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Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Der letzte Wille: Thriller (German Edition)

Titel: Der letzte Wille: Thriller (German Edition)
Autoren: Denise Mina
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wo er nach seiner Entlassung wohnen wird. Wird er von Ihrem Fahrer Sean abgeholt? Wird er bei ihm untergebracht?«
    Er hatte eine grobe Vorstellung vom Sachverhalt, aber nichts, was er nicht auch in alten Zeitungsartikeln gefunden oder durch allgemeinen Bürotratsch hätte aufgeschnappt haben können. Sie wartete, ob er ihr etwas präsentieren würde, das sie ein bisschen mehr von den Socken riss.
    »War’s das?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Äh, ja.«
    »Den Besuch hättest du dir sparen können«, sagte sie. »Du hast doch nichts in der Hand. Wissen die bei der Mail überhaupt, dass du hier bist?«
    »McVie«, erklärte er und senkte schamhaft den Blick. »Er meinte, ich soll’s versuchen.«
    »McVie hat dich an einem Samstagabend zu mir geschickt?«
    »Er meinte, ich soll den Hinweisen nachgehen.«
    Der Junge tat ihr leid. Ein geübter Journalist hätte sie in ein Gespräch verwickelt oder sich ein paar Fakten ausgedacht, um sie zum Reden zu bringen. Ihre eigene Methode hatte immer darin bestanden zu warten, bis andere Journalisten geklingelt und weggeschickt worden waren. Dann machte sie große Augen und tat, als sei sie blutige Anfängerin und von einem böswilligen Redakteur geschickt worden. Sie bat ihr Opfer um die Erlaubnis, einfach ein bisschen länger an der Tür warten zu dürfen, damit der Redakteur keinen Grund haben würde, sie rauszuwerfen. Oftmals ergriff ihr Gegenüber dann Partei für sie und lud sie ein, hereinzukommen. Curren dagegen hatte großspurig angefangen, dann aber nichts in der Hand gehabt, womit er sein Drängen hätte untermauern können. Auf die Tour würde er in Glasgow noch böse aufs Dach kriegen.
    »Du bist neu, stimmt’s?«
    »Ja.« Er guckte sie nervös an.
    »Neu in Glasgow?«
    Jetzt strahlte er. »Bin seit einer Woche hier. Tollste Zeitungsstadt der Welt. Hab die Ausbildung gerade abgeschlossen.«
    Erst aufdringlich, dann zutraulich. Eine schlechtere Mischung gab es nicht, wenn man die Nase in die Angelegenheiten anderer Leute stecken wollte.
    »Vielleicht solltest du versuchen, ein bisschen aggressiver rüberzukommen«, sagte sie und stellte sich vor, wie er in der Redaktion der Mail sein blaues Auge kühlte und seinen laut lachenden Kollegen erklärte, wer ihn auf die Idee gebracht hatte. »Wenn du an einer Tür stehst, versuch sie aufzudrücken, bedräng die Leute ein bisschen und unternimm irgendetwas, damit der Eindruck entsteht, du seist am Drücker. Niemand wird auf zögerliche Fragen eingehen.«
    Curren nickte ernst. »Wirklich?«
    »Ja, die Menschen in Glasgow brauchen eine starke Hand.«
    Curren starrte auf seine Schuhspitzen und murmelte: »Okay.« Er holte tief Luft, richtete sich auf und fragte noch einmal in forderndem Tonfall: »Wann wird Ogilvy entlassen?«
    »Besser. Schon viel besser.«
    Verwirrung flimmerte über sein Gesicht, und Paddy bekam ein leicht schlechtes Gewissen. Im gelblichen Licht des Gangs wirkte er unerfahren, linkisch und verunsichert, während sie unbeeindruckt im Pyjama vor ihm stand, den Geschmack von Haferkeksen auf der Zunge.
    Sie gab ihm den Rat, das zu tun, was er ohnehin getan hätte. »Pass auf, geh in die Redaktion und erzähl deinem Redakteur, ich sei eine blöde Kuh und du hättest dein Bestes versucht.«
    Die Augen hinter seinen Brillengläsern blitzten wütend. »Ich sage McVie, dass er eine fette Schwuchtel ist.«
    Sie schnalzte missbilligend mit der Zunge. Üble Beschimpfungen gehörten in ihrem Beruf zwar zum Alltag, aber es gefiel ihr nicht, wenn McVies Homosexualität den Vorwand für Beleidigungen lieferte.
    »Nee, das lieber nicht, da wird er vielleicht ein bisschen …« Sie suchte nach dem richtigen Begriff: »… fuchtig.«
    Er grinste. Hübsche Zähne. »Fuchtig? Sagt man das so? Nur in Glasgow oder …«
    Heutzutage besaß anscheinend jeder Zeitungsjunge einen Universitätsabschluss. »Egal, zieh Leine.« Sie knallte die Tür zu, hatte aber Gewissensbisse wegen der ruppigen Abfuhr und rief durch die Tür: »Komm gut heim.«
    »Danke«, antwortete er mit gedämpfter Stimme. »Übrigens, ich hab Ihre Misty-Kolumne über Dope gelesen. Ausgezeichnet.«
    Paddy schämte sich ein bisschen. Sie hatte behauptet, dass Kiffer viel seltener Prügeleien in Bars anfingen als Trinker, und Alkohol nur deshalb nicht verboten wurde, weil er so hohe Steuergelder einbrachte.
    »Danke«, sagte sie zur Tür. »Eigentlich stammt die These von Bill Hicks. Ich hab sie mir geborgt und den Namen des Urhebers verschwiegen.«
    »Gut
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