurz gesagt, ich bin hier, um in Erfahrung zu bringen, was Sie am 29. Februar gemacht haben.«
    »Wie soll ich mich so weit zurückerinnern können? Jetzt weiß ich’s, Margaret Fenn hat Sie auf diesen Gedanken gebracht. Nur weil ich mich beschwert habe, daß meine Tochter bei ihren Reitstunden nicht so gute Fortschritte macht, wie sie sollte.« Rushworth machte die Tür auf und rief: »Eileen!«
    Wenn sie nicht im Büro saß und für ihren Mann tippte, schmiß Mrs. Rushworth mit der linken Hand ihren Haushalt, und das merkte man. Sie wirkte abgehetzt und nachlässig gekleidet, und ihr Rocksaum hing hinten herunter. Vielleicht war ja etwas Wahres an dem Gerede, ihr Mann sei ein Schürzenjäger.
    »Wo warst du an dem Donnerstag?« Sie sah ihren Mann fragend an. »Im Büro, nehme ich an. Wo ich war, weiß ich. Ich habe es mir ins Gedächtnis zurückgerufen, als der ganze Aufstand wegen Stella Rivers’ Verschwinden war. Die Kinder hatten schulfrei, und ich hatte Andrew mit zur Arbeit genommen. Er ist mitgefahren, um Linda von ‘Equita’ abzuholen, und - ach ja, Paul - das ist mein Ältester - war auch dabei und ist beim Cottage ausgestiegen. Da war ein kleiner Tisch, den wir gern hiergehabt hätten. Aber wir haben Stella nicht getroffen. Ich kannte sie nicht mal vom Sehen.«
    »Ihr Mann war im Büro, als Sie zurückkamen?«
    »Ja. Er hat gewartet, bis ich wieder da war, bevor er mit dem Wagen wegfuhr.«
    »Mit was für einem Wagen, Mr. Rushworth?«
    »Jaguar. Kastanienbraun. Ihre Leute haben ihn bereits von allen Seiten begutachtet, weil es ein Jaguar ist und die Farbe Richtung Rot geht. Hören Sie, wir kannten Stella Rivers nicht. Soweit ich weiß, haben wir sie nie
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